Stadtrat beruft Steffen Müller-Eichtmayer als Aufsichtsratsmitglied der Stadtwerke ab

24.9.2020, 19:00 Uhr
Stadtrat beruft Steffen Müller-Eichtmayer als Aufsichtsratsmitglied der Stadtwerke ab

© Roland Huber

Stein des Anstoßes in der Auseinandersetzung ist der Arbeitgeber von Steffen Müller-Eichtmayer (FGL) - das Energieunternehmen N-Ergie in Nürnberg. Nachdem beide Unternehmen in der gleichen Branche ihre Geschäfte tätigen, befürchten Stadt wie die Stadtwerke "Interessenskonflikte". Schließlich habe Müller-Eichtmayer als Aufsichtsratsmitglied Einblick in Interna. Bei einer Aufsichtsratssitzung des Gremiums im Juli kam es deshalb zu einem Eklat. Von Drohungen und Phantomanrufen war die Rede. In seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender des kommunalen Unternehmens hatte Forchheims Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD) in der Sitzung über Müller-Eichtmayers Verbleib abstimmen lassen, der daraufhin die Sitzung verlassen habe.

Flierl an Kirschstein: "Sie treiben einen Keil durch den Stadtrat" 

Eine lange und hitzige Diskussion ist jetzt am Donnerstagsabend in der Stadtratssitzung darüber entbrannt, ob Müller-Eichtmüller abzuberufen ist oder nicht. Die Stadtwerke hatten eine Rechtsanwaltskanzlei mit einem Gutachten beauftragt. Es hat einen Ausschluss deutlich empfohlen. FGL-Fraktionsvorsitzender Gerhard Meixner, adressiert an die anwesenden Geschäftsführer der Stadtwerke Forchheim: "Ich frage mich, woher Sie sich die Frechheit nehmen, den Fall durch eine Rechtsanwaltskanzlei überprüfen zu lassen. Wir kontrollieren Sie und Sie nicht uns." Er bezog sich damit auf die Aufgabe der Aufsichtsräte, ein Unternehmen kritisch zu prüfen. Auch die Stadt hatte ein Gutachten beauftragt.

Meixners Fraktionskollege, Emmerich Huber, widmete sich in einem langen Vortrag den Gutachten. Er appellierte an die Stadträte, sich eine eigene Meinung zu bilden und sich von den in den Gutachten erwähnten möglichen rechtlichen Konsequenzen nicht beeindrucken zu lassen. Für Huber besteht kein Konflikt. "Welchen Grund sollte Müller-Eichtmayer haben, der Stadt und den Stadtwerken zu schaden?" Mit ihm habe man einen kompetenten Aufsichtsrat, der kritisch nachfragen könne und damit seiner Aufgabe gerecht werde. Müller-Eichtmayer selbst stellte die Frage in den Raum: "Wer hat hier welches Motiv, um die Zusammenstellung des Aufsichtsrats zu hinterfragen?" 

Für die CSU kündigte Fraktionsvorsitzender Josua Flierl an, getrennt abzustimmen. Er sprach von einem Dilemma, für das der OB verantwortlich sei, weil er vor der Wahl Müller-Eichtmayers nicht auf dessen beruflichen Hintergrund hingewiesen habe, obwohl ihm diese Infos vorgelegen hätten. "Sie treiben einen Keil durch den Stadtrat", so Flierl. Der OB sagte, er habe es versäumt, in Vorgesprächen mit der FGL-Fraktion zu erwähnen, dass er "erhebliches Konfliktpotenzial" bei einer möglichen Wahl Müller-Eichtmayers in den Aufsichtsrat gesehen habe. "Das würde ich heute anders machen, aber im Nachhinein ist man immer schlauer." 

Am Donnerstagabend stimmten 25 Stadträte und damit eine deutliche Mehrheit für die Abberufung von Müller-Eichtmayer. Teile der CSU, die Jungen Bürger wie auch die Fraktion der Forchheimer Grünen Liste (FGL) stimmten gegen die Abberufung. 

Für die Stadt ist die Sachlage klar

Für die Stadt Forchheim ist die Sachlage klar: Der Grüne Stadtrat Steffen Müller-Eichtmayer kann kein Aufsichtsratsmitglied der Stadtwerke Forchheim mehr sein. Ihre Argumente untermauert die Stadt mit dem Ergebnis eines Rechtsgutachtens. Darin heißt es, dass die Stadt "im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Abberufung über einen weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum", verfügt. Es heißt darin aber auch: "Ob eine Abberufung in Anbetracht der Doppeltätigkeit und der latenten Gefahr von Interessenskonflikten zwingend geboten ist, ist nach unserer Sicht zwar keineswegs sicher."

