Mit Tempo 111 durch die Region: "Sabine" schüttelt Bayern durch

11.2.2020, 06:46 Uhr
Dutzende sturmbedingte Einsätze gab es am Montag in der Region. Bäume waren entwurzelt, Dächer abgedeckt und Anhänger umgeweht worden.

© Julian Stratenschulte, dpa Dutzende sturmbedingte Einsätze gab es am Montag in der Region. Bäume waren entwurzelt, Dächer abgedeckt und Anhänger umgeweht worden.

Wo soll da eigentlich dieser angekündigte Monstersturm sein, mag sich manch einer nördlich von Nürnberg gefragt haben. Heftiger Wind gewiss, aber wahrlich kein Jahrhundertereignis. Bis auf einen umgestürzten Baum bei Niedermirsberg wurde etwa im Raum Forchheim kaum etwas vermeldet. In Erlangen blieb der Wochenmarkt vorsichtshalber geschlossen, die Schulen waren, wie überall in Bayern, dicht, die zuvor für diesen Tag vereinbarten Prüfungen an der Universität fanden aber statt. In Bamberg blieb die heftigste Windböe des Tages unter 80 Kilometern pro Stunde.

In Südbayern nahm der Sturm Fahrt auf

Ganz anders sah es allerdings südlich von Nürnberg aus, wo der Wind tatsächlich heftig hindurchfegte. Die stärkste Windböe wurde mit 111 km/h in Roth gemessen, aber auch der Altmühlsee, Weißenburg (beide 107 km/h) und Feuchtwangen (106 km/h) lagen nur knapp dahinter. Die stärkste gemessene Böe in bewohntem Gebiet in Bayern wurde bei Fürstenzell im Landkreis Passau gemessen, dort wurden 154 Kilometer pro Stunde erreicht. Am Großen Arber, mit 1456 Metern höchster Berg des Bayerischen Waldes, fegte der Orkan sogar mit bis zu 161 km/h.


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Im Bereich der Leitstelle Nürnberg vermeldete die Feuerwehr 184 sturmbedingte Einsätze, 85 davon in Nürnberg. Die mittelfränkische Polizei rückte wegen "Sabine" 350 Mal aus, insgesamt gab es in Franken und der Oberpfalz über 800 Einsätze. Vielerorts stürzten Bäume auf Straßen und parkende Autos, teils aber auch auf Häuser wie im Röthenbacher Ortsteil Haimendorf im Nürnberger Land. Das Haus wurde beschädigt, Verletzte gab es nicht. In Kornburg traf ein Baum einen Linienbus, verletzt wurde aber auch hier niemand.

In Heßdorf (Landkreis Erlangen-Höchstadt) wurde ein 20-Jähriger von einem umgewehten Anhänger erfasst und schwer am Kopf verletzt. In Katzwang im Süden Nürnbergs gab es gleich drei leicht Verletzte zu beklagen: die Bewohnerin eines Hauses, auf das ein Baum gestürzt war, ein Autofahrer, auf dessen Pkw ein Baum gestürzt war, sowie ein weiterer Fahrer, der auf den ersten auffuhr. In Würzburg stürzte ein Mann in den Main, konnte von Rettungstauchern aber noch bei Bewusstsein geborgen werden. Insgesamt wurden in Franken mindestens acht Menschen verletzt.

Zwei Tote in südpolnischem Skiort

Deutlich schlimmer erwischte es den südpolnischen Skiort Bukowina Tatrzanska, wo zwei Tote zu beklagen waren. Eine Frau und ihre Tochter wurden von herabfallenden Dachteilen erschlagen.

Zehntausende Haushalte in Bayern waren teils stundenlang ohne Strom, weil Bäume auf Leitungen gefallen waren. Betroffen waren zum Beispiel die Nürnberger Stadtteile Katzwang und Reichelsdorf sowie 15 Orte in den Landkreisen Ansbach und Roth. Die Bayernwerk AG sprach von 50.000 Haushalten ohne Strom in Bayern, im Bereich der N-Ergie waren etwa 5200 Haushalte betroffen.

Trockenheit bewahrt Forstbetrieb vor schlimmeren Schäden

Eigentlich braucht der Wald momentan dringend Regen. Vor allem im Januar ist in der Region kaum ein Tropfen gefallen. "Dass zu dem Sturm jetzt aber nicht auch noch heftige Regenfälle gekommen sind, hilft uns", meint Johannes Wurm, Leiter des Forstbetriebs Nürnberg der Bayerischen Staatsforsten.


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Wenn der Boden stark aufgeweicht gewesen wäre, wären die Bäume noch leichter umgekippt. Nach Wurms erster vorsichtiger Einschätzung zeichnet sich im Reichswald keine dramatische Situation ab. "Wir haben natürlich etliche Einzelwürfe, aber bisher wissen wir nichts von großen Schneisen", sagt er.

Weil die Waldarbeiter während des Sturms aber natürlich nicht im Forst unterwegs sind, hat der Forstbetrieb noch nicht die ganze Fläche im Blick. Bei einem großen Sommersturm im August etwa wurde der Wald auch auf den ersten Blick verschont, zwischen dem Schmausenbuck und Altdorf und im Rother Raum verursachte der Wind in schmalen Schneisen aber verheerende Folgen. Weil diese im Sommer mit ihren Blättern mehr Angriffsflächen bieten, waren auch viele Eichen und Buchen betroffen – anders als bei klassischen Winterstürmen, die vor allem Nadelbäume umwehen.

Falls es der nachlassende Wind zulässt, beginnen die Forstarbeiter heute, die Waldwege wieder freizuschneiden, sich einen umfassenden Überblick zu verschaffen und Bäume und Äste zu entfernen, die quasi nur noch am seidenen Faden hängen. Bis dahin warnt Wurm davor, sich im Wald aufzuhalten. "Angeschlagene Bäume können jederzeit auch nach dem Sturm noch umstürzen – ohne jede Vorwarnung", betont er.

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