Mit Begleit-Katze: Unterwegs mit Zeitungsausträger Bernd

20.8.2019, 05:42 Uhr
Mit Begleit-Katze: Unterwegs mit Zeitungsausträger Bernd

© Michael Matejka

Morgens, 3.30 Uhr. Das ist nicht für jeden Biorhythmus die ideale Zeit. Der Berichterstatter merkt es daran, dass er transusig das Auto zum vereinbarten Treffpunkt lenkt, dabei zweimal an der Zielstraße vorbeifährt. Dort wartet Bernd Harlander, voll auf Betriebstemperatur und bereit für seinen täglichen Job.

Ein beachtlicher Zeitungsstapel steht vor der Schwarzlach-Apotheke in der Saarbrückener Straße. Die Straßen sind nahezu autofrei, die Wege menschenleer. Nur ein Krankenwagen zischt blinkend, aber tonlos vorbei. Der süße Duft aus der gegenüberliegenden Bäckerei macht Lust auf Frühstück. Aber bis dahin wird noch Zeit vergehen — Harlander hat erst mal dafür zu sorgen, dass andere Menschen ein perfektes Frühstück haben. Für viele besteht es aus einer Tasse Kaffee, Brötchen und der frischen Tageszeitung. Für die letztgenannte Zutat ist der Zusteller verantwortlich.

Wagen klackert über den Gehsteig

"Guten Morgen", sagt der 51-Jährige gut gelaunt und wuchtet den Zeitungsstapel in seinen blauen Wagen. T-Shirt, kurze Hose — die August-Temperaturen sind angenehm. Harlander kennt das noch ganz anders. Winter ist’s, wenn du eigentlich gar nicht genug Schichten tragen kannst.

Der Zeitungswagen klackert gleichmäßig auf dem Gehsteig, als Harlander den Taunusweg in der Siedlung Falkenheim ansteuert. Er zieht eine Tabelle heraus und murmelt ein paar Nummern vor sich hin. Es sind die Hausnummern und die zugehörigen Zeitungen. "Als Stammzusteller wüsste ich das alles im Schlaf", entschuldigt sich Harlander fast für seinen Spickzettel. Er ist "Springer". Wenn irgendwo Not am Mann ist, weil jemand wegen Krankheit ausfällt oder geplant im Urlaub ist — Harlander ist zur Stelle, sein Handy immer auf Empfang.

2200 fest Angestellte

Harlander bringt die Schwesternzeitungen NN und NZ an den Mann und an die Frau. Aber auch die Süddeutsche, die taz und die Welt hat er im Gepäck. Die Nordbayerische Zeitungs- und Zeitschriften-Zustellgesellschaft mbH (NZZ) – die drei Buchstaben zieren sein graues T-Shirt – ist zuständig für das Verteilen von regionalen und überregionalen Zeitungen, Anzeigen- und Mitteilungsblättern sowie Prospekten.

Das Zustellgebiet der NZZ umfasst Mittelfranken sowie Teile von Oberfranken und der Oberpfalz und reicht von Treuchtlingen bis Forchheim und von Neumarkt im Osten bis Rothenburg im Westen. 2200 fest angestellte Arbeitnehmer und etliche Ersatzzusteller gehören dazu.

Sport? Erübrigt sich

Kein Job für jedermann. Aber diejenigen, die ihn machen, sind meist zufrieden. Harlander etwa mag es, schon sein Tagwerk vollbracht zu haben, wenn andere aufstehen. Früher habe er Sport gemacht, jetzt ist das hier sein Sport, sagt er, während er Kurs auf die nächste Straße nimmt.

Mit Begleit-Katze: Unterwegs mit Zeitungsausträger Bernd

© Michael Matejka

Die Nacht gehört den Tieren. Hier und da ist das Gebell aufmerksamer Hunde zu hören, die während ihrer Nachtwache registriert haben, dass da draußen Geräusche sind. Eine kleine graue Katze freut sich über Ansprache und beschließt, Harlander bei seiner Tour zu begleiten. Igel, Marder, Füchse, Rehe — Harlander kennt die nachtaktiven Vierbeiner und freut sich immer über Begegnungen.

Bislang gab es keine heiklen Begegnungen mit wachenden Hunden. Auch mit Zweibeinern sei es noch nie brenzlig geworden. Einmal habe ein sichtlich Betrunkener versucht, sich eine Zeitung aus dem Wagen zu stehlen. "Aber der hat so lange gebraucht, da konnte ich ihn wieder verscheuchen", sagt Nachtmensch Harlander lachend.

"Was machen Sie da?"

Er selbst wurde schon für einen Einbrecher gehalten. Nicht immer sind die Hausnummern von der Straße aus gut zu sehen. Harlander führt daher eine Taschenlampe mit. Als er mit dem Lichtkegel das Haus abtastete, stand plötzlich jemand hinter ihm: "Was machen Sie da?", fragte er. Mit einem Stapel Zeitungen konnte Harlander sich als Austräger ausweisen. Der Herr verabschiedete sich freundlich und ging seiner Wege.

Fast jeder seiner Kollegen kennt eine mehr oder weniger skurrile Nachtgeschichte. So berichtet eine Austrägerin aus der Region, dass sie schon per Handy den Krankenwagen verständigen wollte, weil sie um 4 Uhr früh von weitem jemanden am Straßenrand liegen sah.

Sie ging vorsichtig näher und hatte plötzlich ein anderes Bild: Es handelte sich um Mann und Frau, die – sagen wir mal – nicht warten wollten, bis sie einen etwas intimeren Rahmen für ihre Tätigkeit gefunden haben. Ein Notarzt war nicht nötig.

Eine Exemplar ist übrig

Harlander hat das Gebiet in der Falkenheim-Siedlung versorgt. Jetzt geht es für ihn weiter nach Pillenreuth. Prüfend schaut er auf sein Handy. 5 Uhr. Vielleicht kommt noch eine Nachricht, dass er ein weiteres Gebiet versorgen soll.

Die Begleit-Katze verabschiedet sich maunzend. In dem blauen Wagen liegt noch eine Ausgabe der NN. Hat er vielleicht vor lauter Gespräch ein Haus vergessen? Harlander grinst. "Diese Ausgabe ist für mich – für das perfekte Frühstück."

Wer an der Verteilung mitwirken möchte, kann sich entweder unter der Telefonnummer (0911) 216 1627 melden oder eine Mail schicken an: nzz-jobs@pressenetz.de

Verwandte Themen


0 Kommentare