Für schwierige Lebenslagen: Diakonie bietet Raum für Frauen

13.1.2021, 10:51 Uhr
Besire Arpaci und ihr Sohn Azad haben im "Haus Mutter und Kind" der Rummelsberger Diakonie eine Heimat auf Zeit gefunden.

© Arnica Mühlendyck Besire Arpaci und ihr Sohn Azad haben im "Haus Mutter und Kind" der Rummelsberger Diakonie eine Heimat auf Zeit gefunden.

Eine kleine eigene Wohnung mit Küchenzeile und Badezimmer, ein eigener Briefkasten, ein eigenes Klingelschild: Besire Arpaci hat mit ihrem 19 Monate alten Sohn Azad im "Haus Mutter und Kind" eine Heimat auf Zeit gefunden. Die alleinerziehende Mutter mit Migrationshintergrund hat schon an vielen Orten gelebt, doch daheim hat sie sich nicht gefühlt.

In Stuttgart etwa, wo sie mit ihrem früheren Ehemann lebte. Er gab ihr die Schuld daran, dass die Ehe kinderlos blieb — ein Arzt hatte ihr Unfruchtbarkeit attestiert. Immer wieder krachte es, immer wieder schlug ihr Mann sie. Zwei Wochen lang lag sie nach einem solchen Streit im Koma - danach änderte sie ihr Leben. Zu ihren Eltern in Nürnberg konnte sie nicht zurück, als die Scheidung 2015 rechtskräftig wurde.

Ein Haus für Mütter und Kinder

Sie zog erst zu einer Freundin nach Nürnberg, dann zu ihrer Großmutter in die Türkei. Dort lernte Besire Arpaci dann Azads Vater kennen. "Er war wie ein Engel", sagt sie. "Wir haben über alles geredet und er hat mir immer geholfen. Als ich schwanger wurde, habe ich das erst nicht geglaubt." Doch ihm völlig vertrauen, das kann sie noch nicht. Er lebt weiter in der Türkei, die beiden haben regelmäßigen Kontakt. "Wenn wir eine Wohnung finden, dann kommt er vielleicht auch nach Deutschland."

Durch Zufall hat die 40-Jährige einen Platz für sich und ihren Sohn gefunden. Eine Freundin erzählte ihr vom "Haus Mutter und Kind". Ein halbes Jahr lang hat Besire Arpaci jeden Monat bei der Rummelsberger Diakonie nachgefragt, bis endlich eine Wohnung frei wurde.

Daniela Wies berät und unterstützt die Frauen im "Haus Mutter und Kind" der Rummelsberger Diakonie – während Corona mit Maske und hinter einer Plexiglasscheibe.

Daniela Wies berät und unterstützt die Frauen im "Haus Mutter und Kind" der Rummelsberger Diakonie – während Corona mit Maske und hinter einer Plexiglasscheibe. © Arnica Mühlendyck

In den 30 Wohnungen leben derzeit 30 Mütter mit 50 Kindern. Die Familiengröße liegt zwischen Müttern mit ein bis 4 Kindern, wie Sabine Kormann, die pädagogische Leiterin, sagt. Die Frauen unterschreiben einen befristeten Mietvertrag — Männer dürfen übrigens nicht mit einziehen.

Zur Ruhe kommen

Das Besondere: Sozialpädagogin Sabine Kormann und ihre Kollegin Daniela Wies beraten die Mütter und helfen ihnen, wieder auf die Beine zu kommen. So sagt Daniela Wies: "Flucht vor dem Partner, Ausreise aus wirtschaftlich und politisch unsicheren Ländern, Misshandlungen und Arbeitslosigkeit sind nur einige der Notlagen, die die Frauen zu uns bringen. Hier können sie Fuß fassen, sich orientieren, zur Ruhe kommen."

Die Sozialpädagoginnen unterstützen bei Anträgen oder informieren über Hilfsangebote. Gemeinsame Aktionen wie Frühstücken oder Basteln sollen das Gemeinschaftsfühl stärken: Wegen Corona mussten allerdings derartige Aktivitäten - vorerst - gestrichen werden.


Vom Glück, eine Kindheit zu behüten


Die Einrichtung trägt sich über die Miete sowie über Zuschüsse der Stadt Nürnberg und der evangelischen Landeskirche. Der Mietvertrag ist jeweils auf fünf Jahre befristet. Sabine Kormann berichtet: "Die meisten nutzen diesen Zeitraum." Zum einen seien die Rahmenbedingungen unter anderem wegen der Beratung und Hilfe sowie der Kontaktmöglichkeit zu anderen Alleinerziehenden sehr gut. "Zum anderen dauert die Suche nach einer Anschlusswohnung oft mehrere Jahre. Deshalb ziehen pro Jahr durchschnittlich nur sieben Mütter aus und neue Mütter ein", sagt die Sozialpädagogin über den angespannten Wohnungsmarkt. Rund 200 Mütter haben seit 1998 in der Einrichtung Unterschlupf gefunden.

Dankbar über ihr neues, kleines Übergangszuhause ist Besire Arpaci. "Ich bin glücklich. Und ich weiß, dass ich jetzt auf einem guten Weg bin. Ich kann bald auf eigenen Füßen stehen."

Keine Kommentare