Autokino, Homeoffice, Hände schütteln: An Corona ist nicht alles schlecht

29.9.2020, 06:16 Uhr
Ein Relikt der Vergangenheit ist wieder in der Gegenwart angekommen: Das Autokino.

© Maria Krauß Ein Relikt der Vergangenheit ist wieder in der Gegenwart angekommen: Das Autokino.

Endlich stressfrei feiern

Julia Vogel von der Nürnberger Zeitung freut sich darüber, endlich ohne viel Planerei feiern zu können.

Der schönste Tag im Leben – so sagt man es ja immer über die Hochzeit. Und damit sie das auch wird, haben Paare (zugegeben, meist sind es die Bräute) in der Zeit vor Corona schon jahrelang im Voraus alles geplant. Es fängt bei der "Location" an, die ja bitteschön mindestens dreimal so toll sein muss wie bei der Hochzeit von diesem einen Cousin. Dann muss natürlich eine Band her – fünf Musiker mindestens. Plus Tanzkurs natürlich. So ein Eröffnungstanz muss schließlich nicht nur sitzen, sondern auch noch originell sein. Überhaupt: Das Tortentesten! Kurz: Hochzeiten wurden vor Corona generalstabsmäßig geplant. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Alles musste perfekt sein. Übrigens auch die Gästeliste. Wer auch nur um fünf Ecken herum mit einem verwandt ist, musste eingeladen werden. Nicht, dass am Ende irgendeiner in der Verwandtschaft sauer ist.

Wer in diesem Sommer geheiratet hat, hatte es gut. Jeder Gast wusste, dass das Fest spontan war. Niemand erwartete Perfektion. Beste Voraussetzungen, um das zu tun, was man an dem Tag eigentlich tun sollte: sich freuen. Dass man doch noch Gäste einladen konnte. Und zwar die, die man auch wirklich dabei haben wollte. Dank der Corona-Beschränkungen wurden Diskussionen um Halb-Großonkel und Co. schließlich gar nicht erst geführt.

Es hat sich ausgebusselt

Stefanie Taube von den Nürnberger Nachrichten ist froh: Seit Corona sind Umarmungen von Jedermann tabu.

Haben Sie mal darüber nachgedacht, wie vielen Menschen Sie vor Corona pro Tag die Hand schütteln mussten? Sie mögen jetzt denken "Einigen, ja und?" Und wenn ich Ihnen jetzt sage, dass laut einer repräsentativen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) nicht einmal jeder dritte Mann nach dem Toilettengang Wasser und Seife benutzt? Bei den Frauen sind es wenigstens 64 Prozent – aber wer weiß denn schon, ob Sie nicht eine Hand geschüttelt haben, deren Besitzerin zu den übrigen 36 Prozent gehört...

Kurzum: Corona schafft eine körperliche Distanz, die nicht immer schlecht ist. Die Tatsache, dass das Händeschütteln ein Ausdruck von Höflichkeit sein soll, hat sich mir sowieso nie erschlossen. Für mich ist es ein Austausch von mit Schweiß gemischten Bakterien. Ist ein freundliches Lächeln nicht mehr wert als eine feuchte, ungewaschene Hand? Ebenso wenig vermisse ich die Drücki-Drücki-Bussi-Bussi-Gesellschaft. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich umarme meine Familie sehr gerne, auch enge Freunde gehen absolut in Ordnung. Aber zuletzt, so scheint es mir, umarmte man plötzlich sogar den entferntesten Bekannten. Warum? Ist körperliche Nähe nicht etwas sehr Intimes, das man Menschen vorbehält, die einem nahestehen? Ich finde schon.

Meine Hoffnung, dass Corona Händedruck und Umarmung als Begrüßungsrituale für immer aus den Köpfen verschwinden lässt, wird allerdings von Stefanie Frieser, Präsidentin des Deutschen Kniggebundes, ein wenig gedämpft: "Das Grüßen auf Distanz fällt vielen schwer. Wenn es einen Impfstoff gibt, kann ich mir deshalb vorstellen, dass wir zu alten Gewohnheiten zurückkehren." Ein Grund: "Wir beurteilen unser Gegenüber ja auch über den Händedruck. Die Art, wie jemand die Hand gibt, trägt zum Gesamteindruck bei."

