Nach Vorfällen am Jamnitzerplatz: Linke demonstrieren für Freispruch

30.1.2021, 19:09 Uhr
Ein größeres Polizeiaufgebot war am Samstag rund um den Jamnitzerplatz im Einsatz. 

© Roland Fengler, NNZ Ein größeres Polizeiaufgebot war am Samstag rund um den Jamnitzerplatz im Einsatz. 

Wer am Samstagnachmittag in Gostenhof unterwegs war, dürfe sich über das massive Aufgebot der Polizei gewundert haben, die zahlreiche Beamte des Unterstützungskommandos (USK) rund um den Jamnitzerplatz positioniert hatte. Allein in der Mittleren Kanalstraße reihte sich ein Einsatzfahrzeug ans nächste.


"Militanter Dezember": Linksextreme brüsten sich mit Angriffsserie im Großraum Nürnberg


Auch in den übrigen Zugangsstraßen zum Jamnitzerplatz standen jeweils mehrere Beamte neben Absperrgittern und befragten jeden, der sie passieren wollte, was er denn vorhabe. Wie man es sonst vor allem bei Fußballspielen gewohnt ist, wurden diejenigen, die zur Demonstration wollten, anschließend abgetastet, damit niemand gefährliche Gegenstände mitführen konnte.

"Polizeigewalt und Rassismus stoppen", steht auf einem Plakat. "Das Viertel selbst gestalten - für eine solidarische Stadt von unten", fordert ein anderer Teilnehmer. Unter dem Motto "Jamnitzer - Solidarität gegen Polizeistaatlichkeit" hatten die Initiatoren "Prolos Nürnberg" und "Auf der Suche - Anarchistische Gruppe Nürnberg" zu einer Kundgebung um 14 Uhr aufgerufen. Anlass der Demo war die Verurteilung zweier Nürnberger vor dem Amtsgericht zu 18 beziehungsweise 15 Monaten Haft ohne Bewährung. Sie sollen am 28. Juni 2019 auf dem Jamnitzerplatz Polizisten massiv bedroht haben. Nachdem die beiden in Berufung gegangen sind, wird nun am 2. und 12. Februar vor dem Landgericht verhandelt.

Folgenreiche Juninacht

Was genau in jener Juninacht 2019 passiert ist, darüber gehen die Meinung deutlich auseinander. Klar ist, dass Anwohner am späten Abend die Polizei wegen einer Ruhestörung, wie sie an der Grünanlage in der Vergangenheit häufiger vorkam, gerufen hatten. Daraufhin rückten weitere Polizeistreifen an. Wenig später sollen etwa 60 Personen aus Richtung des Szenetreffs "Schwarze Katze" auf den Platz zumarschiert sein, die Polizisten beendeten ihre Kontrolle. Sie fühlten sich nach eigenen Angaben bedroht von einer aggressiven Masse, die "Bullen raus aus Gostenhof" und "Ganz Nürnberg hasst die Polizei" skandierte. Ein Polizist, so schildert er es später vor Gericht, habe sich aufgrund der damaligen Ereignisse versetzen lassen.

Dass die Polizei in jener Nacht "nach Hause geschickt" wurde, klingt bei der Kundgebung immer wieder an - "bestimmt nicht freundlich, aber ohne Gewalt", wie eine Sprecherin der "Falken Nürnberg" betont. Mehrere Rednerinnen und Redner beklagen, dass die Ereignisse der Juninacht völlig aufgebauscht worden seien.

Die Staatsanwaltschaft habe in ihrer Urteilsforderung betont, es gehe um Prävention und darum, dass am Jamnitzerplatz keine "No-go-Area" entstehen dürfe. Der Rechtsstaat müsse deshalb mit voller Härte zurückschlagen. In den Augen der Demonstranten ist jedoch das einzige, das den Jamnitzerplatz zu einer "No-go-Area" machen könnte, die massive kontinuierliche Polizeipräsenz. Sie erst sei es gewesen, die das Fass in jener Juninacht zum Überlaufen gebracht habe.

"Urteil war politisch motiviert"

Nach Meinung der Protestierenden, zu denen auch Familien mit Kindern zählten, bedeutet das bisherige Urteil des Amtsgerichts, dass das bloße Anschreien der Polizei - und, so die Befürchtung, auch Sitzblockaden oder Ähnliches - künftig als gemeinschaftlicher Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte mit Haftstrafen ohne Bewährung belegt werden könnte. Das Urteil, so wiederholen es verschiedene Rednerinnen und Redner, sei eindeutig politisch motiviert, da einer der beiden erstinstanzlich Verurteilten an jenem Juniabend gar nicht vor Ort gewesen sei. Den Zeugen, der den Abend angeblich mit ihm verbracht haben will, hielt das Amtsgericht allerdings für nicht glaubhaft.

Die nach Polizeiangaben rund 200 - laut "Prolos" 250 - Demonstranten fordern einen Freispruch für die beiden Männer. Nun richten sich alle Blicke gespannt auf den Fortgang vor dem Landgericht.

Gegen 15.15 Uhr war die Demonstration beendet. Laut Polizeisprecher Wolfgang Prehl verlief die Demonstration nahezu störungsfrei. Lediglich am Rande der Veranstaltung habe es zwei Verstöße gegen das Infektionsschutzmaßnahmengesetz sowie einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz gegeben, die jeweils eine Anzeige zur Folge hatten.