Ist Reden halten Kunst? Trauerredner Cran siegt vor Gericht

17.2.2016, 20:16 Uhr
Umstrittener Trauerredner: Ernst Cran polarisiert derzeit wegen seines Engagement bei Pegida.

© Karlheinz Daut Umstrittener Trauerredner: Ernst Cran polarisiert derzeit wegen seines Engagement bei Pegida.

Sind individuell gestaltete Trauer- und Hochzeitsreden Kunst? Ja, sagt der Bundesfinanzhof (BFH). Die Münchner Richter stuften in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Urteil Redner, die "eigenschöpferische Leistungen" erbringen, als Künstler ein. Diese können bei ihren Abrechnungen einen ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent geltend machen. Dienstleister, die lediglich "schablonenartigen Redetätigkeiten" abliefern, müssen aber nach wie vor den regulären Umsatzsteuersatz von 19 Prozent ans Finanzamt entrichten.

Geklagt hatte Ernst Cran, der 2003 der evangelischen Landeskirche den Rücken kehrte und seitdem als freier Redner für Trauer-, Geburtstags- und Hochzeitsfeiern tätig ist. Er wollte für die Jahre 2006 bis 2010 den ermäßigten Steuersatz geltend machen. Seit 2010 müssen alle freien Trauerredner sowieso den vollen Satz abrechnen. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) im Jahr 2010.

Nachzahlungen im Wert eines Mittelklassewagens

Das Finanzamt Nürnberg-Nord vertrat die Meinung, Cran hätte auch vor 2010 schon 19 Prozent Umsatzsteuer ansetzen müssen. Die Behörde verlangte eine Nachzahlung im Wert eines Mittelklassewagens. Das Nürnberger Finanzgericht bestätigte die Behörde. Gegen die Entscheidung legte Cran das Rechtsmittel der Revision ein. Nun urteilte der BFH: Nicht nur ein Künstler, der Eintritt verlangt, kann den ermäßigten Steuersatz geltend machen, so die Richter. Auch wenn der Redner vom Veranstalter, zum Beispiel von einem Hochzeitspaar bezahlt wird, ist eine Ermäßigung möglich. Dafür müssten aber bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

Ob Ernst Cran diesen Anforderungen gerecht wird, muss nun das Finanzgericht Nürnberg prüfen. Der Fall wurde zur nochmaligen Entscheidung dorthin zurückverwiesen.

Der 59-Jährige polarisierte zwischenzeitlich als Redner bei Pegida-Kundgebungen in Dresden und Nürnberg. Nachdem seine Auftritte bekannt geworden waren, musste er seinen Posten im Vorstand des Berufsverbands der Trauerredner aufgeben. Auch prominente Kunden meldeten sich zu Wort, einer fühlte sich sogar von Cran betrogen.

In einem Interview des NZ-Blogs Vip-Raum äußerte sich Cran anschließend über seine Beweggründe, sich für Pegida zu engagieren. Unter anderem befürchtet er eine Islamisierung Deutschlands und damit einhergehend eine Bedrohung der freiheitlich-demokratischen Gesellschaftsform.