Nach Verdachtsfällen

Wirbel um Schnelltests: Fürths Gesundheitsamt soll mehr kontrollieren

2.6.2021, 06:00 Uhr
Wirbel um Schnelltests: Fürths Gesundheitsamt soll mehr kontrollieren

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Mit Schnelltest-Stationen lässt sich Geld verdienen. Rasch haben Betrüger offenbar Wege gefunden, das auszunutzen: Sie sollen viel mehr Tests abgerechnet als durchgeführt haben. Durch Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung wurden mehrere Verdachtsfälle bekannt.


Bayern: Mindestens zwei Verdachtsfälle von Betrug in Testzentren


18 Euro zahlt der Staat bislang pro Test. Der Bund trägt die Kosten – in der Verantwortung für die Kontrollen aber sieht Gesundheitsminister Jens Spahn (CSU) andere: die Gesundheitsämter. Das Gesundheitsamt für die Stadt und den Landkreis Fürth, angesiedelt am Landratsamt in Zirndorf, bekam am Dienstag bereits die Nachricht, dass Überprüfungen nicht mehr nur anlassbezogen, sondern generell zu leisten sind. Wie das genau aussehen kann, sei jetzt zu klären, so Landratsamtssprecher Christian Ell.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek kündigte am Dienstag unangemeldete Checks an: Die Kreisverwaltungsbehörden seien angewiesen worden, die Kontrollen aller Teststellen noch intensiver zu verfolgen und dabei jede Stelle noch einmal zu überprüfen. Dabei gehe es sowohl um die ordnungsgemäße Durchführung als auch um die Einhaltung der Hygienevorschriften.

Auch in Fürth sind in den vergangenen Wochen viele Schnelltest-Angebote entstanden: Es wird vor Baumärkten und Möbelhäusern getestet, an der Moschee, im Gasthaus, im Sportwettbüro... Manche dürfte nun die Frage umtreiben, ob jede der Stellen seriös ist.

Neben den sechs Testzentren, die AGNF und BRK im Auftrag von Stadt und Landkreis betreiben, und den Apotheken gibt es inzwischen 29 Teststationen in Stadt und Landkreis, die "vom Gesundheitsamt offiziell beauftragt" sind, so Ell.

Sie können, wenn man Zweifel hat, die Beauftragung durch das Gesundheitsamt vorlegen oder die Online-Registrierung beim bayerischen Gesundheitsministerium, die allerdings nur mit einer Bestätigung durchs Gesundheitsamt zum Testen berechtigt. Und sie können sich in den Überblick auf den Internetseiten von Stadt und Landkreis aufnehmen lassen. Teststationen, die von Apotheken oder unter ärztlicher Leitung betrieben werden, benötigen keine Beauftragung.

Online-Schulungen reichen nicht

Schnelltestzentren, die offiziell anerkannt werden wollen, müssen einen Hygieneplan und Schulungsnachweise vorlegen. Online-Schulungen reichen nicht, sagt Ell. Beschwerden über Anbieter würden dokumentiert, teilweise ziehen sie Kontrollen nach sich. Die Abrechnung wiederum erfolge ausschließlich über die Kassenärztliche Vereinigung Bayern.

Die Gesundheitsämter sind mit der Pandemiebekämpfung ausgelastet, sagt Fürths OB Thomas Jung. Er sieht bei Verdachtsfällen neben Polizei und Justiz vor allem den Bund in der Pflicht. Er zahle schließlich, sei also das Opfer.

Noch fragen sich allerdings viele, wie die Abrechnungspraxis überhaupt kontrolliert werden kann. Der Nachweis über die Testkits, die ein Anbieter gekauft hat, sagt ja nichts darüber aus, wie viele Abstriche er tatsächlich durchgeführt hat. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach mahnte zudem, auch die Test-Qualität im Blick zu behalten. Er glaube, das alles werde nur stichprobenweise überprüfbar sein.


Betrug bei Corona-Tests: Den Absahnern viel zu leicht gemacht


"Es ist eine unschöne Geschichte", sagt Arthur Sieder, Katastrophenschutzbeauftragter des Fürther BRK, "weil es andere in Verruf bringt, die ordnungsgemäß arbeiten." Mit der AGNF kooperiert der Wohltätigkeitsverband inzwischen bei sechs Schnelltestzentren, in denen Sieder zufolge seit März insgesamt 32.000 Abstriche genommen wurden.

Am meisten frequentiert sind die Stationen im Katastrophenschutzzentrum in Atzenhof und im BRK-Heim in Stein, die auch am Wochenende geöffnet sind. An manchen Tagen kommen bis zu 350 Menschen her.

Die Ergänzung durch andere Anbieter sei nötig, um die große Nachfrage zu bedienen, sagt Sieder. Der Bedarf jedoch wird sich nun verändern: Weil Fürths Inzidenz heute mit 38,1den fünften Tag in Folge unter 50 liegt, kommen ab Freitag weitere Lockerungen. Wenn die Regierung von Mittelfranken zustimmt, was als Formsache gilt, entfällt dann die Testpflicht in vielen Bereichen, etwa beim Biergarten-, Museums- oder Freibadbesuch, wie es im Landkreis schon geschehen ist.

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