Rehfleisch: Jägern ist die Gastronomie weggebrochen

15.8.2020, 11:00 Uhr
Rehfleisch: Jägern ist die Gastronomie weggebrochen

© Foto: Matthias Kronau

So umstritten die Jagd ist, so hat sie doch auch den gesetzlichen Auftrag, zum Schutz des Waldes die Rehwild-Population zu begrenzen. Im April endete die Schonfrist, seitdem und noch bis Mitte Januar dürfen die Tiere nicht nur gejagt werden, "sie müssen bejagt werden", sagt Erich Reichert, Vorsitzender der Jäger in Stadt und Landkreis Fürth. Doch mit der Vermarktung tut sich die Jägerschaft schwer. Corona hat dieses Problem noch verschärft. Reichert erklärt die Hintergründe.

FN: Herr Reichert, Sie klagen über Absatzprobleme. Was machen Sie zurzeit mit erlegten Rehen, kommen die in die Tierverwertung oder schmeißen sie die etwa weg?

Reichert: Nein, nein, keiner schießt ein Reh, um es hinterher einzugraben. Doch die Abschusspläne müssen erfüllt werden.

FN: Diese Abschusspläne werden alle drei Jahre erstellt und geben vor, wie viele Tiere die rund 500 Jäger im Landkreis erlegen müssen. Von wie vielen Rehen, die auf den Teller kommen könnten, sprechen wir denn da?

Reichert: Von etwa 1800 Stück Reh.

Rehfleisch: Jägern ist die Gastronomie weggebrochen

© Foto: Sabine Dietz

FN: Und die haben jetzt alle mangels Absatzmöglichkeiten außer der Reihe Schonzeit?

Reichert: Nein, das natürlich nicht, aber ich gehe schon davon aus, dass die Jäger das eine oder andere Reh weniger geschossen haben. Und die Möglichkeit, das Wild an den Wildbret-Händler abzugeben, der die Tiere im Stück, aber eben zu sehr schlechten Konditionen abnimmt, besteht immer.

FN: Was verstehen Sie unter schlechten Konditionen?

Reichert: Mit vier Euro pro Kilo war der Preis schon vor Corona über Jahre hinweg nicht sehr hoch, im Januar wies die Preisliste noch 4,20 Euro aus, im März fiel er auf nur noch 2 Euro ab. Sprich: Für einen Jährling bekommt man vielleicht noch 25 Euro, das ist nicht befriedigend und spiegelt auch nicht den Wert dieses Lebensmittels wider. Und mit dem Lockdown sind uns zeitweise auch die Gaststätten als wichtige Abnehmer komplett weggebrochen.

FN: Was spricht denn für den Wert von Wildbret?

Reichert: Wildbret ist ein absolut gesundes, hochwertiges Lebensmittel, nicht nur fettarm, sondern nahezu fettfrei und nährstoffreich, regional, ökologisch und nachhaltig, denn wir entnehmen nicht mehr als nachwächst. Ein Reh hat sich sein ganzes Leben lang frei bewegt und nur das geäst, was die Natur bietet. Selbst da ist es sehr wählerisch, zupft nur da ein Gräschen und dort eine Knospe.

Direktvermarktung: Wild in Zwei-Personen-Portionen zerlegen

FN: Immer mehr Menschen essen gesund, am besten bio, und machen sich Gedanken über die Herkunft. Die Direktvermarktung hat in der Corona-Krise einen Boom erlebt, das müsste Ihrem Wildbret-Angebot doch auch entgegenkommen?

Reichert: Da so schnell nachzuziehen, ist uns leider nicht gelungen. Aber ich bin mir sicher, dass sich mittlerweile der eine oder andere doch Gedanken macht, sich eine Wildkammer mit Kühlung einzurichten. Ich gehöre zu den Jägern, die sich über Jahre hinweg einen Kundenstamm aufgebaut haben, ich bekomme mein Wildbret noch gut los. Das heißt aber auch, ich muss mir die Zeit nehmen, das Wild in Zwei-Personen-Portionen zu zerlegen.


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FN: Sie haben die Wildkammer angesprochen, die Voraussetzung für die Direktvermarktung von Wildbret ist. Was muss ein Jäger denn generell mitbringen, will er Wildbret verkaufen?

Reichert: Da ist die besagte Wildkammer, die hygienische Ansprüche der Lebensmittelproduktion erfüllen und die auch von Behörden abgenommen werden muss – und jederzeit kontrolliert werden kann. Auch die Wildbret-Hygiene ist ein Schwerpunkt in der Ausbildung und Prüfungsfach in der Jägerprüfung. Man spricht da von der kundigen Person. Der Jäger ist Lebensmittelverarbeiter und -händler in einer Person. Er ist dafür verantwortlich, Wildbret frisch und in bester Qualität anzubieten. Und er ist derjenige, der im Zweifel auch direkt in der Verantwortung steht.

FN: Vielleicht täuscht der subjektive Eindruck, aber es findet sich doch in immer mehr Metzgertheken Wildbret, ist das kein Absatzmarkt für Sie?

Reichert: Aber meist ist das für die Metzgereien nur ein Saison-Geschäft, im Herbst oder in der Vorweihnachtszeit. In Gaststätten werden in dieser Zeit auch gern mal Wildwochen angeboten, was heuer natürlich auch fraglich ist. Wir setzen mit dem Jägermarkt, der vergangenes Jahr das erste Mal in Rütteldorf stattfand, auch auf dieses Saisongeschäft. Bei der Premiere haben uns die Leute fast überrannt. Wir haben ihn auch heuer geplant, Termin wäre der 15. November, aber wer weiß, was mit Corona noch kommt.


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FN: Rehfleisch ist beim Jäger in der Nachbarschaft zu haben, wirbt der Bayerische Jagdverband. Woher bekommen Interessierte Adressen?

Reichert: Wir veröffentlichen die Kontaktdaten von Direktvermarktern auf unserer Website, was allerdings wenig Resonanz findet, dabei würde diese Plattform über die Verlinkung auf die Direktvermarkterseite des Landkreises auch eine gute Zugriffshäufigkeit bieten. Aber notfalls einfach in der Nachbarschaft fragen, der nächste Jäger ist bestimmt nicht weit.

Info: http://www.jagd-bayernfuerth.de

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