Homeoffice sollte bleiben - auch ohne Corona

Maria Segat von den Nürnberger Nachrichten denkt an das Leben nach Corona. Das Arbeiten von Zuhause sollte übernommen werden, findet sie.

Viele Arbeitsbereiche, in denen Homeoffice früher (will heißen: vor etwas mehr als sechs Monaten) völlig undenkbar war, gehört das Arbeiten von den privaten vier Wänden aus heute selbstverständlich dazu. Bedenken, die es diesbezüglich einmal gegeben haben mag – arbeiten die Angestellten überhaupt richtig, wenn man sie nicht sehen kann? – wurden durch die blanke Notwendigkeit des Infektionsschutzes weggefegt. Vielerorts lief das Homeoffice vielleicht zunächst ziemlich provisorisch ab – aber, viel wichtiger: Es lief. Schnell machte sich die Erkenntnis breit, dass von zuhause selbstverständlich ebenso gearbeitet wird wie im Büro. Mancher wird gar meinen: effizienter und besser.

Denn egal wie kurz der Weg zur Arbeit sein mag – der Weg vom Bett zum Schreibtisch ist definitiv kürzer. Auch die Arbeitskleidung, wenn man sie denn so nennen will, gestaltet sich daheim deutlich bequemer. Und während man auf einen Rückruf wartet, kurz die Wäsche aufzuhängen, dafür aber den Laptop gern noch mal nach Feierabend ein Weilchen aufgeklappt zu lassen, falls es noch etwas zu tun gibt – das sind Freiheiten, die der sogenannten Work-Life-Balance gut tun – und damit letztlich der Zufriedenheit der Mitarbeiter. Natürlich, Homeoffice klappt nicht in allen Bereichen und auch der Plausch mit den Kollegen fehlt. Aber der Vorzug, diesen Text in Jogginghose geschrieben zu haben, macht so einiges wett.

Die Rückkehr des Autokinos

Das Autokino: Für Jo Seuß aus der Redaktion der Nürnberger Nachrichten ein Relikt der Vergangenheit, das Jugenderinnerungen aufgebracht hat.

Nein, ich hätte nicht im Traum daran gedacht, dass ich in meinem Leben noch einmal ins Autokino gehen würde. Vor fast 18 Jahren war die Einrichtung am Marienberg dicht gemacht worden. Fand ich schade, weil ein paar Jugenderinnerungen dranhingen. Aber getrauert habe ich nicht darum. In einem Auto sitzend, aneinandergereiht mit Gleichgesinnten auf eine Betonleinwand zu starren, das hatte doch was von vorgestern.


Mit Viren leben: Warum es die Zeit "nach Corona" kaum geben wird


Bis Corona kam – und im April erste Gerüchte herumgeisterten. Dann ging es richtig schnell und Mitte Mai auf dem umfunktionierten Flughafen-Parkplatz los. Die Vorstellung, geschützt vor dem Virus mal außerhalb der eigenen vier Wände einen Film anzuschauen, entwickelte eine enorme Anziehungskraft. Wir entschieden uns für die deutsche Komödie "25 km/h". An einem Mittwoch Ende Mai packten wir Silbertablett, Rotwein, Schnittchen plus Gurken und Oliven ins Auto und waren eine Stunde zu früh da. Trotzdem platzierten die Ordner unseren Van ziemlich weit nach hinten, so dass die Leinwand nicht viel größer als ein Smartphone-Bildschirm war.

Egal, das Einstellen der UKW-Frequenz klappte, das Bild war gestochen scharf und die Story über die verspätete Mofa-Tour von zwei Brüdern witzig. Und die Szenerie passte irgendwie zu diesem Roadmovie. Autokino muss man erlebt haben! Einmal hat aber gereicht, zum SommerNachtFilmFestival konnte man später mit dem Rad fahren.

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