Machtwechsel: Im Nürnberger Rathaus hat jetzt ein König das Sagen

2.5.2020, 05:41 Uhr
Der 1. Mai 2020 markiert eine Zäsur in der Stadtpolitik. Erst zum zweiten Mal zieht ein CSU-Vertreter im Nachkriegs-Nürnberg als OB ins Rathaus ein.

© dpa/Daniel Karmann Der 1. Mai 2020 markiert eine Zäsur in der Stadtpolitik. Erst zum zweiten Mal zieht ein CSU-Vertreter im Nachkriegs-Nürnberg als OB ins Rathaus ein.

Am Montag wird er das Zimmer von Ulrich Maly (SPD) im ersten Stock im Wolffschen Bau beziehen. Der 39-Jährige nimmt es so in Besitz, wie Maly es einst von OB Ludwig Scholz übernommen hat. Ohne große Veränderungen. König geht da pragmatisch ran: "Es wird einfach grundgereinigt."


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Der 1. Mai 2020 markiert eine Zäsur in der Stadtpolitik. Erst zum zweiten Mal zieht ein CSU-Vertreter im Nachkriegs-Nürnberg als OB ins Rathaus ein. 1996 gelang dieser Coup Ludwig Scholz, der die Macht nach nur sechs Jahren allerdings schon wieder an die SPD abgeben musste. Der junge Stadtkämmerer Maly stieß Scholz damals aus dem Sattel.

"Deutschlands beliebtester Oberbürgermeister" gab fortan 18 Jahre lang den Ton an in der Stadt. Maly ist damit in der Nachkriegszeit nach Andreas Urschlechter (1957 bis 1987) das Stadtoberhaupt mit der zweitlängsten Amtszeit. Am Ende trat der Sozi mit 59 Jahren freiwillig ab, weil es ja noch ein Leben jenseits von Politik und Verwaltung gibt.

Feilen am Kooperations-Vertrag

Nürnberg ist eine SPD-Hochburg – dieses jahrzehntelang wiederholte Mantra hat seine Kraft verloren. Die CSU hat im März nicht nur den OB-Posten geholt, sondern stellt nun auch die größte Fraktion im 70 Sitze umfassenden Stadtrat. Das Kräfteverhältnis im Rathaus hat sich bei dieser Kommunalwahl umgekehrt, auch wenn das alte Bündnis wohl das neue sein wird: Die Konservativen wollen mit den Sozis weiterregieren, beide ringen um Details einer Kooperation.

Die Grünen sind der CSU bei den Sondierungen auf halber Strecke abhandengekommen. Die Öko-Partei konnte sich nicht damit anfreunden, dass König den Chef des städtischen Einwohneramts und der Ausländerbehörde, Olaf Kuch, der in Flüchtlingshelferkreisen sehr umstritten ist, zum Stadtrechtsdirektor machen will. Die Grünen schmissen hin. "Ich bedauere das sehr, sehr", beteuert König. "Aber meine Hand ist ausgestreckt. Ich werde ein OB sein, der die Grünen genauso mit einbindet."

König hat immer wieder betont, dass er ein Oberbürgermeister für alle sein will; einer, der leicht ansprechbar ist. Ein "OB zum Anfassen", so hat er das einmal genannt. "Ich möchte die Bürgerbrille aufhaben", sagt er kurz vor Amtsantritt. Dazu passt, dass er den Bürgerservice ausbauen will, auch die Digitalisierung will er schnell voranbringen.


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Doch als Erstes will der neue OB eine "Task Force" gründen, die sich damit beschäftigen soll, wie die Stadt aus der Corona-Krise "gestärkt herauskommen kann". Marcus König schweben in diesem Zusammenhang konkrete Hilfen vor – zum Beispiel für Gastronomie und Hotellerie. Anstatt forsch das im Wahlkampf vorgestellte 100-Tage-Programm anzugehen, ist jetzt erst einmal Krisenmanagement angesagt. Es wird in Königs Amtszeit viel um Schadensbegrenzung gehen. Bei ihren geplanten Investitionen wird die Stadt Abstriche machen müssen.

Es sind besondere Zeiten, um eine Position mit dieser Verantwortung anzugehen. Er verspüre "totale Spannung" und gleichzeitig Demut, meint König. Zeit, sich in Ruhe ins Amt einzufinden, bleibt ihm nicht. Schied Maly am 30. April wegen der Pandemie ohne Tamtam und mit einer Vollbremsung aus dem Amt, ist es für König ein Start von null auf hundert. "Auf mehr als hundert", korrigiert der 39-Jährige. Er ist schon seit seiner Wahl ins Corona-getriebene Rathaus-Geschäft eingebunden, damit die Übergabe einigermaßen reibungslos läuft.

Neuer Chef im Bürgermeisteramt

Sein Umfeld richtet er sich gerade ein. Es gibt das ungeschriebene Gesetz, dass der neue OB die Leitung des Bürgermeisteramts, die Schaltzentrale im Rathaus, vorschlagen kann. Die Stelle hat König nach einem entsprechenden Stadtratsvotum mit seinem Vertrauten Tobias Schmidt, CSU-Mann, Jurist und langjähriger Chef des Vorstadtvereins Nürnberg-Nord, besetzt.


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König wird auch für das städtische Presseamt eine Person seines Vertrauens vorschlagen. Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass König die (Selbst-)Vermarktung der Rathaus-Arbeit stärker forcieren will als sein in dieser Hinsicht zurückhaltender Vorgänger Maly. Dem jetzt ausgeschiedenen OB lag es nicht, zu jedem Thema eine Pressemitteilung in die Welt zu schicken. Und das Bespielen der sozialen Medien in eigener Sache war ihm fremd. Insofern vollzieht sich auch ein Generationswechsel im Rathaus.

"Es liegen so viele Themen auf dem Tisch," sagt der neue OB. Der gelernte Bankkaufmann will aber nicht mit "dem eisernen Besen" Ämter und Dienststellen durchkehren. Er hat sich zum Ziel gesetzt, in diesem Jahr alle Dienststellen zu besuchen, um Mitarbeiter und Arbeitsabläufe kennenzulernen.

Der nächste wichtige Termin – nach der Vereinbarung der Rathaus- Kooperation – ist die konstituierende Sitzung des Stadtrats am 11. Mai. Kurz vorher wird König offiziell die Amtskette überreicht. Es wird wegen Corona wohl ein kurzer Akt von großer Schlichtheit werden.

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