Aufgepasst: Diese Verträge gelten auch in Corona-Zeiten

22.4.2020, 06:00 Uhr
Verträge müssen auch in Corona-Zeiten beachtet werden.

© colourbox Verträge müssen auch in Corona-Zeiten beachtet werden.

Wenn Gastgeber von Familienfeiern ihre Buchung absagen müssen, sind Stornierungsgebühren oder Schadenersatz nicht ausgeschlossen. Doch heute fürchten Eva und Max Mustermann, dass im Mai die Hochzeitsparty platzt.

Können Ende Mai 60 Gäste in einem Wirtshaus sitzen? Unser Paar Mustermann hat die Einladungskarten längst gedruckt und verschickt, die Gäste haben zugesagt – und nun? Bei der Reservierung für Ende Mai bleiben oder absagen? Wann wäre es so weit, dass die Feier nachgeholt werden kann? Andererseits bietet der Saal der Gaststätte genug Platz, die Gäste könnten Abstand halten. Doch wenn nun der Gastwirt absagen sollte? Und wenn es den, immerhin betagten, Verwandten unwohl ist und kaum einer kommen möchte?


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Grundsätzlich gilt: Verträge sind gültig. Nimmt ein Gast eine Reservierung nicht wahr, muss er mit Ansprüchen des Gastwirts wegen Verdienstausfall rechnen, vorausgesetzt der Tisch konnte nicht mit anderen Gästen besetzt werden. Umgekehrt kann auch der Gast einen Schadenersatzanspruch anmelden – wenn er den gebuchten Tisch nicht erhält, etwa weil der Wirt andere Gäste bevorzugt.

Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt dies in seinen Paragrafen 242 und 276 zu vertraglichen Schuldverhältnissen und Paragraf 280 und den folgenden Paragrafen im BGB. Über "Magenverstimmungen" bei Gästen und Wirten rund um Streitereien beim Restaurantbesuch gibt es einschlägige Rechtsprechung.


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Und doch schlägt derzeit "die Stunde der Vertragsfreiheit", wie es Friedrich Weitner, Sprecher der Nürnberger Justiz, formuliert. Nach vier Lockdown-Wochen ist der Weg zurück in die Normalität noch weit, niemand weiß, wann die Gastronomie wieder öffnen darf, ob Biergärten eine besondere Erlaubnis erhalten könnten oder wann eine größere Familienfeier wieder möglich ist – und deshalb wissen auch Eva und Max Mustermann nicht, ob sie ihre Hochzeit feiern können. Gleichzeitig bangen aber ebenfalls Wirte, Partyservice-Mitarbeiter, Fotografen und Musiker um ihren Job.

Aufgepasst: Diese Verträge gelten auch in Corona-Zeiten

© Foto: Michael Matejka

Hochzeitsmenü to go?

Jurist Weitner plädiert für kreative Lösungen: Schon heute leben viele Gastwirte vom Haustür-Geschäft und von Gästen, die ihre Mahlzeiten bestellen und abholen. Warum nicht eine Familienfeier, statt sie abzusagen, auf diese Weise begehen? "Ich würde", so Weitner, "meine Gäste dazu einladen, sich auf meine Kosten das Menü abzuholen. Und dann wäre es schön, wenn sich meine
Gäste mit einem Foto beim Essen revanchieren."

Und nach den Buchstaben des Gesetzes? Es kommt, wie immer bei juristischen Bewertungen, auf den Einzelfall an – und hier vor allem darauf, wie es in Sachen Lockdown weitergeht.

Szenario eins: Die Exekutive verbietet den Wirten noch wochenlang, ihre Betriebe zu öffnen. Zieht der Gast die verbindliche Reservierung zurück, erhält der Wirt keinen Schadenersatz – der Schaden wäre ihm sowieso entstanden. Auch der Wirt kann absagen, ohne dass Schadenersatz für den Gast entsteht, schließlich ist es dem Wirt unmöglich, den Bewirtungsvertrag zu erfüllen. Auch denkbar: Gaststätten dürfen wieder öffnen, jedoch mit geringeren Gästezahlen. Aufgrund der Abstandsregeln darf der Wirt nur 30 statt der geplanten 60 Gäste bewirten – im Beispiel des Paares Mustermann könnte der Wirt den Vertrag nicht erfüllen, hat dies jedoch nicht zu verantworten. Etwas anderes wäre es, wenn die künftigen Eheleute die Feier auch mit 30 Gästen durchführen wollten. Der Gesetzgeber verwendet den Begriff der "unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände" im Bürgerlichen Gesetzbuch.

Szenario zwei: Die Gaststätten dürfen Ende Mai doch öffnen, doch der Gast hat vorher seine verbindliche Reservierung zurückgezogen. Möglich wäre, dass der Wirt seine Tische nicht mehr neu besetzen kann; dann muss der Gast unter Umständen Stornierungsgebühren zahlen und Schadenersatz leisten. Friedrich Weitner. "Ich kann es nur wiederholen: Verträge sind gültig, das gilt auch in Corona-Zeiten. Doch jetzt auf Verträge pochen? Wirklich hilfreich ist es, zu reden – je früher, desto besser."

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