Deutlich mehr Geburten

Kitas im Landkreis Forchheim: Weshalb die nächsten Jahre keine leichten werden

23.7.2021, 17:21 Uhr
Bei der Kinderbetreuung im Landkreis Forchheim sorgen mehrere Umstände für Probleme. 

© Friso Gentsch, NN Bei der Kinderbetreuung im Landkreis Forchheim sorgen mehrere Umstände für Probleme. 

"Nicht alle Kinder, die einen Anspruch haben, können aufgenommen werden." Dieses Fazit zieht Martin Hempfling. Er arbeitet im Landratsamt und hat die Kinderbetreuung in allen 29 Kreisgemeinden im Blick. Auch 300 neue Plätze, die landkreisweit binnen Jahresfrist hinzukommen werden, reichen nicht aus, um den Bedarf der Eltern zu decken. "Es gibt kaum freie Plätze in Kitas, die Kindertagespflege ist belegt", sagt Hempfling. Im Moment ist im Landkreis Platz für 1115 Krippenkinder, 4060 Kita-Plätze gibt es. In Horten kommen 400 Kinder unter, in der Kindertagespflege 175.


Mangel an Kita-Plätzen: Wir laufen auf ein bekanntes Problem zu und Erzieher brauchen Sicherheit


Geburten auf höchstem Niveau seit 20 Jahren

Ein Grund für die steigende Nachfrage ist die gestiegene Anzahl an Geburten. "Seit 20 Jahren kommen nicht mehr so viele Kinder auf die Welt wie jetzt, im Landkreis Forchheim", sagt Hempfling. Dabei hält der Trend an: Seit 2015 liegt die Zahl der Neugeborenen im Landkreis mit um die 1100 wieder über der 1000er-Marke. Die gestiegene Zahl liege an den jungen Familien, die verstärkt in den vergangenen Jahren in den Landkreis gezogen sind. Dauerhaft wird der Trend nicht sein. Die Gruppe der möglichen Eltern am Bevölkerungsanteil im Landkreis Forchheim werde wieder kleiner, verrät der Blick in die Statistik.

Dabei sind fehlende Betreuungsplätze gar nicht das Problem der Zukunft: "Der Fachkräftemangel ist ein größeres Problem als die Schaffung von weiteren Plätzen", sagt Hempfling. Laut einer Studie fehlen in Deutschland bis 2025 zwischen 20.400 und 72.500 Erzieherinnen und Erzieher. Für den Landkreis bedeute dies im schlimmsten Fall, dass bis zu 140 Fachkräfte fehlen, so Hempfling. "Das würde bedeuten, in jeder zweiten Gruppe fehlte eine Fachkraft", sagt er. Und: "Der Mangel kommt nicht, er ist schon da. Es gibt schon Kommunen, die wegen fehlender Fachkräfte keine Kita-Gruppen mehr belegen können."

Unmut bei den Erzieherinnen und Erziehern

Für den Geschäftsführer der Lebenshilfe Forchheim, Wolfgang Badura, bedeutet dies, als Arbeitgeber "sehr kreativ zu sein". Für die Einrichtung der Lebenshilfe habe er zwei Mitarbeiter mit ausländischen Wurzeln als Kinderhilfskräfte gewinnen können. "Sie waren ursprünglich als Reinigungskräfte bei uns beschäftigt und es war unbekannt, dass sie in ihrem Heimatland Erzieher-Fachkräfte waren." Ihre Qualifikation aus dem Heimatland werde in Deutschland nicht anerkannt. Die Lebenshilfe qualifiziere sie unter anderem mit Sprachkursen jetzt in Eigenregie nach.

Als Grundproblem für den Fachkräftemangel macht Kita-Experte Hempfling das Finanzierungssystem in Bayern aus. Verändern Eltern die Buchungszeit für ihre Kinder, bedeutet das für die beschäftigten Erzieherinnen und Erzieher, dass sie ihre Arbeitszeit anpassen müssen. "Das führt zu Unmut", sagt Hempfling, weil sich Fachkräfte immer wieder aufs Neue auf veränderte Arbeitszeiten und in Folge auf ein verändertes Einkommen einstellen müssen. Und das kurzfristig. Vor allem Teilzeitkräfte - dies seien immerhin 75 Prozent der Beschäftigen im Landkreis - treffe das. "Man muss vom Einkommen auch leben können", sagt Hempfling. Je nach Träger der Einrichtung würde die Entlohnung unterschiedlich geregelt.

Wunsch nach mehr Wald-Kitas und Montessori-Einrichtungen

Trotz aller Probleme: Eltern, die einen Betreuungsplatz für ihr Kind im Landkreis haben, sind damit zufrieden. 97 Prozent der vom Landkreis befragten Familien (rund 2100 Haushalte haben teilgenommen) sehen das so. Für diesen Großteil der Elternschaft passen die Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtung gut, nur ein geringer Prozentteil wünscht sich, die Kinder schon vor 7 Uhr am Morgen oder bis 20 Uhr am Abend betreut zu wissen. Es wächst der Wunsch nach mehr Wald-Kitas und Montessori-Einrichtungen.

Ein Viertel der Befragten sagt, wegen Corona einen geringeren Betreuungsbedarf als bisher zu haben. Hempfling: "Manche Eltern fangen ein Jahr später mit dem Arbeiten an, um ihr Kind selbst zu betreuen, weil ihnen die Corona-Situation mit möglichen drohenden Schließungen der Einrichtung zu unsicher ist."

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