Probleme auch in der Region

Corona-Stau hinter dem Steuer: Nürnbergs Fahrschulen ächzen

7.5.2021, 13:01 Uhr
Auch die Fahrschulen kämpfen mit den Folgen der Pandemie.

© Swen Pförtner, dpa Auch die Fahrschulen kämpfen mit den Folgen der Pandemie.

Die Fahrschüler stehen Schlange, auch weil die Fahrschulen lange zu hatten. Doch die Fahrlehrer haben trotzdem wenig Stunden. Wie kann das sein. Es staut sich gewaltig in der Fahrausbildung. Stefan Stich erklärt, wieso er deshalb jeden Freitag um 12 Uhr die Fahrstunde unterbrechen muss.

Herr Stich, wie läuft’s? Oder in ihrem Fall: Wie fährt es sich?

Stefan Stich: Seit Ende Februar dürfen wir wieder. Und wir fahren viel, denn es hat sich einiges aufgestaut.

Wut oder Arbeit?

Stefan Stich: Beides. Weil keiner mitkriegt, was in der Fahrschul-Branche im Moment abgeht.

Was denn?

Stefan Stich: Wir haben zwei Lockdowns hinter uns, hatten also insgesamt ein halbes Jahr, in dem kein Schüler in die Fahrschule kommen konnte. Allein 30 Schüler haben wir im Dezember noch zur Fahrprüfung angemeldet, aber wegen der hohen Inzidenz in Nürnberg mussten wir ja schon eher schließen. Und die Schüler drei Monate warten.

Langes Warten auf einen Termin

Wussten die dann im März noch, wie man Auto fährt?

Stefan Stich: Natürlich startet man nicht ganz von vorne. Aber es waren einige dabei, die nach einem Vierteljahr ohne Fahrt noch mehr Stunden nehmen mussten.

Plus die, die neu angefangen haben.

Stefan Stich: Genau. Wir hatten plötzlich nicht nur die, die schon mittendrin waren, sondern auch die, die altersmäßig einfach als nächstes dran sind. Und es staut sie ja nicht bei uns.

Sondern wo?

Stefan Stich: Wir müssen jeden Fahrschüler bei der Stadt anmelden, die dann wiederum den Antrag für eine Prüfung an den Tüv schickt. Die Bearbeitungszeit liegt aktuell bei sechs Wochen. Danach können wir nach einem Termin für eine Theorieprüfung schauen. Da ist der aktuell früheste Termin Mitte Juni!

Terminvergabe wie bei Konzerttickets

Also können bis zu drei Monate vergehen, bis ein Schüler die Theorieprüfung ablegen darf. Und bei der praktischen Prüfung?

Stefan Stich: Ist es noch schlimmer. Die müssen wir bestellen, wir hatten früher zehn in der Woche. Jetzt sind es nur noch fünf – bei sechs Fahrlehrern. Da haben manche also nicht mal einen Prüfling in der Woche. Das ist aber von Fahrschule zu Fahrschule verschieden. Andere haben zwei Termine pro Fahrer.


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Wie kommt‘s?

Stefan Stich: Weil da eine zwei Jahre alte Quote genommen wird. Wir haben aber inzwischen ein Büro mehr, also auch mehr Fahrer, mehr Schüler – und mehr Termine. Deswegen sitzen wir jetzt jeden Freitag um 12 Uhr an unseren Handys, unterbrechen sogar Fahrstunden.

Auch Fahrlehrer Stefan Stich fühlt sich im Stich gelassen.

Auch Fahrlehrer Stefan Stich fühlt sich im Stich gelassen. © privat, NN

Wieso das denn?

Stefan Stich: Weil der Tüv die übrigen Termine freigeschalten, innerhalb von drei Sekunden sind da aber alle freien Prüfungen weg. Das ist wie bei Konzerttickets. In der vergangenen Woche waren es für die gesamte Nordstadt aber auch nur zwei Termine.

Das ist wenig. Was sagt der Tüv?

Stefan Stich: Der argumentiert mit Corona. Schuld ist aber auch eine falsche Personalentwicklung beim Tüv, seit Jahren gibt es dort altersbedingte Abgänge, viele haben auch so aufgehört. Jetzt fehlen denen die Prüfer.

Aber ohne Tüv geht’s nicht.

Stefan Stich: Zumindest nicht in Bayern, der hat in den alten Bundesländern Monopolstellung. In den neuen Bundesländern gibt es die Prüfgesellschaft Dekra – und in Berlin hat man die Auswahl. Wir nicht. Wir werden im Regen stehen gelassen.

Was sagen die anderen Fahrlehrer?

Stefan Stich: Obwohl die Leute bei der Anmeldung vom Schreibtisch bis zur Bordsteinkante standen, fehlen denen Stunden. Denn wer die nächsten vier Monate keine Chance auf eine Prüfung hat, der nimmt jetzt keine Fahrstunden. Außerdem müssen wir die Tageslenkzeit einhalten, das macht auch Probleme.


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Wie bei Lkw-Fahrern?

Stefan Stich: Ja. Auch Fahrlehrer dürfen nur neun Stunden am Tag am Steuer sitzen. Wegen Distanzunterricht und Homeoffice wollen viele auch schon früh Fahrstunden nehmen. Wer erst um 18 Uhr aus der Arbeit kommt, der hat quasi keine Chance mehr. Da musste ich eben erst den Vater eines Azubis wieder nach Hause schicken.

Wahrscheinlich nicht der erste.

Stefan Stich: Ich habe drei, vier solcher Gespräche am Tag. Wir stehen da wie ein Kellner, dessen Koch nicht nachkommt – und spielen den Puffer für den Tüv. Und werden auch noch vom Staat im Stich gelassen. Denn die Corona-Hilfe aus dem zweiten Lockdown wurde bei vielen Kollegen abgelehnt.

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