Yoga als olympische Disziplin?

3.2.2021, 16:03 Uhr
Yoga als olympische Disziplin?

© Roland Fengler

Tereza Panocha aus dem Heiligenstädter Ortsteil Burggrub war zunächst überrascht, als sie von den Olympia-Plänen hörte: "Mein erster Gedanke war: Was hat Yoga da zu suchen?" Aber dann habe sie sich überlegt, dass das Ganze durchaus positive Nebenaspekte haben könnte.

Zwar sei Yoga in Deutschland inzwischen deutlich populärer als vor 19 Jahren, als sie als Yoga-Lehrerin angefangen habe, und brauche nicht unbedingt PR, aber nach wie vor seien Männer in ihren Kursen die absolute Ausnahme. Auf vielleicht zwei, drei Prozent schätzt sie deren Anteil, oft kämen sie mit ihrer Partnerin. Haupthemmnis, so hat sie in Gesprächen herausgefunden, sei eben der Aspekt, dass Yoga als "Frauensache" und unmännlich gelte. 

Tereza Panocha: "Wenn es dafür künftig Medaillen zu gewinnen geben sollte, würde das möglicherweise mehr Männer motivieren." Andererseits könnten akrobatische Übungen und Verrenkungen auf der Bühne auch eine eher abschreckende Wirkung haben. Sie sei also in dieser Hinsicht durchaus gespalten.

"Hochinteressante Kombination"

Eindeutig ist aber ihre Position zum Thema Yoga und Hochleistungssport: "Das ist eine hochinteressante Kombination, die eigentlich in jeder Sportart etwas bringt. Körperlich kann man durch mehr Elastizität Verletzungen deutlich vermindern, und für den Geist bringt es eine Art von Entspannung, die dafür sorgt, Gelassenheit unter Druck zu bewahren. So unterrichte ich das auch." Denn in unserer gestressten und müden Gesellschaft, in der man immer unter Strom und erreichbar sein müsse, seien viele Menschen im Beruf gezwungen "Hochleistungsarbeiter" zu sein. Da könne Yoga viel bewirken.

Yoga als olympische Disziplin?

© Foto: Imago

Viele Menschen kennen den "Sonnengruß" – dieser könne auf ganz viele Weisen ausgeführt werden: Schnell, um den Kreislauf in Schwung zu bringen und Kondition zu tanken, als Bewegungsmeditation oder gar in Zeitlupe, um sich zu entschleunigen. Tereza Panocha: "Das kann für Menschen, die sonst immer Vollgas geben, sehr schwierig, aber auch heilsam sein."

Ruhigere Weise bevorzugt

Wie sportlich eine Übung ist, hängt immer auch vom Yoga-Stil ab. Franziska Sebold mag eher die ruhigere Weise, in der es in die Tiefe geht. Allgemein sieht die Yoga-Lehrerin aus Igensdorf positiv, dass hier jeder das mitnehmen könne, was er möchte. Nur den körperlichen Aspekt, wenn die Seele nicht so stark angesprochen werde. "Wenn man in die Tiefe geht, merkt man aber, dass Yoga etwas anderes mit dir machen kann."

In den vergangenen Jahren habe Yoga einen neuen Charakter entwickelt – weg von der alten, etwas verstaubten Tradition, an der immer auch etwas Sektenähnliches hing, hin zu einer ganzheitlichen Art, sich selbst zu finden. Viele sehen Yoga als Art innere Einkehr.

Franziska Sebold hat vor 15 Jahren im Fitnessstudio mit Yoga begonnen, als sie nach dem Krafttraining zur Ruhe kommen und sich dehnen wollte. Bei der Olympia-Idee widerspreche der Leistungsdruck diesem Entspannungsgedanken. "Man soll beim Yoga lernen, auf der Matte zu bleiben, bei sich zu sein und sich nicht vom Leistungsgedanken einfangen zu lassen", so Sebold.

Wer hält den Lotussitz am längsten?

Vor hunderten von Jahren habe es im Yoga zwar bereits einen gewissen Wettbewerb gegeben, da ging es aber eher darum, wer am ehesten die Erleuchtung erlebt. Früher sei von Mönchen in indischen Klöstern geprüft worden, wer am längsten im Lotussitz sitzen kann.

Doch wie soll man Yoga wirklich nach sportlichen Kriterien bewerten? Es gebe in alten Lehrbüchern zwar Abbildungen und Erläuterungen, wie ein Asana (überwiegend ruhende Körperstellung im Yoga) genau auszusehen habe. "Es gibt natürlich auch wilde, schwitzige Asanas, aber es geht beim Yoga ja nicht nur um den sportlichen Aspekt", so die 32-Jährige, die an ihrem "Heimatzentrum" in Igensdorf vor allem den Gemeinschaftscharakter beim Yoga schätzt: "Es gibt klare Stadt- und Landunterschiede und hier kenne ich die Leute, ihre Einschränkungen, ihre Familiengeschichte, da kann ich besser auf sie eingehen."

Zu ihr kämen ganz Junge, aber auch Seniorinnen, darunter immer wieder Teilnehmer nach Bandscheiben-OP, mit ISG oder Rückenschmerzen. Bei gesundheitlichen Problemen könne Yoga unterstützen. Viele Frauen kämen das erste Mal zum Yoga, wenn sie schwanger sind. "Einerseits um runterzufahren, aber auch wegen körperlicher oder muskulärer Probleme", so Sebold, die vor fünf Jahren ihre Lehrerausbildung gemacht hat. "Viele können dadurch eine besondere Connection zum Baby aufbauen, aber das kommt auf den Typ an."

"Das Ego zurückstellen"

Yoga unterstütze in vielen Bereichen, betont Kathrin Ritter-Hickmann aus Neunkirchen, die auch immer mehr beobachtet, dass der athletische Teil der Philosophie bei den Leuten ankomme. Doch immer seien auch Atemübungen und Meditationen wichtig. "Viele starten mit Yoga, weil sie vielleicht nicht mega-sportlich sind, aber mit einer Sportart beginnen wollen", sagt die Yoga-Lehrerin aus Neunkirchen. Andere kämen zu ihr, um Yoga als Ausgleich zum Laufen oder Radfahren zu betreiben.

In der Yoga-Philosophie sei es wichtig, das Ego zurückzustellen. "Wenn es einen Wettkampf gibt, dann ist das Ziel zu gewinnen – das widerspricht der Philosophie", sieht die 37-Jährige die Olympia-Idee skeptisch. Man könne schlecht beurteilen, in welchem meditativen Zustand sich der Athlet befinde. "Und wenn ich nur auf die körperlichen Übungen gehe, ist eine Abgrenzung zu anderen Sportarten schwierig", so Ritter-Hickmann. Der "Skorpion" zum Beispiel ähnele einer Figur aus der rhythmischen Sportgymnastik – nur ohne Reifen.

Yoga als olympische Disziplin? Können sich die drei Yoga-Lehrerinnen nicht so recht vorstellen.

Verwandte Themen


Keine Kommentare