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So kommt das Obst ins Marmeladenglas: Die Beerenbauern aus Niedermirsberg

27.7.2021, 14:00 Uhr
Birgit Bertelshofer mit den Fruchtaufstrichen - in handesüblicher Größe und im Gastronomie-Glas.

© Annika Falk-Claussen, NN Birgit Bertelshofer mit den Fruchtaufstrichen - in handesüblicher Größe und im Gastronomie-Glas.

Birgit Bertelshofer, die mit 27 Jahren noch Landwirtschaft studierte, fing 1996 an, Sträucher auf gepachteten Hängen zu pflanzen. Die Felder waren mehr als 20 Jahre nicht bewirtschaftet worden. Anfangs haben die „Beerenbauern“ Himbeeren, Brombeeren und Erdbeeren angebaut. „Das Klima an den sonnigen Hängen war ideal für die Beeren“, schwärmt Birgit Bertelshofer. Anfangs wurde in einem Holzhäuschen im Garten Fruchtaufstrich gekocht, mit Hilfe einiger Frauen aus dem Dorf. Von Anfang an wurde nach Demeter-Richtlinien gewirtschaftet, der ökologische Aspekt war und ist der Antrieb des Ehepaars.

Der Kundenstamm wuchs an und 2010 entschieden sich die gebürtigen Oberpfälzer, am Rand von Niedermirsberg eine neue Produktionshalle zu bauen. In den Folgejahren kamen mehrere Anbauten dazu. Seitdem werden keine eigenen Beeren mehr angebaut, nur ein Hektar Quittengarten ist geblieben. Die meisten Felder haben sie zurückgegeben, einige wurden als Bienenweiden angesät.

Der Schwerpunkt hat sich auf die Verarbeitung verlagert. Die Früchte kommen aus allen Teilen Europas, die Mangos aus Indien. Eins haben die Bauern aus Sizilien, der Türkei und Deutschland gemeinsam: Bertelshofers kennen alle persönlich, haben sie bei Obstbautreffen oder Messen kennen gelernt oder im Urlaub besucht. „Ich brauche eine Verbindung zu den Früchten“, sagt Birgit Bertelshofer, der am Herzen liegt, dass die Bauern von ihrer Arbeit gut leben können.

Die Früchte werden bei den Bauern gefroren abgeholt und in die Fränkische Schweiz geliefert, wo sie nach und nach verarbeitet werden. Frisch angeliefert werden nur die Früchte aus Deutschland: Johannisbeeren, Rhabarber, Heidelbeeren und Holunder. Mittlerweile gibt es 27 Sorten Fruchtaufstrich, darunter die klassische Erdbeere oder Exoten wie Mango mit Bitter-Orange. Durch die gefrorenen Früchte wird bei den „Beerenbauern“ das ganze Jahr über Fruchtaufstrich gekocht. Fruchtaufstrich hat einen geringeren Zuckergehalt als Konfitüre oder Marmelade, wie man umgangssprachlich sagt. So ist er zwar nicht so lange haltbar, hat aber dafür nur etwa halb so viel Zucker. Besonders ist der hohe Fruchtgehalt bei den Aufstrichen.

Mittlerweile gehen 95 Prozent der Produkte in den deutschlandweiten Naturkostfachhandel. Doch dank der „Kirchturmregel“ dürfen die „Beerenbauern“ im Umkreis von 100 Kilometern auch Dorf-, Hofläden sowie örtliche Supermärkte beliefern. „Regionalität ist uns wichtig“, so Bertelshofer, für die Europa „wie ein Land“ ist. Ein Beerenanbau nach Demeter-Richtlinien sei in der näheren Umgebung nicht möglich.

Ein weiteres Produkt sind die Fruchtzubereitungen für Hofmolkereien. Die Fruchtmasse wird dafür in der hochmodernen Kochanlage aseptisch in 500-Kilogramm-Container abgefüllt und zusammen mit dem Edelstahlbehälter zur Molkerei Schrozberg nach Tauberbischofsheim gefahren. Daraus wird dann Fruchtjoghurt gemacht.

Dieses Verfahren hat die neue Produktionshalle möglich gemacht. Hier wird Nachhaltigkeit groß geschrieben. So wird etwa die Abwärme aus Kühltunnel und Gefrierzelle in einen Pufferspeicher geleitet, um warmes Wasser zu erzeugen. Die Abwärme von der Kochanlage wird dafür benutzt, die Sozialräume zu beheizen. Für alles Technische ist Tom Bertelshofer zuständig. 2006 hat er seinen gut bezahlten Job gekündigt und wurde zum Vollzeit-Biobauern. Seit 2010 ist Christian Batz Mitgeschäftsführer, die Aufgaben sind unter den dreien verteilt. Das erleichtert die Arbeit, der Betrieb muss nicht stillstehen und Bertelshofers können trotzdem mal in den Urlaub fahren.

Das Team besteht mittlerweile aus zehn Mitarbeitenden, die von einer Köchin bekocht werden. In einem Pausenraum wird gemeinsam Mittag gegessen. „Wir sind eine Einheit, fühlen uns wie eine kleine Familie, deshalb wollen wir auch gar nicht größer werden“, so Birgit Bertelshofer, deren unternehmerische Ziele die Beibehaltung der hohen Qualität ist. Während die Bertelhofers im Dorf anfangs teilweise komisch beäugt wurden, haben sie sich mittlerweile den Respekt der Einheimischen erarbeitet und sind voll integriert.

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