Nazi-Verbrechen

Fürther gedachten der Opfer der Pogromnacht

11.11.2021, 09:30 Uhr
Fürther gedachten der Opfer der Pogromnacht

© Foto: Tim Händel

"Der Anfang vom Ende eines friedlichen Zusammenlebens" sei dieser Gewaltausbruch gewesen, sagte Bürgermeister Markus Braun, der für den mit Corona infizierten Oberbürgermeister einsprang. Dass sich so etwas nie wieder ereignen dürfe, dafür gelte es seine Stimme zu erheben: gegen Ausgrenzungen und Angriffe, die sich auch heute gegen Andersdenkende im realen Leben oder in sozialen Netzwerken richten. "Wir müssen unsere Kinder lehren, alle Menschen zu achten", mahnte Braun.

Zu der Veranstaltung eingeladen hatten die Stadt, das Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus sowie Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinde in Fürth und der Kirchen. Eindringlich mahnten alle Redner, die Erinnerung an die Geschehnisse der Pogromnacht 1938 wach zu halten, in der die Nazis in ganz Deutschland zahllose Synagogen, Geschäfte und Wohnungen jüdischer Mitbürger zerstörten. Mehrere hundert Juden kamen dabei um.

An den Brand der Synagoge in der Fürther Altstadt, an deren Stelle heute das Mahnmal in der Geleitsgasse steht, erinnerte auch Julia Tschekalina. Seit Anfang Oktober ist sie die neue Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde, sie löste den langjährigen Vorsitzenden Yukhym Mashevskyy ab. "Mein Herz ist zerrissen", sagte die 43-Jährige angesichts der Erinnerungen an den Nazi-Terror. "Aber meine Augen blicken auf die Zukunft." Das Leben der Juden vor dem Holocaust müsse man stets stets im Gedächtnis bewahren.

Anja Schmailzl vom Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus zitiert die kürzlich verstorbene Holocaust-Überlebende Esther Bejarano, die Sonntagsreden an Gedenktagen für nicht ausreichend erachtete, um den Antisemitismus zu bekämpfen. Die Betroffenheit müsse vielmehr zum Handeln führen, mahnte Bejarano stets. Nicht zu vergessen, findet Schmailzl – das sei der Auftrag für die Zukunft.

Dass die Schrecken der Nazis schon begonnen hatten, bevor sie in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 in zerstörerischer Weise für alle offenkundig wurden, davon erzählte der evangelische Dekan Jörg Sichelstiel. Kleine Ereignisse seien trügerische Vorzeichen gewesen.

Etwa, dass in Fürth zwei Buben auf der Straße verprügelt wurden, weil sie anlässlich des jüdischen Laubhüttenfests mit Zweigen in den Händen zur Synagoge zogen. Die Katastrophe habe sich da bereits abgezeichnet. "Wir müssen schon ganz am Anfang einschreiten", mahnte Sichelstiel – das gelte auch heute noch.

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