Auf Köllners Spuren: Zu Gast in der Heimat des Club-Trainers

21.5.2018, 05:23 Uhr
Der größte Fan von Michael Köllner: Marianne Köllner, seine Mutter.

© Wolfgang Laaß Der größte Fan von Michael Köllner: Marianne Köllner, seine Mutter.

Ohne Navi wird’s schwer. Wer aus Richtung Marktredwitz kommt, wird am oberen Ortseingang auf den Christbaumverkauf im Tannenhof hingewiesen, los ging’s am 26. November. Einen knappen Kilometer weiter unten, die Durchgangsstraße hinab, sticht kurz hinter dem Gemeindeschild ein rotes Plakat ins Auge. Es könnte, aus der Ferne betrachtet, eine Grußbotschaft sein für den zurzeit prominentesten Bürger, vielleicht sogar ein herzlicher Glückwunsch zum Bundesliga-Aufstieg. Es ist allerdings nur der Hinweis, dass auch Fuchsmühl demnächst schnelles Internet bekommt. Aktuell hat Fuchsmühl eigentlich nicht mal ein langsames.

Neben der pittoresken Wallfahrtskirche "Maria Hilf", im Dorfladen, ist der Club dagegen ausgesprochen präsent. Auf einem Schild wird der "Aufstiegssecco" angepriesen, die 0,75-Liter-Flasche für sechs Euro 99. Gerade eben hat jemand den letzten der sechs bestellten Kartons zu seinem Auto getragen, berichtet Melanie Rudhoff, auf die nächste Lieferung einer Würzburger Firma müssen die Fuchsmühler noch etwas warten. Der Aufstiegssecco ist gerade ausverkauft.

"Um ungefähr 100 Ecken" ist Melanie Rudhoff verwandt mit dem Local Hero; Gabriele Lemaire, die ebenfalls im Dorfladen arbeitet, kennt ihn bereits von Kindesbeinen an. "Ganz ein lieber Bengel" sei er gewesen, der kleine Michael Köllner, "ein Lausbub, ein richtiger Lümmel", auf den sie gerade alle unheimlich stolz sind in Fuchsmühl und Umgebung. "Nicht so oft schafft’s einer von hier so weit nach oben", sagt Gabriele Lemaire, "und der Michael bleibt ja trotzdem auf dem Teppich."

"Der Michl ist unser berühmtester Bürger"

Prominente Bürger, das verrät der Bürgermeister am Esstisch seines Elternhauses in der Schulstraße, hat Fuchsmühl ein paar. Ein bereits emeritierter BWL-Professor unterrichtete an der Ruhruniversität Bochum, ein jüngerer Kollege hat sich an der Technischen Universität München einen Namen gemacht. Fuchsmühl, sagt Wolfgang Braun, ist doch schon viel länger ein Begriff, als Wallfahrtsort, als Schauplatz der legendären Holzschlacht von 1894. Aber logisch: Aktuell, sagt der Bürgermeister, "ist der Michl unser berühmtester Bürger".

Einer von 1600, zählt man die Zweitwohnsitze dazu, sind es sogar 1700. Wolfgang Braun erzählt das während einer spontanen Rundfahrt in seinem Jeep, der Gast aus Nürnberg staunt. Fuchsmühl ist tatsächlich mehr als Michael Köllner. Ein Industriegebiet gibt es, ein kleines Schloss, einen Waldbadeweiher mit bewirtetem Pavillon, natürlich den Walderlebnispfad, der Quadratmeter Baugrund liegt bei 41 Euro 50. Der umtriebige Bürgermeister von der CSU, seit 2008 im Amt nach zuvor 50-jähriger SPD-Regentschaft, ist sicht- und hörbar zufrieden. Seit er das Sagen hat, sind rund zehn Millionen Euro investiert worden in Fuchsmühl, es hat sich einiges getan.

