Playmobil-Firmeninhaber feiert seinen 80. Geburtstag

27.6.2013, 11:08 Uhr
Playmobil-Firmeninhaber feiert seinen 80. Geburtstag

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Jeden Morgen liegen bei Horst Brandstätter zwei Zettel auf dem Tisch: Auf dem einen ist vermerkt, wann er mit welchem Partner zum Golfen verabredet ist. Auf dem zweiten Blatt steht eine eng gedruckte Tabelle mit vielen Zahlen. Der Inhaber des Spielzeugherstellers Playmobil studiert sie genau: Auftragseingang, Fakturierung, Produktion.

Während andere in seinem Alter schon lange keinen Gedanken mehr an Arbeit verschwenden, wacht Brandstätter noch immer mit Argusaugen über die bunten Plastikfiguren. Jeden Tag kommt er in sein Büro - „außer sonntags, dann ist hier zugeschlossen“. Horst Brandstätter feiert am Donnerstag seinen 80. Geburtstag.

Noch als Kind verlor er seinen Vater im Krieg - und eignete sich Fähigkeiten an, die ihm später an der Spitze von Deutschlands größtem Spielzeugproduzenten Playmobil zugute kommen.

„Dadurch, dass ich viel auf mich gestellt war, habe ich gelernt, meine Vorstellungen durchzusetzen“, resümiert der Jubilar. Diese Eigenschaft hilft ihm, als er die Nachfolge seines Vaters in der familieneigenen Spielzeugfabrik antritt und auf wesentlich ältere Mitteilhaber und veraltete Strukturen trifft. „Wenn ich von etwas überzeugt war, habe ich versucht, das durchzusetzen, mit all meiner Kraft."

Bewusster Verzicht auf Gewalt

Brandstätter gelingt ein Glücksgriff: Der von ihm engagierte Formenbauer Hans Beck entwickelt ein Systemspielzeug, das Eltern zum Kauf immer neuer Bestandteile animiert, bis am Ende eine komplette Welt entsteht - Playmobil. Am Anfang habe selbst er die Bedeutung und Vielfältigkeit der Idee nicht sofort begriffen, gesteht Brandstätter - von den Einkäufern der Spielzeugbranche ganz zu schweigen.

„Man kann es am Produkt nicht sehen, das findet im Kopf des Kindes statt.“ Bis heute sei Playmobil nicht cool, findet der gelernte Formenbauer. Dafür ermögliche das Produkt dem Nachwuchs, seine Umwelt im Spiel zu begreifen. „Wir haben viel von dem, was die Kinder auf der Straße sehen, im Sortiment.“

Die Figuren sind bewusst relativ neutral gehalten - „das soll dem Kind die Möglichkeit geben, der Figur einen Charakter zu geben, entsprechend dem jeweiligen Spielbedürfnis“. Zum Konzept von Entwickler Beck gehörte auch der Verzicht auf Gewalt - selbst die Cowboys bekamen erst nach zahlreichen Protesten von Kindern eine Pistole in die Hand.

Es hat sich nicht allzu viel geändert seit 1974, als zum ersten Mal ein Ritter, ein Indianer und ein Bauarbeiter auf der Spielzeugmesse vorgestellt wurden. Allerdings gibt es zunehmend spezifische Produkte für Mädchen. Und das Tagesgeschäft hat Brandstätter inzwischen in die Hände seiner früheren Marketing-Chefin Andrea Schauer gelegt.

Keine Lizenzprodukte

„Wenn der Kapitän der einzige ist, der weiß, wo der Kompass ist, und der geht über Bord, geht das Schiff verloren. Mein Management muss ja auch lernen, ohne mich Entscheidungen zu treffen“, begründet Brandstätter seinen Rückzug.

Der hat außerdem den angenehmen Nebeneffekt, dass Brandstätter den Winter in Florida verbringen und seiner Leidenschaft nachgehen kann. „Ich brauche Golf, weil mein Körper Bewegung braucht, frische Luft.“ Dennoch lässt er sich jeden Tag einen Rapport schicken. Und wenn ihm etwas nicht gefällt, mischt er sich durchaus ein - „da gehen doch jeden Tag eine ganze Menge Faxe hin und her“.

Viel Beratungsbedarf entstand zuletzt etwa im Zusammenhang mit dem 50 Millionen Euro teuren Neubau eines Logistikzentrums im mittelfränkischen Herrieden. Eine Produktion in Asien, wie sie in der Spielwarenbranche üblich ist, kommt für den überzeugten Franken nicht in Frage. Auch von Lizenzprodukten etwa mit Motiven aus aktuellen Filmen hält er nichts, weil sich solches Spielzeug schnell überlebe und zudem für den Verbraucher deutlich teurer werde.

2,6 Milliarden der kleinen Plastikfiguren wurden bislang hergestellt. Um seine Firma nicht allein vom Kassenschlager Playmobil abhängig zu machen, hat der Bundesverdienstkreuzträger Brandstätter mit der Pflanztopfmarke „Lechuza“ noch ein zweites Standbein geschaffen. Inzwischen hat die Geobra-Brandstätter-Gruppe 591 Millionen Euro Jahresumsatz erreicht und beschäftigte im vergangenen Jahr rund 3700 Menschen.

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