Hochwasser in Deutschland

Kampf gegen die Flut: Helfer aus Franken sind im Katastrophengebiet im Dauereinsatz

19.7.2021, 12:17 Uhr
Unterspülte Straßen, vollgelaufene Keller, angeschwemmter Hausrat: In vielen Gebieten in Westdeutschland ist nach der Flut nichts mehr, wie es einmal war.

© Marius Becker, dpa Unterspülte Straßen, vollgelaufene Keller, angeschwemmter Hausrat: In vielen Gebieten in Westdeutschland ist nach der Flut nichts mehr, wie es einmal war.

Sie haben bereits zwei Tage im Katastrophengebiet hinter sich, ein Ende der Aufräumarbeiten ist aber noch lange nicht in Sicht: In den besonders vom Hochwasser betroffenen Gebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sind seit Samstag zahlreiche Helfer des Technischen Hilfswerks (THW) und des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) im Einsatz.

Die Hauptarbeit des THW besteht derzeit darin, Wasser aus überfluteten Häusern abzupumpen.

Die Hauptarbeit des THW besteht derzeit darin, Wasser aus überfluteten Häusern abzupumpen. © Technisches Hilfswerk

Kräfte des THW aus Erlangen wurden nach Erfstadt beordert, einer Stadt südwestlich von Köln, die mit am stärksten von der Flut getroffen wurde. Dort halfen sie in höchster Not: Ein Seniorenheim musste evakuiert werden, als das Wasser immer weiter stieg. Nachdem die Bewohner in Sicherheit waren, pumpten die Helfer nach und nach die überfluteten Räume leer. Mit ihrer Technik können die Einsatzkräfte rund 15.000 Liter pro Stunde abpumpen. Und auch beim Wiederaufbau der Infrastruktur halfen die Erlanger. Wegen des Hochwassers war das Klärwerk in Erfstadt ausgefallen, inzwischen ist es wieder in Betrieb.

Auch in Stolberg nahe Aachen sind Kräfte aus der Region im Einsatz. In der kleinen Stadt wurden ganze Straßen weggerissen, in den Kellern stauen sich Wasser und Schlamm, auf den Wegen stapelt sich Treibgut, dass von der Flut weggerissen wurde. THWler aus Schwabach und Baiersdorf helfen aktuell dabei, Keller und Tiefgaragen wieder trocken zu legen. Auch eine überschwemmte Glasfabrik wurde leer gepumpt.

Stromversorgung unterbrochen

Für die Menschen vor Ort wird neben der Zerstörung ihres Hab und Gut und den zahlreichen Todesfällen aktuell auch eine ganz praktische Sache zum Problem: Sie haben keinen Strom. Die Fachgruppe für Elektroversorgung des THW schließt daher nach und nach Hauptverteilerkästen wieder an das Ortsnetz an, damit die Trafostationen wieder funktionieren. Davor wurde provisorisch mit Aggregaten und Strahlern Abhilfe geschafft, um die Menschen vor Ort mit Strom und Licht zu versorgen, wie ein THW-Helfer im Interview erzählt.

In Rheinland-Pfalz sind dagegen zahlreiche Kräfte des BRK aktiv. 170 Ehrenamtliche trafen am Samstag in dem Bundesland ein, in dem es bisher die meisten Todesopfer gibt. Nach 72 Stunden werden sie nun abgelöst - Kräfte aus Oberfranken reisen am Montag an, um dann nach einer Einweisung die Arbeit vor Ort zu übernehmen.

Logistischer Kraftakt

Die Koordination der Einsatzkräfte ist ein gewaltiger logistischer Kraftakt. An manchen Stellen läuft die Verteilung der Ressourcen offenbar nicht reibungslos. Manche Helfer fuhren ohne einen einzigen Einsatz im Katastrophengebiet zurück nach Franken. Und auch an den Schutzmechanismen vor dem Eintreten des Hochwassers regt sich inzwischen Kritik, die Menschen vor Ort seien nicht rechtzeitig informiert worden, obwohl Warnungen vor Starkregen und möglichen Überschwemmungen vorgelegen hätten.

Der ehemalige Chef des Deutschen Feuerwehrverbandes Hartmut Ziebs schlug etwa vor, wieder mehr auf Sirenen zur Frühwarnung zu setzen. "Wir sind schon seit Jahren daran, ein vernünftiges Warnsystem aufzubauen. Das hat immer noch nicht so richtig funktioniert", kritisierte Ziebs im phoenix-Interview. Der Bürgermeister von Simbach am Inn, dessen Ort vor fünf Jahren von einer Flut verwüstet wurde, sieht die jetzige Kritik am Katastrophenschutz mit gemischten Gefühlen. "Ich denke nicht, dass der Katastrophenschutz versagt hat, es ist eine sehr, sehr schwierige Sache, die Warnungen zeitgerecht hinzubekommen", sagte Klaus Schmid (CSU) der Deutschen Presse-Agentur.

Keine Kommentare