Millionen-Projekt: Nürnbergs Straßenbahnen werden aufpoliert

4.1.2021, 05:45 Uhr
Fast wie neu: Der erste der vierteiligen Straßenbahn-Züge ist nach der umfangreichen Aufbereitung jetzt wieder im Tagesbetrieb unterwegs.

© Wolfgang Heilig-Achneck Fast wie neu: Der erste der vierteiligen Straßenbahn-Züge ist nach der umfangreichen Aufbereitung jetzt wieder im Tagesbetrieb unterwegs.

In einer ersten Modernisierungsreihe waren die dreiteiligen Bahnen an der Reihe, die zum Beispiel regelmäßig auf der Linie 7 (Hauptbahnhof-Tristanstraße) unterwegs sind. Der letzte der 14 Triebwagen aus den 90er Jahren kehrte im vergangenen Jahr aus den Werkstätten in Leipzig zurück.


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Inzwischen ist die nächste Serie angelaufen: Bis 2023 werden die 25 vierteiligen Straßenbahnen aus dem VAG-Fuhrpark, die vor rund 20 Jahren beschafft worden waren und etwa eine Million Kilometer auf dem Buckel haben, fit gemacht für weitere 20 Jahre. Verteilt auf mehrere Jahre, schlägt das Projekt mit rund 24 Millionen Euro zu Buche. Die VAG muss die Summe aus dem eigenen Haushalt schultern, weil es für Modernisierungsmaßnahmen keine öffentlichen Zuschüsse gibt.

Recycling geht vor

Beteiligt an der Modernisierung sind Kiepe Electric als Konsortialführer und die IFTEC, ein Tochterunternehmen der Leipziger Verkehrsbetriebe. Beide haben sich auf die Modernisierung von Altfahrzeugen spezialisiert. In Leipzig werden die Fahrzeuge zunächst auf Korrosion untersucht und der Korrosionsschutz erneuert. Soweit Bauteile wieder verwendet werden, werden diese aufgearbeitet - so etwa die Innenverkleidung des Fahrgastraums.

Die Fahrgasttüren waren bereits vor fünf Jahren auf den neuesten technischen Standard gebracht worden und verfügen seither, wie nun auch die kürzeren Triebwagen, über sensible Türkanten. Der Einklemmschutz "erkennt" nun selbst Hundeleinen. Komplett ausgetauscht werden die Faltenbälge an den Übergängen zwischen den Wagenteilen, da sie durch die dauernde Beanspruchung verschlissen sind. Die Demontage und Montage von Drehgestellen, Motoren und Bremsen und deren Überarbeitung übernimmt die VAG in ihrer Werkstatt am Hasenbuck in Eigenregie. "Das ist unsere Kernkompetenz", so Wolfgang Langer, der das Projekt seit fünf Jahren leitet.

Graphitfarben und markantes Rot

Das Erscheinungsbild folgt innen wie außen dem Design, wie es vor einigen Jahren für alle Neufahrzeuge der VAG festgelegt wurde. Die Farben Graphitschwarz, Graphitgrau und Schiefergrau sollen eine ruhige Atmosphäre schaffen. Die Sitze in der VAG-Hausfarbe Rot setzen Akzente. Haltestangen aus Edelstahl geben den letzten Schliff. Die ergonomisch geformten Sitzschalen sind neu und werden teils längs zum Wagenkasten montiert. Das hat den Vorteil, dass sich die Fahrgäste schneller setzen und schneller wieder aufstehen können. Zudem gibt es etwas mehr Raum zum Stehen.


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Komplett neu ist die Beleuchtung. Zwei LED-Leuchtbänder, die seitlich an der Decke verlaufen, sorgen für eine gleichmäßige und angenehm helle Ausleuchtung der Fahrzeuge. Zudem wirkt der Fahrgastraum dadurch geräumiger. Die Anordnung der Haltestangen folgt dem Prinzip der großzügigen Raumgestaltung, so verlaufen alle neuen Haltestangen vertikal und sind so für Menschen jeglicher Körperlänge für einen sicheren Halt gut erreichbar.

Moderne Videoüberwachung

"Damit sich Fahrgäste mit visuellen Einschränkungen besser orientieren können, sind die Haltewunschtaster feuerrot gehalten und die Türbereiche mit gelben Sicherheitsstreifen am Fußboden markiert. Neu ist die digitale und hochauflösende Fahrgastraumbeobachtung via Videokameras. Sie bietet ein zusätzliches Maß an Sicherheit für unsere Fahrgäste." Auch der Arbeitsplatz der Fahrerinnen und Fahrer wurde auf den neuesten Stand gebracht. Das betrifft vor allem das Design. Die vierteiligen Straßenbahnen verfügen bereits über eine Klimatisierung für den Fahrerraum, anders als die dreiteiligen vor der Modernisierung.

Die nächste rundum modernisierte vierteilige Straßenbahn wird voraussichtlich Anfang Februar in den Fahrgastbetrieb gehen. "Die Verbindung von Modernisierung und Instandhaltung bietet auf jeden Fall Synergien. Die Optik kommt bei unseren Fahrgästen gut an und große Instandhaltungsmaßnahmen hätten eh angestanden", stellt Langer fest.

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