Wegen Homeoffice: Bionorica stoppt Neubau-Projekt

5.3.2021, 13:57 Uhr
Wegen Homeoffice: Bionorica stoppt Neubau-Projekt

© Foto: Günter Distler

Firmenchef Professor Dr. Michael A. Popp kündigte für den Verwaltungskomplex an der Kerschensteinerstraße einen Baustopp an. Innerhalb der nächsten sechs bis zwölf Monate wolle Bionorica "erst noch mal neu rechnen", wieviel Büroflächen das Unternehmen wirklich brauche – das vor dem Hintergrund intensiver Homeoffice-Aktivitäten.

Die Belegschaft von Bionorica soll mit insgesamt 1823 Menschen in etwa gleich bleiben – auch am Standort Neumarkt. Popp kündigte bei einer Videokonferenz mit Medienvertretern nicht näher bezifferte Investitionen am Standort Neumarkt an. So sollen neue Patente in Produktionsanlagen am Hauptsitz umgesetzt werden.

 

Der Bionorica-Chef: "Wir bereiten uns auf eine Wachstumsstrategie vor." Die weltweite Pandemie hat bei der Neumarkter Pharma-Firma nach vielen Jahren des stetigen Wachstums einen Umsatzrückgang um über 13 Prozent auf 287 Millionen Euro bewirkt. Weil Russland für Bionorica eines der wichtigsten Zielländer ist, hat sich der 30-prozentige Verfall des Rubels auch in den Büchern niedergeschlagen. Rechnet man diese Währungseffekte heraus, dann schrumpfte der Umsatz immer noch um über acht Prozent.

Wegen der Hygiene- und Abstandsregeln als Folge von Corona sei ein massiver Rückgang der Atemwegsinfekte eingetreten. Deshalb sei es zu einem teils massiven Einbruch beim Absatz von Präparaten wie Sinupret gekommen. Bionorica-Chef Popp und Marketingchef Dr. Uwe Baumann gaben ein Minus von bis zu 80 Prozent an.


Award für Bionorica


Die Bionorica-Geschäfte seien auch durch den Lockdown erheblich gestört worden. So sei Außendienstmitarbeitern praktisch der Zugang zu den Apotheken verwehrt gewesen. Dort hätten auch weniger Beratungsgespräche mit Patienten stattgefunden. Deshalb sei der Außendienst etwa ein Jahr lang in Kurzarbeit gewesen, ein Instrument, das der Firmenchef ausdrücklich lobte: Die auf 90 Prozent aufgestockte Kurzarbeit habe den Mitarbeitern die Arbeitsplätze gesichert und dem Unternehmen eine sehr gut ausgebildete Belegschaft erhalten. Popp: "Niemand wurde wegen Corona entlassen, wir halten die Mitarbeiterzahl stabil."

Bionorica macht nur ein Drittel des Umsatzes in Deutschland, zwei Drittel in über 40 Ländern weltweit. Unter anderem mit gynäkologischen und urologischen Pflanzenarzneien schaffte das Unternehmen in Russland sogar ein Umsatzplus von 5,7 Prozent. In Kasachstan wachse der Absatz zweistellig. In der Türkei habe die Firma ein 50-köpfiges Vertriebsteam eingesetzt und einen Mehrumsatz von fast 24 Prozent erreicht. Der Iran-Markt sei weiter sehr vielversprechend. Und ein eigener Vertrieb in Ägypten soll laut Professor Popp der "Einstieg ins Nordafrika-Geschäft" sein.

Die wirtschaftliche Potenz von Bionorica drückt sich auch in der Eigenkapitalquote von 80,6 Prozent aus. Über Jahre seien die guten Ergebnisse des Unternehmens "angespart" worden. Auch der Erlös aus dem Verkauf des Cannabis-Geschäfts in 2019 sei zu einem großen Teil in der Firma geblieben.


Cannabis in der Corona-Therapie angewandt


Im Zuge der Kooperation mit der Universität Innsbruck würden in den nächsten fünf Jahren fünf Millionen Euro in die Forschung investiert. Das Geld fließt unter anderem in die Entwicklung von pflanzlichen Medikamenten, mit denen man vielleicht das Corona-Virus bekämpfen kann. Der Pharmakologe Popp nannte mögliche Arzneien, mit denen man die Immunabwehr stärken oder sogar das Andocken an Zellen erschweren könne.

Bionorica sei aber noch sehr weit davon entfernt, ein Anti-Corona-Medikament ankündigen zu können. Die vielversprechenden Resultate seien bisher nur im Labor erzielt worden. Keines der Mittel sei bisher an Lebewesen erprobt worden.

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