Karstadt-Aus in Nürnberg: "Das ist ein schwerer Schlag"

20.6.2020, 20:19 Uhr
Über Jahrzehnte war der Karstadt an der Lorenzkirche eine Institution.  

© Roland Fengler, NNZ Über Jahrzehnte war der Karstadt an der Lorenzkirche eine Institution.  

Corona, der städtische Haushalt, Schulden, Steuerausfälle und jetzt auch noch die angekündigte Schließung der beiden Nürnberger Karstadt-Filialen: "Die Bretter werden immer dicker, die zu bohren sind", sagt Nürnbergs neuer OB Marcus König auf Anfrage. Seinen Start an der Rathausspitze am 1. Mai habe er sich wahrlich anders vorgestellt. "Die Schließungen sind ein herber Schlag. Vor allem, dass die Filiale in der Innenstadt dicht gemacht wird." Das Altstadt-Kaufhaus ist im Oktober 1978, vor bald 42 Jahren, eröffnet worden und war als zentraler Einkaufs-Ort nicht wegzudenken. "Das ist aber auch ein herber Schlag für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für ihre Angehörigen."


Nach Karstadt-Schließungen: Droht ein Aussterben der Innenstädte?


König lässt an diesem schwarzen Freitag allerdings auch optimistische Töne anklingen: "Auch das werden wir irgendwie meistern." Er ist zuversichtlich, dass sich diese "Premium-Immobilie" vermarkten lasse. "Das Traditionshaus an der Lorenzkirche hat eine erstklassige Lage, perfekte Zugänge und eine direkte Anbindung an die U-Bahn. Ich hoffe, dass es uns gelingt, einen neuen Betreiber mit Qualität zu finden."

Auch Fraas spricht von einem "Schock"

"Das ist ein Schock", sagt Nürnbergs Wirtschaftsreferent Michael Fraas. Dass Karstadt sowohl den Standort in Langwasser als auch das große Innenstadt-Kaufhaus in der Karolinenstraße schließt, sei "ein schwerer Schlag für Nürnberg".

"Wir sind auf der Seite der Beschäftigten", betont er und verspricht den Betroffenen Unterstützung seitens der Kommune. Gleichzeitig appelliert Fraas an den Immobilien-Eigentümer, sich um eine neue Nutzung zu kümmern – "da muss etwas geschehen". Schließlich sei das Karstadt-Kaufhaus "ein Magnet für die City gewesen".

Bei Kaufhof kann Miete angepasst werden

Die Suche nach einem Mieter hält der Wirtschaftsreferent im Gegensatz zu OB König für "sehr schwierig", weil der Komplex nahe der Lorenzkirche "extrem verschachtelt" sei, weil er für Karstadt "maßgeschneidert" wurde. Grundsätzliche befinde sich die Immobilie aber in einer Top-Lage. Für das Frankencenter in Langwasser baut er auf die renommierte ECE-Gruppe in Hamburg, dass sie als Betreiber den Verlust zeitnah passend kompensieren kann.

Dass der Kaufhof an der Königstraße erhalten bleibt, hat nach Fraas Erkenntnissen damit zu tun, dass diese Immobilie der Karstadt-Unternehmensgruppe gehört. Hier könne die Miete in wirtschaftlich schwierigen Zeiten angepasst werden. Beim Karstadt-Kaufhaus war das nicht der Fall – hier habe es vom Eigentümer kein Entgegenkommen gegeben.

Sonst ist der Wirtschaftsreferent positiv

Weitere schlechte Nachrichten befürchtet Wirtschaftsreferent Fraas derzeit nicht für Nürnberg. Sowohl beim Neubau für das City-Point-Einkaufszentrum als auch bei der Umwandlung des Quelle-Versandhaus-Komplexes durch die Gerch Group ist ihm von Problemen nichts bekannt. Er geht davon aus, dass beide Vorhaben planmäßig realisiert werden.

Michael Frieser, CSU-Bundestagsabgeordneter aus Nürnberg, erklärt: "Diese Entscheidung trifft die Zukunft der Beschäftigten und die Standorte hart. Die Krise im Einzelhandel wurde durch die Corona-Pandemie verstärkt und beschleunigt. Wir müssen feststellen, dass das Warenhaus-Konzept in seiner jetzigen Form nicht zukunftsfähig ist."

Um zu verhindern, dass Innenstädte und urbane Zentren veröden und zu Geisterstädten verkommen, sei es nun dringend notwendig, neue, frische Konzepte zu entwickeln. "Wir brauchen neue Anziehungspunkte in unseren Fußgängerzonen. Den Bummel durch eine schöne Fußgängerzone mit attraktivem Einzelhandel kann Online-Shopping nicht ersetzen."

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