Kliniken holen Personal aus der Quarantäne zurück

15.1.2021, 06:00 Uhr
Auf den Intensivstationen arbeiten Schwestern und Pfleger derzeit am Anschlag. Erkrankt Personal, droht der Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung. Deshalb prüfen die Gesundheitsämter Ausnahmegenehmigungen für Mitarbeiter in Quarantäne.

© Marijan Murat, dpa Auf den Intensivstationen arbeiten Schwestern und Pfleger derzeit am Anschlag. Erkrankt Personal, droht der Zusammenbruch der Gesundheitsversorgung. Deshalb prüfen die Gesundheitsämter Ausnahmegenehmigungen für Mitarbeiter in Quarantäne.

Die Intensivstationen sind immer noch voll mit Covid-19-Patienten belegt, der Betrieb laufe "auf der letzten Rille", stöhnte vergangene Woche Prof. Harald Dormann, Leiter der Zentralen Notaufnahme und Pandemiebeauftragter im Klinikum Fürth. In Erlangen, Forchheim oder Neumarkt sieht die Lage nach Recherchen unserer Redaktion keinen Deut besser aus, oft sind sogar die Normalstationen ausgebucht, weil auch hier viele Corona-Infizierte liegen.

Wird medizinisches Personal krank, droht der Betrieb zusammenzubrechen. Dass in so einem Fall Ärzte, Schwestern und Pfleger weiter zur Arbeit gehen, obwohl sie zu Hause bleiben müssten, weiß auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU): „Die Wahrheit ist: Ohne diese Ausnahmeregelung wäre in manchen Regionen in Deutschland, in manchen Krankenhäusern und Altenpflegeeinrichtungen die Versorgung nicht möglich“, sagte er bereits Ende November bei einer digitalen Diskussionsveranstaltung des Netzwerks Pflege.

Kontinuierliche Tests sind nötig

Eine Sondererlaubnis kann nur das jeweilige Gesundheitsamt nach genauer Prüfung erteilen. Die Behörde in Nürnberg stellt pro Woche zwischen fünf und 15 solcher Ausnahmegenehmigung für Beschäftigte in den Kliniken der Stadt aus. Doch es gibt Bedingungen: "Die Kollegen müssen Symptom-frei sein, einen negativen Corona-Test vorlegen und sie müssen sich regelmäßig weiter testen lassen", sagt Philipp Bornschlegel, stellvertretender Amtsleiter.


Die Kliniken kämpfen ums Überleben


Nur mit sicherem Mundschutz und unter strengen Hygieneauflagen dürfen sie den Dienst am Patienten verrichten. Ohnehin gilt: Es werden im Ernstfall ausschließlich Beschäftigte auf Station zurück beordert, die sich als Kontaktpersonen von Infizierten in häuslicher Quarantäne befinden und beschwerdefrei sind.

Die allerletzte Maßnahme

Ein positiv auf Corona getesteter Arzt oder eine infizierte Schwester erhält in Nürnberg keine Sondererlaubnis zum Arbeiten. Nicht einmal dann, wenn die Infizierten ohne Symptome sind. Das Robert-Koch-Institut sehe deren Einsatz nur als "allerletzte Maßnahme" vor, um die Patientenversorgung zu sichern, sagt Bornschlegel. Zudem muss das Amt sich in so einem Fall mit der Regierung von Mittelfranken und dem bayerischen Gesundheitsministerium beraten, ehe der Stempel aufs Papier gedrückt werden kann.

Sabine Stoll, Sprecherin des Klinikums Nürnberg, weist darauf hin, dass es im Haus keine einzige Arbeits-Erlaubnis für positiv getestetes Personal gebe, dies würde gegen die Vorgaben des Vorstands und des klinikeigenen Instituts für Hygiene verstoßen.

Große Not in Ansbach

In anderen Krankenhäusern der Region dagegen ist die Not so riesig, dass man auf den letzten Rettungsanker zurückgreifen muss. Das Gesundheitsamt in Ansbach hat bereits Beschäftigte aus dem medizinisch-pflegerischen Bereich vorzeitig aus der Quarantäne entlassen, die einen positiven Corona-Befund aufwiesen, aber unter keinen Anzeichen der Erkrankung litten.

Im Bereich des Landkreises wie in der Stadt Ansbach "gab und gibt es solche Fälle, da ein Betrieb der Einrichtung sonst nicht möglich wäre", bestätigte ein Sprecher des Landratsamtes, an dem das staatliche Gesundheitsamt angesiedelt ist. Dort gibt es Kliniken in der Stadt Ansbach, in Dinkelsbühl, Rothenburg und Neuendettelsau sowie eine Praxisklinik in Feuchtwangen.

Über genaue Zahlen verfügt die Kreisbehörde nicht, für "zusätzliche statistische Datenanalyse" habe man in Coronazeiten keine Kapazität mehr, heißt es im Gesundheitsamt.

Eine Ausnahme in Erlangen

Das Gesundheitsamt in Erlangen, das für die Stadt wie für den Landkreis Erlangen-Höchstadt zuständig ist, meldet dagegen aktuell nur eine einzige Ausnahmegenehmigung für einen "Arzt in einer Schlüsselposition". Der Mediziner war selbst nicht Corona-positiv, sondern nach Hause beordert worden, weil er Kontakt zu einem Infizierten hatte.

Ähnlich agierte man im Gesundheitsamt Fürth. Für das Klinikum der Kleeblattstadt wurden seit Mitte November sieben Ausnahmegenehmigung ausgestellt, allesamt für beschwerdefreie Kontaktpersonen aus dem medizinischen Mitarbeiterstab. "Positiv getestete Mitarbeiter wurden und werden bei uns im Klinikum Fürth nicht eingesetzt", versichert Sprecherin Carmen Brückner.

Kein Kontakt zu Kollegen

Auch im Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz musste man Kontaktpersonen zurück in die Schicht holen, jedoch, wie andernorts auch, unter strengen Auflagen. Die Betroffenen mussten besondere Schutzkleidung tragen, ein Kontakttagebuch führen und durften mit Kollegen nicht zusammentreffen.

Im Klinikum Neumarkt arbeitet derzeit niemand per Sondererlaubnis. Die Schutzmaßnahmen würden dort so gut umgesetzt, dass Personalengpässe nicht mehr so häufig auftreten, betont Medizinaldirektorin Christa Büchl, Leiterin des Gesundheitsamtes Neumarkt.

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