Der Forchheimer Stadtrat hat Müller-Eichtmayer gewählt

In den Aufsichtsrat gewählt worden ist Steffen Müller-Eichtmayer für eine sechsjährige Amtszeit vom Stadtrat. Neben Müller-Eichtmayer sind auch weitere Stadträte in das Gremium gewählt worden. Der Grund, warum Räte in das Gremium gewählt werden, ist, dass die Stadtwerke ein kommunales Unternehmen sind.

Nach Eklat Unverständnis geäußert

Strittig ist nach wie vor, weshalb Müller-Eichtmayer überhaupt in das Gremium gewählt wurde. Laut Aussagen seiner Fraktion sei bei der Wahl bekannt gewesen, dass er bei der N-Ergie arbeitet. Nach dem Eklat im Aufsichtsrat hatte die FGL Stellung bezogen und ihr Unverständnis über den Vorgang geäußert. Müller-Eichtmayers Tätigkeit bei der N-Ergie habe man bei OB Kirschstein vor der Wahl angesprochen, so FGL-Fraktionsvorsitzender Gerhard Meixner damals. Auch Fraktionskollege Emmerich Huber hielt die Sache für eindeutig: In seiner beruflichen Funktion als einfacher Angestellter der N-Ergie sehe er keinen Interessenskonflikt. Laut Meixner sei man sich mit dem OB sogar einig gewesen, dass Sachverstand im Aufsichtsrat nicht nachteilig wäre.

Auch einen Schriftverkehr im September zwischen dem Oberrechtsrat der Stadt, Till Zimmer, und Emmerich Huber von der FGL, bezieht die Stadt jetzt in ihre Argumentation für die Abberufung mit ein. Laut Huber sei Müller-Eichtmayer als „Portfoliomanager Strom“ bei N-Ergie innerhalb eines Teams im Wesentlichen mit dem Handel von Commodities (Strom, teils Gas) an den Terminmärkten des Energiegroßhandels betraut. Die Tätigkeiten seien operativ auf Sachbearbeiter-Ebene. Er sei weder in leitender Position noch mit weiterführenden Entscheidungsbefugnissen ausgestattet und habe auch keine Vertretungsvollmacht. Laut einer Internetrechere von Till Zimmer, die der Redaktion vorliegt, sei die Aussage, dass Müller-Eichtmayer keine Vertretungmacht besitze, nicht korrekt, woraufhin sich Müller-Eichtmayer selbst an Zimmer wandte, mit der Aussage, dass er als Händler handlungsberechtigt für den Strom und teils für den Gashandel sei.

Bereits im Juli wollte der OB über die Sache im Stadtrat abstimmen lassen. Kurz vor der Sitzung hat das Landratsamt der Stadt in einem Schreiben mitgeteilt, keinen wichtigen Grund für die Abberufung zu sehen. Daraufhin ist der Tagesordnungspunkt verschoben worden. In der Zwischenzeit hat die Stadt einen Rechtsanwalt konsultiert.

Professor für Handelsrecht sieht die Lage anders

Die Stadt bezieht sich jedoch auf eine andere Passage im Gutachten. Darin heißt es: "Eine Abberufung wäre jedoch unter Präventionsgesichtspunkten absolut das sicherste Mittel zur Vermeidung entsprechender Interessenskonflikte, zur Gewährleistung der Arbeits- und Handlungsfähigkeit der Stadtwerke Forchheim GmbH und der EFG Erdgas Forchheim GmbH und zur Prävention gegen etwaige Kartellrechtsverstöße." Eine Abberufung, so das Gutachten, lasse sich "absolut vertreten und rechtfertigen" vertreten, bevor konkrete Konflikte oder Risiken auftreten.

Auch die Stadtwerke haben eine Rechtsanwaltskanzlei mit einem Gutachten beauftragt. Es stützt die Argumentation der Stadt und wird noch deutlicher: „Aufgrund drohender finanzieller Risiken für die Gesellschaft und die handelnden Personen (Schadensersatz, hohe Bußgelder im Falle der Erlangung von wettbewerbsrelevanten Informationen) ist die Abberufung zwingend vorzunehmen.“ Müller-Eichtmayer sei daher "unverzüglich abzuberufen".

Für die Stadt ist das Fazit klar: "Beide Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass eine Abberufung von Herrn Müller-Eichtmayer aus den Aufsichtsräten der Stadtwerke Forchheim GmbH und der EFG Erdgas Forchheim GmbH rechtlich zulässig ist. Beide Gutachten empfehlen die Abberufung, um erhebliche Risiken für die Unternehmen und die handelnden Personen zu vermeiden." 

Ein von unserer Redaktion befragter Professor für Handelsrecht aus Erlangen sieht die Rechtsposition der Stadt jedenfalls nicht so eindeutig klar.