Begleiter für Schwertransporte: Wenn Panzer zum Üben anrücken

25.3.2021, 17:20 Uhr
Begleiter für Schwertransporte: Wenn Panzer zum Üben anrücken

© Foto: Marianne Natalis

Auf dem Schießwasen stehen zwei große Sattelzüge, beladen mit Panzern der Bundeswehr. Um sie herum haben sich ein paar Männer in leuchtend neongelber Kleidung versammelt, die mit riesigen Maßbändern und Zollstöcken den Sattelzug samt Ladung akribisch ausmessen. Denn bei einem Schwertransport geht es um jeden Zentimeter.

2017 startete in Bayern das Pilotprojekt, in dessen Rahmen nach und nach die Polizei von der Aufgabe, Schwertransporte zu begleiten, entbunden werden soll. Übernehmen sollen dies private Unternehmen. Doch nicht jeder kann einfach einen großen Schwertransport begleiten, dazu ist eine aufwendige Schulung notwendig. Und ein Teil davon ging eben nun auf dem Schießwasen über die Bühne.

Funktionieren Licht und Blinker?

Hartmut Sauer von der Regierung von Mittelfranken leitet die zweiwöchigen Seminare. Coronabedingt sind diesmal nur zehn Teilnehmer zugelassen, normalerweise sind es 24 Auszubildende. Den theoretischen Teil haben sie bereits im Altmühlsee-Informationszentrum in Muhr am See absolviert, auf dem Schießwasen steht im praktischen Teil zunächst die Abfahrtskontrolle auf dem Stundenplan.


Mega-Schwertransport rollte durch Franken: Nadelöhr in Unterwurmbach


Dabei muss sowohl der Sattelzug, als auch das Transportgut genauestens unter die Lupe genommen werden. Nicht nur die technischen Anlagen – funktionieren Licht und Blinker? – werden überprüft, auch die Ladung muss genau beschrieben, ihre Maße und das Gewicht registriert werden. Begleiter von Schwertransporten müssen zudem auch die Sicherung der Ladung und die Sicherheit des Transportfahrzeugs in Augenschein nehmen. Sind alle wichtigen Daten aufgenommen und in den "Nachweis Abfahrtskontrolle für Bayerische Verwaltungshelfer" – so heißen die privaten Schwertransportbegleiter offiziell – eingetragen, geht es in die wartenden Fahrzeuge.

Die Sattelzüge bleiben aber vorerst stehen. Denn bevor hier der Anlasser betätigt wird, muss zunächst noch die für den Transport vorgesehene Strecke abgefahren und mögliche Hindernisse entdeckt werden. Besteht etwa die Gefahr, dass der Transport mit einem Verkehrszeichen kollidieren könnte, dann muss dieses, kurz bevor der Sattelzug die Stelle passiert, abmontiert und gleich anschließend wieder aufgestellt werden.

Die Matrix gibt das Tempo vor

Als letzter Schritt der Ausbildung heißt es einsteigen in das BF4, wie das Begleitfahrzeug 4 im Fachjargon heißt. Es ist laut Sauer "die höchste Stufe" für Schwertransporte. Neben der hellgelben Farbe sticht bei dem Sprinter vor allem die sogenannte "Matrix" auf dem Dach ins Auge. Dieser drehbare Aufsatz hat ein Display, auf dem Verkehrszeichen dargestellt werden können. Prangt darauf etwa eine 60 im roten Kreis, dann wissen entgegenkommende Verkehrsteilnehmer, dass sie den Sattelzug höchstens in dieser Geschwindigkeit passieren dürfen. Dazwischen ermahnt das Ausrufezeichen im roten Kreis die Autofahrer zu erhöhter Aufmerksamkeit.

Für die Ausbildungsteilnehmer startet der Praxistest am Morgen in der Kaserne in Roth. Von dort geht es über Land ins Altmühltal und über Dittenheim weiter nach Gnotzheim. Zu Füßen des Gelben Bergs ist ein technischer Halt auf freier Strecke geplant. Schließlich geht es über die B 466, die B 13 und die Weißenburger Straße zurück auf den Schießwasen.


1978 rollten die Panzer durchs Altmühltal


Noch werden Schwertransporte auch von der Polizei begleitet, doch das soll sich laut Sauer "baldmöglichst" ändern, denn diese Aufgabe sei "eigentlich nicht das Geschäft der Polizei". Dann kommen die Ordnungshüter nur noch bei ganz speziellen Transporten zum Einsatz. Wer künftig einen Schwertransport auf die Straße bringen will, muss die Dienste einer privaten Firma in Anspruch nehmen – und dafür bezahlen. Oder das Unternehmen schickt eigene Mitarbeiter zu einer solchen Schulung, das lohnt sich etwa für große Betriebe wie die Firma Bosch, die ja immer wieder übergroße Kessel zu ihren Kunden bringen muss.

Bundeswehr ist ein "angenehmer Partner"

Bei rund 90 Prozent der Schulungen stellt die Bundeswehr sowohl Sattelzug als auch Transportgut – in Form von Panzern. In Gunzenhausen sind es ein Kampf- und ein Bergepanzer. Davon profitieren laut Sauer nicht nur seine Kursteilnehmer, sondern auch die Soldaten. Sie werden ebenfalls zu Begleitern ausgebildet und trainieren zudem das Verladen der Panzer. Die Zusammenarbeit klappt laut Sauer hervorragend, die Bundeswehr sei ein "angenehmer Partner".

Hartmut Sauer kommt aus Gunzenhausen und leitet diese Ausbildungen bayernweit. Normalerweise finden sie im Fichtelgebirge oder in Straubing – vom dortigen Polizeiverwaltungsamt kommen die Dozenten – statt. Doch der Landesbeauftragte für Verfahrensmanagement für Großraum- und Schwertransporter, so sein offizieller Titel, wollte das Seminar eben auch einmal in seiner Heimat anbieten. Sauer muss übrigens keine Angst haben, dass ihm irgendwann die Arbeit ausgeht: Begleiter von Schwertransporten müssen ihr Wissen alle drei Jahre in einer Schulung auffrischen.

Keine Kommentare