Verhängnisvolle Indizien

Überfall auf Tankstelle in Oberasbach: Venezianische Maske entlarvt Fürther Räuber

12.1.2022, 17:32 Uhr
Überfall auf Tankstelle in Oberasbach: Venezianische Maske entlarvt Fürther Räuber

© NEWS5 / Oßwald

"Er trug eine weiß-rote Maske wie im Film. Das war keine normale Maske. Das war auch keine FFP2-Maske" - so erinnert sich der Kassierer (31) der Supol-Tankstelle/Oberasbach als Zeuge vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth.


"Natürlich hatte ich Angst um mein Leben", sagt er und schildert sein Entsetzen, als am 2. August 2020 plötzlich ein Mann, maskiert mit einer weiß-roten venezianischen Maske, die Tankstelle in Oberasbach betrat. Um seine Schuhe zu verbergen und vielleicht auch, um keine Spuren zu hinterlassen, hatte sich der Eindringling zusätzlich Plastiktüten über die Schuhe gestülpt.

Räuber mit Spielzeugpistole

Es war etwa 23 Uhr, der Mitarbeiter war alleine: "Ein Überfall - das war mir sofort klar. Der Typ hatte eine Pistole", sagt er. Der Mann warf ihm einen zerknüllten Zettel zu. Er befahl, "lese, was da draufsteht" und forderte: "Keine Panik!"


Der Kassierer musste das Wort "Überfall" auf dem Zettel nicht eigens lesen. Er griff in die Schublade der Kasse, legte 540 Euro auf den Verkaufstresen. Der Räuber nahm das Geld und flüchtete.
Der Kassierer arbeitet noch immer in der Tankstelle, doch bis heute werde ihm gegen 23 Uhr ein wenig mulmig, sagt er.

Fast eineinhalb Jahre nach der Tat sitzt er im Gerichtssaal des Landgerichts Nürnberg-Fürth nur wenige Meter entfernt von Peter W. (Name geändert) dem Mann, auf dessen Konto der Überfall geht.


Flankiert von seinem Rechtsanwalt Michael Spengler entschuldigt sich Peter W.: "Es tut mir sehr leid, ich bin der Mann hinter der Maske" räumt er ein. "Es war nur eine Spielzeugpistole, ich wollte dir wirklich nichts antun. Das konntest du natürlich nicht wissen. Aber ich hoffe, du kannst verarbeiten, was geschehen ist".


Nürnberg-Nord: Tankstellen-Überfall - Täter auf der Flucht


Überfälle sind bei Betreibern und Mitarbeitern von Tankstellen ein großes Thema, gerade nun, in der Pandemie, herrscht die Befürchtung, dass es durch das Tragen von Mund-Nasen-Schutz zu mehr Überfällen kommt - doch der Tankstellen-Mitarbeiter kann die Entschuldigung annehmen, die Worte des Angeklagten klingen "ehrlich" kommentiert er.


Verräterische Indizien: Tattoo und Maske

Die Sucht nach Drogen ist der Motor hinter dem Verbrechen: Peter W. wurde erst im Oktober 2019, von Holland kommend, beim Schmuggel von 1,3 Kilo Cannabis erwischt - das Amtsgericht Kleve (Nordrhein-Westfalen) verhängte im Januar 2021 dafür zweieinhalb Jahre Freiheitsstrafe. Einrücken musste Peter W. bislang nicht, denn er legte gegen das Urteil Berufung ein und als die Berufungsverhandlung im November 2021 angesetzt war, kam er einfach nicht.

Doch nun kommt hinzu: Nur wenige Wochen vor dem Überfall auf die Tankstelle, im Juli 2020, stieg W. in das Gartenhaus eines Bekannten ein - für diesen Einbruch hat das Amtsgericht Fürth Peter W. bereits zu neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die Vollstreckung dieser Strafe ist zur Bewährung ausgesetzt.

Was für Peter W. schwerer wiegt: Die Beute dieses Einbruchs – die venezianische Maske – entlarvt ihn nun als Tankstellen-Räuber.


W. ahnte nämlich nicht, dass der Besitzer der Gartenlaube zur Überwachung eine Wildkamera installiert hatte. Und eine der Aufnahmen zeigte eine Tätowierung am linken Handgelenk des Einbrechers. Ein Tattoo, das der Gartenhausbesitzer schon gesehen hatte - und zwar an der Hand von Peter W.

Sein Bekannter ein Einbrecher? Man kann sich die Überraschung des Mannes vorstellen, doch es kam noch dicker: Als öffentlich nach dem Tankstellen-Räuber von Oberasbach gefahndet wurde, war klar - dessen Verkleidung, die weiß-rote Faschingsmaske, sie stammt aus dem Gartenhaus.

Hausdurchsuchung: SEK stand vor der Tür


Am 18. November 2020 stand ein Sondereinsatzkommando der Polizei vor der Tür des Verdächtigen. Es folgte eine Hausdurchsuchung, Peter W. warf heimlich ein Handy aus dem Fenster, offenbar um Beweise verschwinden zu lassen.

Doch das Handy fiel einem Polizisten fast auf den Kopf, inzwischen wurden darauf auch Fotografien von Drogen sichergestellt.

Nun muss Peter W. mit einer Gesamtstrafe für alle seine Taten rechnen: Räuberische Erpressung lautet der aktuelle Vorwurf, die Strafen des Amtsgerichts Kleve und des Amtsgerichts Fürth werden in das Urteil einfließen.

Konsum: 100 Gramm Cannabis im Monat

Gut möglich, dass Peter W. erst eine Haftstrafe im Gefängnis verbüßen muss und die Richter anschließend eine Therapie in einer Entzugsklinik anordnen. W. selbst gibt seinen Cannabis-Konsum mit 100 Gramm monatlich an - um diese Behauptung durch die Rechtsmedizin zu überprüfen, wurde ihm im Gerichtssaal eine Haarsträhne abgeschnitten. Die Analyse wird bereits Ende Januar erwartet, dann will die 2. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth ihr Urteil sprechen.

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