Läuft alles nach Plan, wird auch die SG Fuchsmühl, deren erste Mannschaft zurzeit in der Kreisklasse Ost Hof/Marktredwitz eine entspannte Runde dreht, vom zarten Aufschwung profitieren. Der Bürgermeister deutet auf eine große Fläche am Ortsrand, hier könnte ein neues, modernes Vereinszentrum entstehen. Das alte grenzt an ein Wohngebiet; wer mit Schmackes über den Fangzaun schießt, sollte gut versichert sein. Hier hat Michael Köllner angefangen. In der F- und E-Jugend trainierte er den heutigen Vorstand Philipp Gerg, später die A-Jugend, mit der er zwei Jahre lang ungeschlagen blieb und bis in die Bezirksliga kletterte. Davon erzählen sie noch heute in Fuchsmühl. "Sehr gute Arbeit", sagt auch der Bürgermeister, habe der Michl da geleistet in der Nachwuchsabteilung der SG, "er hat für Disziplin gesorgt, dann stellt sich auch der sportliche Erfolg ein, mit Wischiwaschi schafft man das nicht." Auch die erste Mannschaft hat er als Spielertrainer zum Aufstieg geführt. Der Michl. Ihr Michl.

"Ich kann", sagt Wolfgang Braun bei einer Tasse Kaffee, "wirklich nur Positives sagen über den Michl."

Auf Köllners Spuren: Zu Gast in der Heimat des Club-Trainers

© Wolfgang Laaß

Seine hohe Meinung vom künftigen Bundesliga-Trainer hat der Bürgermeister keinesfalls exklusiv. Auch Philipp Gerg war schon als Bub begeistert. Schon damals, als Trainer der Fuchsmühler F- und E-Jugend, sei Michael Köllner mehr gewesen als ein Ballaufpumper und Hütchenaufsteller, viel mehr. Angetrieben von seinem unbändigen Ehrgeiz. Und einem übergeordneten Ziel. "Er hat immer im Kopf gehabt", sagt SG-Vorstand Philipp Gerg, "dass er etwas erreichen wollte." So etwas wie jetzt mit dem Club, der auch bereits in der Zeit vor Michael Köllner sehr beliebt war unweit der Grenze zu Tschechien.

Der ganz große Fußball ist in Fuchsmühl weit weg. Nach Nürnberg sind es knapp 150 Kilometer, nach München sogar 250, Hof und Weiden zählen höchstens Nostalgiker mit. Dass ihm sein Stammverein eines Tages zu klein werden würde, ahnten etliche Weggefährten von Köllner relativ früh. Als DFB-Stützpunkttrainer machte er sich zunächst einen Namen, später in den Nachwuchsleistungszentren von Jahn Regensburg und der Spielvereinigung Greuther Fürth. Sein Ziel, erinnert sich der Bürgermeister, ebenfalls ein original Fuchsmühler, sei immer gewesen, "etwas mit Fußball zu tun zu haben".

Zu Gast im Hause Köllner

Dass er demnächst etwas mit dem FC Bayern und Borussia Dortmund zu tun haben wird, ist dem Rathauschef eine offizielle Ehrung und einen Eintrag ins Goldene Buch wert; nach dem 2:0 beim SV Sandhausen schickte er dem Fuchsmühler Werbe- und Imageträger eine kurze SMS, darin formulierte der Bürgermeister unter anderem die Bitte, "dass er auf dem Boden bleiben soll". "Natürlich", lautete die Antwort grob zusammengefasst.

Die Boom-Phase im Landkreis Tirschenreuth (Arbeitslosenquote: unter drei Prozent) kriegt Michael Köllner nur noch aus der Ferne mit; seine Besuche in Fuchsmühl sind selten geworden, zu Weihnachten, zu Ostern, zu Familienfesten. Wie seine Vita heute aussehen würde, wenn er 1997, wie von seinem Vater Erich eingefädelt, im Landratsamt gelandet wäre, lässt sich höchstens erahnen. "Das wäre ihm bestimmt zu trocken gewesen, den ganzen Tag im Büro hinter einem Schreibtisch", glaubt Ernst Tippmann, der Geschäftsführende Beamte im Rathaus.

