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Soziale Medien: Die Gefahren für Kinder im Netz

10.10.2021, 15:15 Uhr
Soziale Medien: Die Gefahren für Kinder im Netz

© Foto: Silvia Marks

Es ist ein normaler Unterrichtstag im Juli, als Grundschulleiter Herbert Brumm der enorme Einfluss der digitalen Welt auf seine Schulkinder schlagartig bewusst wird. Er ist in diesem Moment zu Besuch in einem Klassenzimmer.

Die Schüler sollen auf ein Blatt jemanden malen, der ihnen ein Vorbild ist. Fußballer wie Lewandowski oder Podolski waren hier früher hoch im Kurs. Jetzt steht Herbert Brumm über die Schulter eines achtjährigen Jungen gebeugt da und runzelt irritiert die Stirn. "Wer ist denn das?", möchte er wissen. "Kennen Sie die nicht?", fragt das Kind voller Unglauben. Es nennt irgendwelche Namen, von denen Brumm noch nie gehört hat. "Das ist die Influencerin, ihr Influencer-Freund und der Hund der Influencerin."

Die Kinder und Jugendlichen von heute bewegen sich – beschleunigt durch das digitale Homeschooling, das während der Pandemie nötig geworden ist – nun schon viel früher in einer Welt, die von sozialen Medien durchdrungen ist. Eine Zeit lang war es nur über Whatsapp, Snapchat und Tiktok möglich, den Kontakt zu Schulfreundinnen und -freunden aufrechtzuhalten.

Mehrheit hat ein Smartphone

Das hat zu einer Vermehrung der digitalen Endgeräte geführt, wie der Leiter der Grundschule zu berichten weiß: Schätzungsweise die Hälfte bis drei Viertel der Dritt- und Viertklässler besitzen bereits ein Smartphone.

Gleichzeitig ist die Nutzung von Whatsapp eigentlich erst ab 16 Jahren zugelassen. Aber: Zurückdrehen lasse sich das Rad nun einmal nicht mehr. Umso wichtiger sei es nun, die Kinder entsprechend zu erziehen. "Das ist genauso wichtig wie die Erziehung eines Jugendlichen, bevor dieser mit seinem Auto am Straßenverkehr teilnimmt", findet Brumm.


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Aus diesem Grund veranstaltet die Treuchtlinger Grundschule derzeit zwei Elternabende, bei denen eine Hauptkriminalkommissarin über die Gefahren in der digitalen Welt aufklärt. Am morgigen Dienstagabend um 19.30 Uhr findet der zweite Termin in Wettelsheim statt, interessierte Eltern von Grundschülern können sich noch per Mail bei der Klassenlehrkraft ihres Kindes anmelden.

Ausgrenzung und Gewalt

Auf Plattformen wie Youtube sowie in Whatsapp-Gruppen verbreiten sich Darstellungen von Gewalt und Pornografie extrem schnell. Persönliche Daten und Fotos werden leichtfertig preisgegeben und vielfach geteilt, was schlimme Folgen haben kann, auch für die Psyche eines Kindes. Es kommt zu Cybermobbing unter Kindern – dafür kann auch Herbert Brumm einige Beispiele nennen.

Los gehe es bei der Gründung von Whatsapp-Gruppen zur Kommunikation untereinander, in denen einzelne Kinder bewusst ausgeschlossen werden. Gerade bei den Mädchen der 4. Klassen sei das Chatten ein großes Thema. Ein weiteres Extrem-Beispiel ist der Fall einer Zehnjährigen, die im Schulbus eine Mitschülerin gefilmt hat. Dieses Video habe sie, untermalt von einer Art Rap, in dem sie das Mädchen als dumm und blöd beschimpft hat, auf Tiktok hochgeladen.

Hinterher, als ihre Eltern zur Klärung des Falles in die Schule kamen, habe eben dieses Mädchen heftig geweint. "Den Kindern wird der Schaden, den sie durch so etwas anrichten, erst später bewusst", versucht sich Herbert Brumm an einer Erklärung. Dann ist es aber nicht mehr möglich, die Inhalte endgültig aus dem Netz zu löschen.

Die einzige Möglichkeit, solchen Situationen beizukommen, besteht nun in zeitnahen Maßnahmen zur Prävention und Sensibilisierung. In den nächsten Wochen sollen einige Lehramtsstudierende, die derzeit an der Treuchtlinger Grundschule aushelfen, Unterrichtsstunden zu richtigem Verhalten und Gefahren in den sozialen Medien und dem Internet halten.

Man setze hier bewusst auf Kollegen, die selbst in sozialen Medien aktiv sind und bei denen der Altersunterschied nicht so groß sei, erklärt der Schulleiter. Ohne die Mithilfe der Eltern gehe es aber nicht, bekräftigt er. Wenn es in einer Klasse bereits zu Cybermobbing gekommen ist, beraubt Herbert Brumm den Vorfall bewusst seiner Anonymität und konfrontiert die Schülerinnen und Schüler mit seinem Wissen.


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"Wir beobachten dich" und "Du bist dran, wenn wir dich erwischen", hatten einige Schulkinder einst anonym an einen ihrer Mitschüler geschrieben. Als er der Klasse erklärte, dass er damit zur Kriminalpolizei gehen würde, wurde es damals mucksmäuschenstill. Seine Schützlinge hatten das gar nicht fassen können. Brumm dazu: "Wir müssen Verantwortung für das Verhalten der Kinder übernehmen" – und genau das müssen nun auch die Eltern tun.

Tipps zur Mediensicherheit bieten die Internetseiten Klicksafe und die Beratung der Polizei. Vor unerwünschten Internetseiten mit sexuellen oder rechtsradikalen Inhalten bieten der Google Family Link und die Funktion Safe Search eine gewisse Sicherheit.

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