"Die Quelle": Retrospektive im Fürther Stadtmuseum

17.9.2015, 07:14 Uhr

© Foto: Hans-Joachim Winckler

An der Weihnachtstanne glitzern silbrige Kugeln und Lametta, doch der Blick geht ganz woanders hin - warten doch unter dem Baum viele verheißungsvolle Päckchen, die allesamt eines gemeinsam haben: Sie kommen von Quelle, gebracht hat sie der Postbote.

Der Blick in ein festliches Wohnzimmer der 70er Jahre empfängt die Besucher der Ausstellung und weckt umgehend Erinnerungen: „Genauso war das“, versichert Oberbürgermeister Thomas Jung beim ersten Rundgang. „Bei mir lag ein ,Universum Kassettenrekorder‘ unter dem Weihnachtsbaum, so etwas vergisst man nicht.“

Sechs Jahre nach der Insolvenz von Quelle demonstriert die Schau im Stadtmuseum, wie gründlich sich die Produkte des Versandhauses in den Köpfen, Schränken und Kellern der Fürther eingenistet haben. Ausgangspunkt war im Mai ein Aufruf in den FN. Der Bitte, geeignete Objekte zur Verfügung zu stellen, kamen viele Bürger nach. Rundfunkmuseum und das Nürnberger Museum Industriekultur steuerten weitere Stücke bei.

„Es wurde deutlich“, sagt Ausstellungsmacherin Ruth Kollinger, „in welchem Maß die Fürther noch heute mit ihrer Quelle leben.“ Martin Schramm, Leiter der städtischen Museen, legt ausdrücklich Wert darauf, dass hinter der Retrospektive kein Jubiläum steht: „Es geht nicht um eine wissenschaftliche Aufarbeitung dieses Themas, sondern um die Frage: Wie gehen die Menschen mittlerweile mit dieser Erinnerung um. Im Mittelpunkt stehen die Emotionen.“

Was in den Vitrinen zu sehen ist, punktet in der Tat mit einem unschlagbaren Wiedererkennungswert. Kaum einer, der nicht versichern kann: „Das hatten wir früher auch.“ Oder: „Meine Oma benutzt das Teil da bis heute.“ Jedes Stück bringt eine Geschichte mit. So wie der prachtvolle schwarze Morgenrock aus 100 Prozent Polyester mit aufgestepptem Wabenmuster und zierlichen rosa Nylonrüschen, an dem noch immer zwei Original-Etiketten baumeln, inklusive Preisschild. 35 Mark kostete das gute Stück einst. „Als die alte Dame, die ihn sich gekauft hatte, starb, lag er unberührt in ihrem Kleiderschrank“, berichtet Kollinger.

Ehrwürdige Stücke

Staunen darf man auch über die Kreativität der Namensfindung für die diversen Produkte. Da gab es die „Quellux“-Sonne, die 1958 strahlende Gesundheit versprach und dem Benutzer die Wahl ließ, ob er sich Ultraviolett oder Infrarot bescheinen ließ. Vorausgesetzt, er legte vorschriftsmäßig die kleine Schutzbrille für die Augen an. Der „Quellomat“ sorgte dagegen für kühle Frische und war ein Kühlschrank. Bei „Foto-Quelle“ fand sich Zubehör für den Hobbyfilmer. 1974 etwa konnte man mit dem „Revue Synchro“ die eigenen Super-Acht-Filmaufnahmen mit Ton unterlegen.

Nicht wenige ehrwürdige Stücke, die gezeigt werden, waren bis vor kurzem noch in Gebrauch. „Aus einem Handrührgerät habe ich noch ein bisschen Teig gekratzt“, verrät Kollinger. Eine Spur von Besitzerstolz haftet dagegen dem eleganten Universum-Musikschrank an, der einst im Schein der Tütenlampen neben dem Nierentisch ein Wohnzimmer schmückte.

Selbstverständlich fehlt der Blick auf die Quelle-Kataloge nicht, die begehrlich von Jung und Alt durchforstet wurden. 2004 prangte sogar Supermodel Claudia Schiffer auf der Titelseite. Es half nicht mehr viel. Das Ende war schon in Sicht. Kurz-Interviews mit ehemaligen Mitarbeitern beleuchten die Situation.

An optimistischere Zeiten erinnert eine weitere Hör-Station mit dem Original-Quelle-Song, der 1993 für Kunden in der Telefon-Warteschleife abgespielt wurde: „Warum gibt es keinen Mann, den ich mir bestellen kann?“, fragt die Sängerin neckisch. Doch bei dieser Nachfrage musste selbst die Versandhaus-Legende aus Fürth passen.

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