Gastro-Messe HOGA: Wie die Branche um Nachwuchs kämpft

14.1.2019, 05:14 Uhr
Gastro-Messe HOGA: Wie die Branche um Nachwuchs kämpft

© Foto: Roland Fengler

Es sind beeindruckende Zahlen, die Angela Inselkammer bei der Eröffnung der Gastgebermesse Hoga präsentiert. "Wir haben in den letzten zehn Jahren rund 100.000 zusätzliche Erwerbstätige aufgenommen, von 300.000 auf jetzt 400.000", sagt die Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga Bayern. Damit arbeitet jeder 20. Beschäftigte in Bayern in Hotels oder Gaststätten.Unter den Azubis ist sogar jeder Zehnte im Gastgewerbe beschäftigt, 10.000 Gastro-Nachwuchskräfte sind es im Freistaat insgesamt. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) lobt Bayern als das Tourismusland Nummer eins in Deutschland. 18,5 Prozent der touristischen Wertschöpfung würden unter weiß-blauem Himmel generiert. Kein Grund zum Klagen also? Mitnichten. Dehoga-Vizepräsident Thomas Förster hatte schon im Vorfeld der Messe den Fachkräftemängel angeprangert. Vor allem ausgebildete Köche und Kellner würden derzeit fehlen.

Angela Inselkammer sieht die derzeit dringlichste Aufgabe darin, die Arbeitszeit zu flexibilisieren. Eine Forderung, die Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger unterstützt. Der Freie-Wähler-Chef ist überzeugt, dass viele Mitarbeiter gerne länger arbeiten oder sich im Nebenjob etwas als Bedienung hinzuverdienen wollen.

16 Milliarden Euro Umsatz

Aufgrund der bisherigen Gesetzeslage sei das aber nicht möglich. "So besteht die Gefahr, dass wir der Wachstumsbranche Tourismus nicht die Rahmenbedingungen bieten, die sie verdient hätte", räumte Aiwanger gegenüber der dpa ein. Der Bund müsse die Möglichkeiten der EU-Arbeitszeitrichtlinie nutzen und Flexibilität für die Arbeitnehmer schaffen, wenn sie selbst mehr arbeiten wollen, hatte Aiwanger gegenüber der dpa erklärt. 16 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaften die 39.500 Hoteliers und Gastronomen überwiegend mittelständischer Prägung pro Jahr. Glaubt man der Dehoga-Präsidentin, wäre noch deutlich mehr drin.

Vielen kleinen Familienbetrieben in der personalintensiven und kleinteiligen Branche bleibe wenig Luft zum wirtschaftlichen Überleben, klagt Inselkammer. Fällt eine Arbeitskraft aus, könne es schnell eng werden. Wenn erst einmal die Gastronomie kaputtgehe, habe das unmittelbare Folgen für andere Wirtschaftszweige. Kein Wunder also, dass die Linke höhere Löhne und bessere Arbeitszeiten für die Beschäftigten fordert. Statt den Fachkräftemangel zu beklagen, sollten sich die Arbeitgeber der Branche Gedanken machen, wie sie die Arbeitsbedingungen in den Hotel- und Gaststätten verbessern können, teilte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Susanne Ferschl, mit.

Das Umland leidet

Um Nachwuchskräfte zu gewinnen, werben die Arvena Hotels inzwischen deutlich öfter auf Messen oder bei schulischen Berufsbildungstagen als früher, wie Geschäftsführer Jörg Schlag erklärt. Während die Ausbildungszahlen jahrelang rückläufig waren, haben sie sich in den vergangenen drei Jahren bei 10.000 Azubis stabilisiert, was jedem Dritten in Bayern entspricht. Gleichzeitig sei allerdings auch der Bedarf deutlich gestiegen, wie der 41-Jährige am Beispiel der Nürnberger Bahnhofstraße aufzeigt. Bevor im Jahr 2006 das NH Hotel eröffnete, gab es dort lediglich das Grand Hotel.

Heute tummeln sich in der Straße acht Hotels, zählt man das nur wenige Meter entfernte B&B Hotel dazu, sind es sogar neun. Zwei weitere kommen in die alte Hauptpost. Während Nürnberg von den gestiegenen Übernachtungszahlen profitiert, zuletzt lagen sie bei über drei Millionen, leiden darunter die Hotels in den umliegenden Städten. Inzwischen findet laut Schlag ein regelrechter Kampf um Auszubildende statt. Denn viele wollen nach dem Abitur lieber studieren oder ziehen ein duales Studium der Lehre vor. Von der Attraktivität der Berufe ist Schlag jedoch überzeugt, auch wenn vor allem Eltern ihre Kinder vor kräftezehrenden Arbeitszeiten und niedrigen Gehältern warnen – 800 Euro gibt es im ersten, 900 im zweiten und 1000 Euro brutto im dritten Lehrjahr. Die Vorteile der Hotelfach- und -kaufleute, Restaurantfachfrauen und Köche liegen für Schlag auf der Hand. Sie lernen viele verschiedene Bereiche kennen, können weltweit arbeiten und sind später auch in anderen Branchen gefragt.

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