Kommentar zur Regierungserklärung

Kein Rückhalt: Söders Korsett ist zu eng geschnürt

21.7.2021, 18:14 Uhr
Markus Söder betont, wie wichtig der Klimaschutz sei. Er spricht von einem "Weckruf".

© Matthias Balk, dpa Markus Söder betont, wie wichtig der Klimaschutz sei. Er spricht von einem "Weckruf".

Markus Söder bettete seine Regierungserklärung in wuchtige, mahnende Worte. Und wer den Klimawandel nicht leugnet, sondern ernst nimmt, der konnte ihm bei seinen Appellen an die Vernunft kaum widersprechen. Die Menschheit muss umsteuern, will sie den nachfolgenden Generationen nicht einen Scherbenhaufen hinterlassen.

Doch das, was Söder als Lösungsansatz angeboten hat, ist überraschend dünn. Der CSU-Politiker zieht zwar schon wieder pompös die Klimaziele vor; Bayern soll nun bis 2040 klimaneutral wirtschaften. Wie er das aber erreichen will, lässt er weitgehend offen. Dafür dürfte es mehrere Gründe geben. Denn das Ziel ist mehr als ambitioniert. Wer es erreichen will, muss tatsächlich hart eingreifen, weit härter, als Söder das plant.

Verzerrtes Bild

Allein der Blick auf den Energieverbrauch zeigt, wohin die Reise gehen muss. Zwar produziert der Freistaat anteilig immer mehr erneuerbare Energien. Doch das Bild ist verzerrt. Denn mit jedem Abschalten eines Atomkraftwerks sinkt der Anteil des heimischen schmutzig produzierten Stroms zwangsläufig, steigt rein optisch im Verhältnis der grüne Strom. Der importierte Strom aber bleibt hier außen vor.


Bayern will 22 Milliarden in den Klimaschutz stecken


Aussagekräftiger ist deshalb, wie hoch der Anteil der Erneuerbaren an der verbrauchten Energie tatsächlich ist. Er lag 2019 bei knapp einem Fünftel. Will Söder wirklich das Land bis 2040 klimaneutral aufstellen, muss er weit mehr bieten als das, was er in seiner Regierungserklärung angekündigt hat. 500 neue Windkrafträder und ein paar neue Solaranlagen können kaum die fünffache Menge an erneuerbaren Energien produzieren.

Söder dürfte das bekannt sein. Doch er ist gefangen in einer Koalition, in der sich Freie Wähler und CSU an den entscheidenden Stellen blockieren. Und er ist umgeben von CSU-Politikern, die den Klimawandel zwar sehen, die passenden Maßnahmen aber scheuen, weil sie es sich mit ihren Wählern und mit der Wirtschaft nicht verderben wollen. Es ist ein Korsett, das für Söder zu eng geschnürt ist. Dass er etwa bei den Solardächern jetzt Berlin um Hilfe bitten muss, lässt erahnen, wie beschränkt seine Autorität im Moment ist.

Hätte Söder an diesem Tag ernsthaft über den Klimaschutz diskutieren wollen, er hätte das Klimaschutzgesetz vorlegen müssen. Nicht seine wortreichen, aber letztlich inhaltsschwachen Ankündigungen sind die Leitplanken für den Klimaschutz; das Gesetz wird es sein.

Er konnte es nicht, weil die Regierenden zutiefst uneinig sind, wie der Fahrplan aussehen soll, wo die Ziele liegen und wie sie erreicht werden können. Darauf aber wird das Land noch eine Weile warten müssen. Söder aber hatte es eilig; er wollte im Bundestagswahlkampf unbedingt punkten bei Klimaschutz. Das ist ihm nicht gelungen. Er hätte wohl besser gewartet.

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