Viertel verändert sich

Postbank schließt: Die Fürther Hardhöhe fühlt sich abgehängt

15.6.2021, 21:00 Uhr
Postbank schließt: Die Fürther Hardhöhe fühlt sich abgehängt

© Foto: Tim Händel

Das Plakat, das seit einigen Tagen am Eingang zur Postbank-Filiale in der Soldnerstraße hängt, hatte die ältere Dame zunächst beinahe übersehen. Umso größer war ihre Bestürzung, als sie dessen Botschaft las: Ende Juni wird die Niederlassung schließen.

"Unfassbar" ist das für die 73-jährige Unterfürbergerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Regelmäßig macht sie sich auf den rund 25-minütigen Weg von ihrem Wohnort, um dann unweit der U-Bahn-Station auf der Hardhöhe ihre Bankgeschäfte zu erledigen. Dass dies bald nicht mehr möglich sein soll, kann sie nicht verstehen. "Das Viertel soll doch weiter wachsen, da kann doch die Postbank nicht verschwinden", sagt sie.

Tatsächlich soll das Quartier vor allem jenseits der Würzburger Straße weiter wachsen. Auf dem Areal, das einst die Norma-Zentrale beherbergte, baut das Evangelische Siedlungswerk derzeit knapp 200 Wohnungen und 45 Häuser. Die Gegend gehört rein formal zwar nicht mehr zur Hardhöhe, praktisch bildet sie jedoch eine Einheit mit dem Stadtteil, die neuen Bewohner werden dessen Infrastruktur nutzen.

Davon geht gleichzeitig einiges verloren. Im Frühjahr 2020 etwa wurde das Lokal "Zur Hardhöhe" abgerissen, an seiner Stelle entstehen Wohnungen und eine Kita. Gleich gegenüber schlossen bereits vor etlichen Jahren eine Heißmangel sowie ein Friseur. Auch dort sollen künftig Menschen wohnen.

In der Ladenzeile unweit der U-Bahn-Station hat kürzlich der Obst- und Gemüsehändler für immer zugesperrt, auch ein Blumenladen gab auf. Ein Bäcker und ein Eiscafé oberhalb der Würzburger Straße schlossen ebenfalls. An dieser Stelle werden jetzt Döner verkauft.

"Ein beliebter Treffpunkt"

Den Wandel beobachtet auch Eva Siemoneit-Wanke. Die Pfarrerin, die seit September für die Heilig-Geist-Kirche auf der Hardhöhe tätig ist, hat – trotz des Lockdowns – inzwischen einige Einblicke in den Stadtteil gewonnen. Auch, weil ihre Gemeinde zusammen mit der Diakonie seit 2012 das Stadteilnetzwerk Hardhöhe betreibt.

 Die Ladenzeile an der Soldnerstraße ist in die Jahre gekommen, nun sollen wenigstens die Beete rundherum ein wenig aufgehübscht werden.   

 Die Ladenzeile an der Soldnerstraße ist in die Jahre gekommen, nun sollen wenigstens die Beete rundherum ein wenig aufgehübscht werden.   © Foto: Hans-Joachim Winckler

Das Projekt "GeH Hin" bietet eine wohnortnahe Sozialberatung sowie die Möglichkeit der Vernetzung von Bewohnern des Viertels. Angeboten werden etwa eine PC-Sprechstunde, ein monatliches Stadtteilfrühstück und ein wöchentliches Mittagessen.

Gerade den Wegfall des Gasthauses bedauert sie. "Das war schon ein beliebter Treffpunkt hier im Viertel." Schwieriger, so glaubt sie, werde es mit der Schließung der Postbank nun für viele Bewohner. Denn: Eine kürzlich erstellte Sozialraumanalyse der Diakonie hat ergeben, dass auf der Hardhöhe mehr als 25 Prozent der Bewohner 65 Jahre und älter sind. Zum Vergleich: Im gesamten Stadtgebiet sind es knapp 19 Prozent.

Keine Alternative

Online-Banking, das die Postbank ihrer Kundschaft in einer Pressemitteilung zur Schließung auf der Hardhöhe stattdessen schmackhaft zu machen versucht, ist in ihren Augen keine Alternative. "Wir haben während des Lockdowns festgestellt, dass Online-Angebote quasi gar nicht genutzt werden", so Siemoneit-Wanke. Gerade für ältere Menschen sei dies eine große Hürde.

