Darum fällt die Dullnraamer-Sidzung 2021 aus

7.12.2020, 06:00 Uhr
Darum fällt die Dullnraamer-Sidzung 2021 aus

Und hier gleich mal der erste Gag: Treffen sich 15 Leute aus 15 Haushalten, Ende 2020. Im Sinn haben sie selbstverständlich nichts als Frohsinn und die Faschings-Hochsaison kurz vor Rosenmontag. Denn Fasching, das ist, wenn im Kulturforum Bierbänke dicht an dicht stehen und der Sitznachbar 1,5 Zentimeter entfernt ist, höchstens.

Das alles liest sich wie Nachrichten von einem fremden Planeten. Lange hatte Dullnraamer-Chefin Ute Weiherer gehofft, dass im Februar 2021 einiges, wenn nicht alles anders ist als im Dezember 2020. Aber dann kommt irgendwann doch der Moment, der Realität ins Auge zu blicken. Jetzt entschied Weiherer, dass die 28. Sidzung (5./6. und 12./13. Februar) der populären Anarcho-Faschingsmeute nicht stattfinden wird. Corona ist kein Fan von Jux und Lästerei.

In der Probenphase war das 15 Damen und Herren starke Ensemble noch nicht, "aber trotzdem müssten wir uns schon jetzt treffen, um Grundzüge des kommenden Programms und die Organisation festzulegen", sagt Frontmann Uwe Weiherer. Und damit geht ja das Problem schon los: Wo soll ein solches Treffen in diesem Dezember möglich sein?"

Stühle statt Bierbänke

Das Leitungsteam habe eine Verantwortung für alle Dullnraamer, deren Ensemblemitglieder aus der Metropolregion, aber auch aus Ansbach und Erding kommen. Ein Beweggrund, die Sidzung 2021 zu canceln, sind aber auch jene traurigen Bilder, die eine nach sämtlichen Coronaregeln gründlichst organisierte Faschingssause heraufbeschwört – als da wären: Stühle statt Bierbänke, großzügige Stuhl-Abstände, höchstens 50 Leute im großen Kufo-Saal statt wie sonst 250. Keine Bewirtung. Vielen Dank fürs Gespräch.

Eine Lesung oder ein Kammerkonzert ließe sich unter solchen unspaßigen Umständen womöglich stemmen, nicht jedoch ein Drei-Stunden-Programm, in dem Tanzen, Singen, Austoben und Quatschmachen Vorfahrt haben. Die Dullnraamer waren und sind Kontaktsportler, kein Sitzkreis. Und vier Abende vor je 50 Fans, wie soll das gehen, wem soll das taugen. "Für unseren Verein", sagt Uwe Weiherer, "wäre das das totale finanzielle Desaster".

Auch die nächste Alternative war rasch abgehakt: permanente Schnelltests in der heißen, zweiwöchigen Probenphase vor der Sidzung. Was bei den Salzburger Festspielen 2020 gang und gäbe war (und dem gewagten Experiment letztlich zum Erfolg verhalf) und was auch in Staatstheaterkreisen machbar ist, bedeutet für einen kleinen Verein ohne potente Sponsoren im Hintergrund das wirtschaftliche Aus.

90-Minuten-Fassung

Heißt: 2021 ohne die Fürther Kanalaufräumerinnen und -aufräumer, ohne satirisch umgetextete Rock- und Pophits, ohne Politiker-Bashing und knackige Systemkritik? Nicht ganz. Überlegungen gehen gerade in eine überraschende Richtung, nämlich Richtung Sommer.

Der Innenhof des Kulturforums könnte zum Schauplatz eines 90-minütigen Dullnraamer-Best-of-Programms werden; eine "Konzertfassung" nennt es die Chefin, dramaturgisch dergestalt gestrickt, dass ein Bezug zur Faschingszeit gar nicht notwendig wäre. Ein Open-Air-Spaß, der, eine halbwegs zügige Impfung der Nation vorausgesetzt, auch wieder etwas mehr Nähe unter den Dullnraamern einerseits, den Zuschauern andererseits zuließe. Man tüftele an etwaigen Terminen, sagt Ute Weiherer, doch bislang ist es nur eine Idee und eingetütet noch gar nichts.

Mit dem Schreiben der Texte für die 2021er-Sidzung hatte sie, wie jedes Jahr, im Oktober begonnen. Die Absage der Faschingstermine bedeute nun jedoch nicht, dass zahlreiche Sketche und Wortbeiträge humorlos in der Tonne landen. Zum einen war das Programm noch nicht so weit fortgeschritten, "zum anderen haben wir auch immer wieder Themen, die so zeitlos sind, dass sie im Jahr danach immer noch in die Sidzung passen".

In der vorigen Sidzung etwa fiel, weil der Abend sonst noch länger gedauert hätte, ein Sketch über vernetzte Haushalte aus dem Programm. Wie man per App-Steuerung von Garmisch aus die Waschmaschine und die Heizung in Poppenreuth zum Laufen bringt, ist ein Menschheitsproblem, das auch noch 2022 für Lachen sorgen dürfte.

Apropos Problem: Parallel zu den Dullnraamer-Vorbereitungen stecken die Weiherers mit ihrem Theaterensemble Fürther Bagaasch in der Arbeit an der aktuellen, fünften Koproduktion mit dem Stadttheater. George Taboris "Mein Kampf" hätte am 17. Dezember im Kulturforum Premiere gehabt. Die soll nun nach aktuellem Stand der Dinge im Februar über die Bühne der großen Halle gehen.

"Mein Kampf"-Proben laufen

Ungeachtet dessen gehen die Proben zu der Farce über den untalentierten Kunststudenten Adolf Hitler auf der Stadttheater-Probebühne in der Uferstadt weiter – und zwar so, als wäre am 17. tatsächlich Premiere. Uwe Weiherer: "Dann sind wir wenigstens fertig und müssen im Februar nur noch Wiederaufnahme-Proben ansetzen."

Den ganz harten Dullnraamer-Fans bleibt immerhin ein schwacher Trost: Der Youtube-Channel der Kanalräumer hält Sketche und Auftritte aus den vergangenen Jahren bereit.

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