Veitsbronn: Amtsblatt war klar rechtswidrig

22.3.2020, 18:39 Uhr
Veitsbronner Bürgermeister Kistner will den Rechtsstreit beilegen.

© Matthias Kronau Veitsbronner Bürgermeister Kistner will den Rechtsstreit beilegen.

Der Vorsitzende Richter der 19. Zivilkammer am Landgericht Nürnberg-Fürth fand deutliche Worte. Rainer Beisenwenger empfahl dem Veitsbronner Bürgermeister Marco Kistner dringend, sich gut zu überlegen, ob er weiter Steuergelder verbrennen wolle in einem schier aussichtslosen Rechtsstreit. Noch am selben Abend beschloss der Veitsbronner Gemeinderat, die Konsequenzen zu ziehen und die juristische Auseinandersetzung so schnell wie möglich zu beenden.

Zwei Jahre hat sich der Rechtsstreit hingezogen und in der Gemeinde im Landkreis Fürth viel Staub aufgewirbelt. Der juristische Gegner und Sieger vor drei Gerichten ist der Verlag Nürnberger Presse, in dem unter anderem die Fürther Nachrichten erscheinen. Die Rechtsabteilung des Verlagshauses hatte geklagt, weil das "Veitsbronner Gemeindeblatt" den Charakter eines Amtsblattes längst verloren habe, nicht mehr als amtliche Publikation erkennbar sei und – auch nach Meinung hochrangiger Richter – mit seinen zwischen 68 und bis zu über 100 Seiten und strotzend vor Anzeigen "mehr einem lokalen, boulevardmäßig aufgemachten Printmagazin" entspreche. Hauptärgernis: Das "Gemeindeblatt" mit der Kommune als Herausgeberin verstößt in dieser Form gegen das Gebot der Staatsfreiheit, der Staatsferne der Presse. Denn grundsätzlich ist es dem Staat und auch jeder Kommune verboten, durch Verbreitung eigener Presseerzeugnisse in Konkurrenz mit privaten Verlagen zu treten – ein Gebot zum Schutz der freien Presse.

Gemeinderat hat Schlupfloch gesucht

Logischerweise verbot das Oberlandesgericht Nürnberg der Verwaltungsgemeinschaft Veitsbronn-Seukendorf als damaliger Herausgeberin mit Urteil vom 25. Juni 2019 die Verbreitung des "Gemeindeblattes" in jener Form. Daraufhin versuchte der Gemeinderat, das Verbot zu unterlaufen, indem die Herausgeberschaft auf die Gemeinde Veitsbronn übertragen wurde. Gleichwohl untersagte das Landgericht am 8. November die erneute Verbreitung einer klar wettbewerbswidrigen Ausgabe.

Also suchte der Gemeinderat ein weiteres Schlupfloch: Die gerichtlichen Verbote sollten konterkariert werden, indem die Herausgabe einer privaten Werbeagentur und die wirtschaftlichen Aufgaben einem privaten Verlag übergeben wurden. Diese "Umgehungsstrategie" durchkreuzte das Landgericht nun mit Urteil vom 27. Februar 2020 und verbot die rechtswidrige Ausgabe wiederum. Gegen das Vorgehen Veitsbronns hat sich der Verlag Nürnberger Presse auch mit der Aufforderung ans Landratsamt Fürth gewehrt, die Gemeinde anzuweisen, sich rechtstreu zu verhalten. Das Amt freilich meinte, bei einer zivilrechtlichen Angelegenheit habe es als Kommunalaufsicht keine "rechtliche Handlungskompetenz".

Bürgermeister will mit sofortiger Wirkung reagieren

Der in Medienfragen bundesweit anerkannte Rechtsanwalt Dr. Michael Rath-Glawatz, der hier den Verlag der NN vertritt, hielt den "offenkundigen Umstand" entgegen, "dass Veitsbronn trickreich versucht, sich über geltendes Recht hinwegzusetzen". Dies werfe auch die von Richter Beisenwenger thematisierte Frage auf, "inwieweit es haushaltsrechtlich verantwortbar ist, öffentliche Gelder für derartige Prozesse auszugeben, nachdem bereits höchstrichterlich entschieden ist, in welchem Rahmen kommunale Amtsblätter zulässig sind". Dies alles mache das Einschreiten der Aufsicht unerlässlich.

Doch weitere Schritte könnten sich erübrigen, denn Veitsbronns Bürgermeister Kistner hat noch am Abend des letzten Endurteils in einer Sitzung des Gemeinderates über die Tragweite berichtet. Er unterbreitete in nicht-öffentlicher Sitzung den Vorschlag, mit sofortiger Wirkung zu reagieren, wie Kistner gestern auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte.

VNP hat legitimes Interesse vieler Medienhäuser vertreten

Das heißt: Auf Werbung wird verzichtet, das Titelbild muss einen Bezug zu gemeindlichen Angelegenheiten haben und Vereinsberichte finden nur als Ankündigung statt. Nachdem der Inhalt dann auf das reine Amtsblatt reduziert wäre, erzielt auch niemand mehr Einnahmen daraus; die eingeschaltete Agentur braucht man nicht mehr.

Wie die Räte auf diesen Vorschlag reagiert haben? "Gehen Sie davon aus, dass er dann unumstritten war", sagt Kistner. Er geht davon aus, dass nun in der Gemeinde auch Schuldzuweisungen an die Zeitung ein Ende finden. Denn Kistner ist klar, dass hier nicht "Goliath gegen David" vorgegangen ist, sondern der Verlag Nürnberger Presse, bundesweit stellvertretend, die legitimen Interessen vieler Medienhäuser vertreten hat.

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