Nicht gefallen dürften vielen auch die Ersatzangebote, die die Postbank in der Mitteilung auflistet: Um Bankgeschäfte erledigen zu können, muss man künftig in die Filiale am Fürther Hauptbahnhof oder gar nach Zirndorf ausweichen. Bei Partnerbanken in der Innenstadt, einer Tankstelle in Poppenreuth oder bei etlichen Supermärkten, die Bargeldabhebungen an der Kasse anbieten, soll man an Cash kommen.

All das ist jedoch von der Hardhöhe aus, zumindest ohne Auto, schwer erreichbar. Nur wer Postdienstleistungen wie Paketabholungen oder Briefmarken erledigen muss, was bislang auch in der Postbankfiliale möglich war, wird gleich in der Nähe fündig: Das ist künftig in einer Bäckerei in der Ladenzeile an der Soldnerstraße möglich.

Warum wird geschlossen?

Doch warum, so dürften sich viele Bewohner der Hardhöhe fragen, schließt ausgerechnet die Postbank-Filiale, die doch immer sehr gut frequentiert war? Die Antwort darauf hat Oliver Rittmaier: Der Pressesprecher der Postbank nennt auf FN-Nachfrage rein betriebswirtschaftliche Gründe für die Auflassung der Filiale.

Wo einst das bei den Stadtteilbewohnern beliebte Lokal „Zur Hardhöhe“ einlud, entstehen derzeit Wohnungen und eine Kita.

Wo einst das bei den Stadtteilbewohnern beliebte Lokal „Zur Hardhöhe“ einlud, entstehen derzeit Wohnungen und eine Kita. © Foto: Hans-Joachim Winckler

Zwar nutzten tatsächlich viele Kunden das Angebot, erklärt er, doch das alleine reiche nicht. An Bargeldabhebungen oder Fragen zum Konto etwa verdiene das Unternehmen kaum etwas. Lukrativer seien da Baufinanzierungen, Wertpapiergeschäfte oder Ratenkredite. Diese allerdings würden auf der Hardhöhe kaum nachgefragt. Ein Trend, der sich offensichtlich auch andernorts beobachten lässt: Bis 2022 will die Postbank bundesweit 100 ihrer 800 Filialen dichtmachen.

Verschönerungen geplant

Dass es im Viertel nicht zu weiteren Schließungen oder längeren Leerständen kommt, hofft man auch beim Runden Tisch Hardhöhe. 2006 hatten sich Vertreter von Schulen, aus Parteien, Kirchen, dem Jugendhaus, Elternvertretungen, der Arbeiterwohlfahrt, dem Siedlerverein sowie Stadträte und Privatpersonen zusammengeschlossen, um gemeinsam Aufgaben für den Stadtteil zu diskutieren und sich für deren Umsetzung einzusetzen. Sprecherin Katja Seiß de Caicedo, die selbst auf der Hardhöhe lebt, möchte sich beispielsweise für eine Verschönerungsaktion stark machen.

Konkret geht es um die Ladenzeile. Auch dort ist der Wandel zu spüren. Zurzeit finden sich dort ein Nachhilfestudio, eine Apotheke, ein Friseur, ein Bauernladen, ein Elektrogeschäft, ein Hörgeräte-Akustiker, zwei Bäcker, ein Discounter, eine Schneiderei und ein Bubble-Tea-Shop. Neu hinzukommen wird demnächst ein Lotto-Laden.

Kein schlechter Mix eigentlich, doch ist das Gebäude inzwischen arg in die Jahre gekommen. Weil man das auf absehbare Zeit aber nicht ändern kann, möchten sich Runder Tisch und Stadtteilnetzwerk wenigstens um etwas Aufhübschung bemühen. Gemeinsam mit der Lebenshilfe sollen demnächst die Beete auf Vordermann gebracht werden, die die Läden umgeben.

Und in Sachen Postbank hat sich jüngst auch noch die SPD des Distrikts West-Hardhöhe zu Wort gemeldet: Die bevorstehende Schließung betrachte man "durchaus als kritisch", heißt es in einer Mitteilung – insbesondere für Menschen "höheren Alters oder mit geringeren Möglichkeiten der Mobilität".

Die Postbank, finden die Sozialdemokraten aus dem Westen Fürths, müsse "zumindest ein Mindestmaß an Kulanz wahren". Sie fordern deshalb eine Selbstbedienungs-Geschäftsstelle mit Bargeldautomaten und Kontoauszugsdrucker.

Man werde "die kommenden Entwicklungen dahingehend genauestens im Blick behalten", so die Distriktschefs Julian Pecher und Peter Schnaus.

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