Im Sportpark Valznerweiher ist Michael Köllner zwar ebenfalls oft im Büro und sitzt hinter einem Schreibtisch, kann sich aber eben auch auf dem Fußballplatz verwirklichen. "Was mir gefällt: Dass der Michael er selbst geblieben ist", mit diesen Worten verabschiedet sich Ernst Tippmann ins Wochenende. Erich und Marianne Köllner können das natürlich bestätigen; ihr fantastisches Haus steht etwa zwei Kilometer außerhalb, im langgezogenen Ortsteil Herzogöd. Wo andere Urlaub machen.

Mehr Natur ist eigentlich nicht möglich. Wald und Wiese, so weit das Auge reicht, auf immerhin über 700 Meter Höhe. Bis zum Böhmerwald kann man von da oben aus schauen, zwei Wanderer in Club-Outfit sind gerade den Hang hinaufgekraxelt und augenscheinlich fix und fertig. Vor der Haustür des Köllner’schen Anwesens liegt eine Packung Pralinen, daneben ein Blatt Papier. "Sind heute aus Nürnberg gekommen, um zu sehen, wo unser toller Trainer herkommt", hat jemand geschrieben, "bitte legen Sie ein gutes Wort für uns ein: Michael muss unser Trainer bleiben." Gezeichnet: "Dankbare Fans aus Block 1."

Am frühen Abend auf der noch sonnenüberfluteten Terrasse erzählen Erich und Marianne Köllner, zwei wunderbar herzliche Menschen, von ihrem Michael. Es riecht nach Flieder und Gartenkräuter, rechts zerschneidet ein fulminanter Wintergarten die Oberpfälzer Idylle. Vater Erich hat früher als Lokführer in Nürnberg geschafft, ist jeden Tag hin- und hergependelt, als es noch keine Autobahnen gab. Arbeiten, sagt Erich Köllner, arbeiten konnte auch der Michael schon immer. "Nur handwerklich ..." Er schüttelt den Kopf.

Clubfans planen Wallfahrt nach Fuchsmühl

Bereits mit zehn zog es den Michael nach Weiden ins Augustinum, auf Empfehlung von Pater Gisbert Kreß, seinem späteren Mentor, "er wollte das so", sagt Mutter Marianne, meist kam er nur an den Wochenenden nach Hause. Er musste ja schließlich auch noch Fußball spielen, von ihrem Schwager, erzählt Marianne Köllner, "hat er für jedes Tor fünf Mark bekommen". Das Orgelspiel vernachlässigte er nur so lange, bis seine Eltern ein Fußballverbot androhten.

Stundenlang könnten sie Geschichten erzählen über ihren mittlerweile sehr berühmten Sohn, der wie ein ganz normaler Bub aufwuchs. Ab 1980 in Herzogöd 11, wo die Eltern im Erdgeschoss mittlerweile eine Ferienwohnung anbieten. "Es ist keine Villa, es ist nur ein Haus, doch wir sind zufrieden und das macht es aus", steht an der Tür, ein Stück weiter unten haben die Köllners vor über 20 Jahren eine kleine Kapelle gebaut.

Mit fünf Rettichen aus dem Köllnerschen Gemüsegarten geht’s wieder hinunter nach Fuchsmühl, vorbei an der Kirche, vorbei am Dorfladen, vorbei an den beiden Gasthäusern, ein Besuch lohnt sich. Die Clubfreunde aus Irmenreuth planen, wie Marianne Köllner auf der Terrasse noch erzählt, sogar eine Wallfahrt. In den Heimatort des berühmten Fußballtrainers. Ihres Michl.

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