Dürers Triumphzug kehrt nicht in den Rathaussaal zurück

25.5.2014, 21:53 Uhr
Zwei Jahre lang diskutierten interessierte Nürnberger intensiv über die Frage, ob der Rathaussaal ausgemalt werden soll oder nicht. Nun ist die Entscheidung gegen die Ausmalung gefallen.

© Horst Linke Zwei Jahre lang diskutierten interessierte Nürnberger intensiv über die Frage, ob der Rathaussaal ausgemalt werden soll oder nicht. Nun ist die Entscheidung gegen die Ausmalung gefallen.

Um 21.15 Uhr gab es vom Wahlamt das vorläufige Endergebnis: 136.000 abgegebene Stimmen, 68 Prozent lehnten einen bunteren Saal ab, nur 32 Prozent befürworteten dies. Die Wahlbeteiligung lag bei 35,3 Prozent.

Auch in der direkt betroffenen Nürnberger Altstadt war das Ergebnis deutlich: Hier hat eine Mehrheit gegen das Konzept der Altstadtfreunde gestimmt. Die höchste Zustimmung zur Ausmalung hatte laut Stadt Nürnberg der Stimmbezirk Leinburger/Böcklerstraße mit 59,8 Prozent Ja-Stimmen. Die höchste Ablehnung gab es im Stimmbezirk Reutleser Straße mit 87,2 Prozent Nein-Stimmen.

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Dürerzeit ist nur eine Station

„Die Bürger haben der Wandmalerei eine klare Absage erteilt. Wir werden unser Vorhaben - die Geschichtsmeile von der Kaiserburg zum Rathaus zu verdeutlichen - nun rasch voranbringen“, erklärte ein zufriedener Oberbürgermeister Ulrich Maly, der sich für die ruhige, klare Ästhetik des weißen Saals eingesetzt hatte, „die Altstadtfreunde sollen sich über das Ergebnis nicht grämen.

Denn es schmälert ihre Verdienste um das historische Nürnberg in keiner Weise.“ Malys Ziel ist es, den Saal optisch nicht zu ändern und zugleich mit moderner Technik die 700 Jahre Geschichte des Raums Revue passieren zu lassen.

Selbstverständlich sei die Ausmalung zur Dürerzeit eine Station, aber eben nur eine. Daneben soll genauso an das Friedensmahl im Jahr 1649 erinnert werden, das einen endgültigen Schlussstrich unter 30 blutige Kriegsjahre in Deutschland gezogen hat. Und dieses historische Friedensmahl soll wiederum den Bogen schlagen bis zur Gegenwart - zum internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis, für den die Stadt im Rathaussaal alle zwei Jahre ein Sponsoren-Dinner veranstaltet. Das Kulturreferat arbeitet das vorliegende Konzept konsequent weiter aus. Dabei fällt der Blick laut Maly nicht nur auf den Saal und die Ehrenhalle, sondern eventuell auf weitere Räumlichkeiten.

Der Oberbürgermeister und Kulturreferentin Julia Lehner hatten bei der sehr langen, kontrovers geführten Diskussion um den Rathaussaal auf das Argument gesetzt, dass der Entwurf Albrecht Dürers für den Rathaussaal nicht mehr rekonstruierbar ist. Mit der Zerstörung der Altstadt im Zweiten Weltkrieg war die immer wieder veränderte Wandmalerei in Schutt und Asche untergegangen.

Experten waren gegen Projekt

Eine Neubemalung nach den äußerst spärlich erhaltenen Entwürfen Dürers hielt auch eine Expertenrunde aus Historikern, Denkmalpflegern, Kunsthistorikern und Dürer-Spezialisten vor einem Jahr für ausgeschlossen (mit einem abweichenden Votum). Eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Nürnberger Wählerschaft folgte dieser Auffassung jetzt mit ihrem „Nein“ beim Bürgerentscheid.

„Wir haben so etwas erwartet. Das Kosten-Argument hat uns das Genick gebrochen“, meint Altstadtfreunde-Vorstand Karl-Heinz Enderle gefasst, aber doch enttäuscht. Er betonte am Sonntagabend, dass das Kulturreferat „eine faire Chance erhalten muss, ihr Konzept im Detail zu planen und zügig umzusetzen“. Der Verein werde den Prozess kritisch begleiten. Er machte zugleich konstruktive Vorschläge für die Ehrenhalle: Eine offene Theke solle die „unwürdige Pförtnerloge ersetzen. Ein gläserner Windfang am Eingang würde die Öffnung der Türen auch in der kalten Jahreszeit ermöglichen und das Signal an die Besucher aussenden: „Ihr seid willkommen.“

Gleichzeitig mit dem Bürgerentscheid über die Ausmalung des Rathaussaals stimmten die Bürger darüber ab, wer sie künftig im Europaparlament vertritt.

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