Perso als Impfpass 

Kann man den Personalausweis als Impfnachweis nutzen?

1.6.2021, 06:09 Uhr
Kann man den Personalausweis als Impfnachweis nutzen?

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa Kann man den Personalausweis als Impfnachweis nutzen?

Warum verwenden wir statt Apps und Codes auf dem Smartphone als Impfnachweis nicht einfach den Personalausweis? Diese Frage lässt Juan Perello Martinez nicht in Ruhe. Er ist genervt davon, dass ständig eine neue App auf seinem Handy Platz braucht - und möchte gar nicht daran denken, wie viel die Entwicklung einer solchen kostet.

Der Nürnberger möchte wissen, ob man die Impfdaten auf dem Personalausweis speichern kann, statt Geld in die Entwicklung von Zertifikaten oder Apps zu stecken, die dann womöglich nicht jeder nutzen kann. Denn "nicht jeder hat ein Smartphone", sagt er, "aber alle Ausweise in Europa sind gechipt." Er - gebürtiger Spanier - könne auf seinem spanischen Ausweis etwa seine Steuernummer und die Info für seine Krankenkasse speichern lassen. Das könnte seiner Meinung nach auch mit Daten über eine Impfung funktionieren. "Klar ist das mit einem Arbeitsaufwand verbunden", räumt er ein, aber den habe man bei der Entwicklung einer App oder eines QR-Codes auch.


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Im EU-Parlament einigte sich die Mehrheit kürzlich auf die Ausgestaltung von Zertifikaten, die europaweit Corona-Impfungen sowie überstandene Covid-Erkrankungen und aktuelle negative Testergebnisse bestätigen sollen. Sie sollen gratis und in digitaler oder Papierform erhältlich sein. Ein offizielles Reisedokument ist das auch als grüner EU-Pass bekanntgewordene Zertifikat aber nicht.

"Smartphone nicht notwendig"

Der Personal- oder Reisepass ist es. Über Lesegeräte an der Ladentür, am Flughafen-Check-in oder bei der Ticketkontrolle von Veranstaltungen könne dann ausgelesen werden, wie der Impfstatus der Person ist, meint Perello Martinez. Allerdings hat er bei seiner Idee nicht an die Starrheit der deutschen Bürokratie gedacht. Denn "die auf dem Personalausweis gespeicherten sowie speicherbaren Daten sind durch das Personalausweisgesetz in Paragraph 18 vorgegeben. Eine Speicherung weiterer Daten - wie etwa der Impfnachweis - ist nicht vorgesehen", erklärt eine Sprecherin des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

Eine kurze, in Zeiten der Digitalisierung bemerkenswerte Begründung wird vom BSI hinterhergeschoben: "Der Impfnachweis wird auch auf Papier ausgestellt, so dass ein Smartphone nicht notwendig ist." Das zitierte Gesetz wurde übrigens zuletzt vor zwölf Jahren aktualisiert.

Perso ist fälschungssicher

Wer einmal eine Bescheinigung auf Papier in der Tasche hatte, weiß, wie so ein Dokument im Laufe der Zeit leidet. Da sieht meistens das nicht fälschungssichere gelbe Impfheft besser aus. Auf diesem basiert Medienberichten zufolge allerdings das digitale Zertifikat, weshalb auch dieses mit genügend krimineller Energie gefälscht werden kann.


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Anders der Personalausweis, der als fälschungssicher gilt. Seit 2010 enthält die Ausweiskarte in der rechten oberen Ecke einen sogenannten RFID-Chip, der über Funk ausgelesen werden kann. Dieser ist seit zwei Jahren grundsätzlich aktiv und ermöglicht verschiedene Formen der elektronischen Authentisierung: Es gibt sogenannte hoheitliche Funktionen, die nur von Behörden genutzt werden können, sowie nicht-hoheitliche, wie die zur elektronischen Authentifikation gegenüber Dritten - zum Beispiel im Internet-Shop über ein herkömmliches Lesegerät.

Der Vorteil liegt auf der Hand und wird etwa in der Hotellerie oder im Online-Handel genutzt: Die Kunden legen ihren Ausweis auf das Lesegerät, das die Daten ausliest und in ein Formular übernimmt. Hierbei entstehen auch keine Schreibfehler wie beim Abtippen. Allerdings brauchen die Unternehmen und Behörden vorab eine staatliche Berechtigung sowie die passende Software.

Wer beschreibt den Chip?

Wer aber darf den Chip mit den notwendigen Daten beschreiben? Die Bundesdruckerei als herstellende Behörde verweist "bei Anfragen rund um den hoheitlichen Perso und dessen Funktionsweise und Einsatzmöglichkeiten grundsätzlich an das Bundesinnenministerium", so ein Sprecher. Dieses Ministerium äußerst sich aber bloß zum Chip: So sei die Speichermöglichkeit des Chips im Personalausweis nur auf die Funktion ausgerichtet, den Ausweisinhaber zu identifizieren – "das nachträgliche Speichern von zusätzlichen Daten wird vom Chip technisch daher verhindert", sagt der Ministeriumssprecher.


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Digitalstaatsministerin Dorothee Bär (CSU) lässt ausrichten, dass die Bundesregierung sich deshalb für eine App-Lösung entschieden habe, die als Ergänzung zum gelben Impfpass zu sehen sei. Abgesehen davon arbeite man gerade an einem sogenannten Identitäts-Ökosystem. Hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich letztlich die Möglichkeit, Nachweise digital auf dem Smartphone zu kombinieren, wie etwa das Impfzertifikat mit dem Personalausweis. Denn wer seinen Impfstatus vorzeigen will, muss sich gleichzeitig ausweisen können.

Mit der Umsetzung eines digitalen Hotel-Check-in ist, so die Sprecherin von Dorothee Bär, "ein erster Anwendungsfall seit Kurzem im Wirkbetrieb. An weiteren Anwendungsfällen - auch zur Nutzung des Impfnachweises - wird intensiv gearbeitet". Bei diesem Pilotprojekt soll etwa das Zusammenspiel von öffentlichen und privatwirtschaftlichen Nachweisen getestet werden. Im konkreten Fall würde der Check-in für den Gast völlig digital ablaufen - in Pandemiezeiten eine gute Sache.

"Digitaler Aktenschrank" im Handy

Ziel ist laut Innenministerium, weitere Identitätsmerkmale wie Führerschein, Studierendenausweis oder ähnliches über die Funktion eines Personalausweises hinaus auf das Smartphone zu bringen. Eine Art "digitaler Aktenschrank" soll Bürgern, Unternehmen, Vereinen und Behörden das Leben im Alltag einfacher machen. Dafür brauchen sie allerdings ein Smartphone.

Ein digitaler Aktenschrank auf dem Personalausweis-Chip wäre für Perello Martinez jedoch die bessere Lösung, von der alle profitieren könnten.

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