Fast alles am Telefon: So arbeiten Krankenkassen in Corona-Zeiten

15.4.2020, 12:42 Uhr
Die zweitgrößte deutsche Krankenkasse, Barmer GEK, musste sich ebenfalls den Gegebenheiten der Coronakrise anpassen.

© Christoph Schmidt/dpa Die zweitgrößte deutsche Krankenkasse, Barmer GEK, musste sich ebenfalls den Gegebenheiten der Coronakrise anpassen.

Die Glastür am Eingang der Barmer-Versicherung in Nürnberg ist zu. Ein Schild informiert die Kunden darüber, dass die Geschäftsstelle in der Regensburger Straße vorerst geschlossen ist. Seit dem 17. März ist das bereits so. Trotzdem kämen immer noch jeden Tag Kunden vorbei, die das nicht mitbekommen hätten, sagt Lisa Harrer, Regionalgeschäftsführerin der Barmer in Nürnberg. "Wir haben schnell gemerkt, dass die Kunden sich schwer tun, ihre Verordnungen oder Unterlagen, die sie uns vorbeibringen möchten, einfach in den Briefkasten zu werfen", sagt sie.


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Viele Menschen hätten offenbar Bedenken gehabt, ob ihre Anliegen überhaupt noch bearbeitet würden. Deshalb sei die Idee mit den Umschlägen und Stiften draußen am Briefkasten entstanden. Der Kunde wirft so nicht seinen losen Zettel ein, sondern kann auf dem Umschlag noch etwas notieren, was er sonst vielleicht mündlich mit seinem Berater besprochen hätte. "Wir wollten den Kunden die Sorge nehmen. Wenn sie etwas einwerfen, rufen wir sie danach an und informieren sie, dass ihre Anliegen bearbeitet werden", erklärt Harrer.

Kunden zeigen Verständnis

Fast alles am Telefon: So arbeiten Krankenkassen in Corona-Zeiten

© Foto: Barmer

"Wir wollen so gut wie möglich für die Menschen da sein", sagt auch Stephan Mayer, Pressereferent der bayerischen Landesvertretung der Techniker-Krankenkasse. Er freut sich darüber, dass die meisten Kunden Verständnis für die neue Situation zeigen, negative Reaktionen seien ihm nicht bekannt. Ob Krankenkassen-Mitarbeiter derzeit mehr oder weniger arbeiten als üblich, lasse sich schwerlich sagen. Einerseits würden viele planbare Eingriffe wie Knie- oder Hüftgelenksoperationen verschoben. "Und wenn Ärzte keine Eingriffe verordnen, hat das natürlich auch Auswirkungen auf uns", so TK-Sprecher Mayer.

Auch Physiotherapien und ambulante Reha-Maßnahmen fallen derzeit oftmals weg. Auf der anderen Seite stehe dagegen ein großer Beratungsbedarf, zum Beispiel zum Kurzarbeitergeld. Während also im einen Fachbereich gerade weniger zu tun ist, wird es in anderen deutlich mehr.

Das zeigt sich auch in Nürnberg. Neben der Geschäftsstelle am Südwestpark betreibt die TK hier ein Fachzentrum für ambulante Leistungen in einem Bürogebäude in der Innenstadt. Mehr als 200 Mitarbeiter sind hier beschäftigt. Weil es im Bereich der ambulanten Leistungen gerade nicht so viele Anträge zu bearbeiten gebe, unterstützten die Kollegen stattdessen von Nürnberg aus ein Fachzentrum für Pflegeleistungen in Dresden.

So wird vielerorts versucht, bestmöglich auf die neuen Umstände durch die Corona-Krise zu reagieren, während man gleichzeitig die Gesundheit aller im Blick behält. Das gilt ebenso für die eigenen Mitarbeiter. Homeoffice sei nicht für alle Abteilungen gleich gut umsetzbar, sagt Mayer von der Techniker-Krankenkasse. Wer mit sensiblen Versichertendaten arbeite, müsse dies vor Ort tun, in anderen Bereichen arbeitet es sich leichter von zuhause aus. Wer Kinder zu betreuen habe, für den würden jedoch Lösungen gefunden, sagt Mayer.

So handhabt es auch die AOK Bayern. Vor allem Mitarbeiter mit Vorerkrankungen, Schwangere sowie Mitarbeiter, die sich um Kinder oder pflegebedürftige Angehörige kümmern müssen, sollten deshalb aktuell von zuhause aus arbeiten, erklärt Christine Brummer, Bereichsleiterin im Marketing der AOK-Direktion Mittelfranken. "Derzeit arbeiten rund tausend Mitarbeiter der AOK Bayern von zuhause", sagt sie.

Mehr Kapazität am Telefon

Auch Harrer von der Nürnberger Barmer sagt, dass für Beschäftigte teils individuelle Lösungen gefunden werden können. So arbeite eine Kollegin, die in der Regel einen weiten Arbeitsweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklege, derzeit von einer anderen Niederlassung aus.

Die größte Veränderung für die Geschäftsstellen ist derzeit der ausbleibende Kundenkontakt. "Ich würde sagen, sonst kommen etwa 300 Kunden täglich zu uns, das ist jetzt ein ganz anderes Gefühl", sagt Harrer. Die meisten Beratungen finden telefonisch statt, Unterlagen werden mit der Post oder gleich online per App eingereicht. Überall werden Kapazitäten für die telefonische Beratung ausgebaut. Einige Kassen, wie die bayerischen AOK und Barmer-Zentralen, haben auch eine Corona-Hotline für die Kunden eingerichtet.

Im Einzelfall sind jedoch vielerorts auch persönliche Gespräche weiterhin möglich – unter Einhaltung aller Abstands- und Hygieneregeln. Bei der Nürnberger Barmer habe es bislang nur ein einziges solches persönliches Gespräch gegeben, sagt Regionalgeschäftsführerin Harrer, es ging dabei um einen Schwangerschaftsabbruch. Dass sich eben nicht alles am Telefon besprechen lasse, dafür haben die Krankenkassen-Mitarbeiter viel Verständnis.


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