Nach Prügel-Attacke: Erstklässler hat Schule gewechselt

11.5.2020, 05:50 Uhr

Es ist gut zweieinhalb Monate her, als es an der Carl-von-Ossietzky-Schule zu einem Übergriff auf einen sechsjährigen Jungen kam. Am Donnerstag, 13. Februar, schlugen mehrere ältere Schüler auf den Erstklässler ein. Die Mutter fuhr mit ihrem verletzten Sohn in die Cnopf‘sche Kinderklinik. Ein Arzt diagnostizierte mehrere Prellungen, Gehirnerschütterung. Die Klinik nahm den Jungen für drei Tage stationär auf – zur Beobachtung, um eine Blutung und Schwellung des Gehirns ausschließen zu können. Die Mutter wollte ihren Sohn nicht länger auf der Schule lassen. Nach der Berichterstattung in unserer Zeitung reagierten viele Leser entsetzt über diesen Vorfall. Fragen taten sich auf, wie es in dieser Sache weiterging.

Der Junge wechselte mittlerweile die Schule

Die Corona-Krise hat die Nachrichtenlage überlagert, andere Themen – wie auch der Vorfall an der Carl-von-Ossietzky-Schule – traten in den Hintergrund. Zunächst. Jetzt ist die Recherche wieder aufgenommen worden. Der Junge, Sascha (Name geändert), wechselte mittlerweile die Schule, die Leitung der Grund- und Mittelschule im Stadtteil Sündersbühl kam dem Wunsch der Mutter nach. "Ich bin sehr zufrieden mit diesem Schritt", sagt sie auf Anfrage. Schulleiterin Angelika Seifert versicherte seinerzeit auch, alles daranzusetzen, um den Jungen zu unterstützen. Doch weitere Auskünfte zu dem Fall, gab sie nicht. Offen ist nach wie vor, wie der Angriff auf den Sechsjährigen verlief, ob Lehrkräfte darauf aufmerksam wurden und einschritten. Unklar ist auch, welche Konsequenzen das für die an dem Übergriff beteiligten Schüler haben wird.

Klar aber ist: "Die Namen aller beteiligten Kinder stehen fest", heißt es in einem Antwortschreiben der Polizeipressestelle. Fest steht auch, dass die Schulbehörde sich näher mit dem Vorgang befasst hat. "Die Situation an der Grundschule der Carl-von-Ossietzky-Schule in Nürnberg wurde in Kooperation mit der Schulleitung, den Lehrkräften, den Erziehungsberechtigten sowie einem multiprofessionellen Team der staatlichen Schulberatung aufgeklärt und abgeschlossen", erklärt Schulamtsdirektor Ralf Karg. Dabei seien Maßnahmen der Intervention, der Sanktion und der Prävention ergriffen worden. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes sei es laut Karg allerdings nicht möglich, weitere Details zu übermitteln.

"Die Toleranz ist hier erfahrungsgemäß auch sehr gering"

Bleibt noch die Rolle der Polizei in diesem Fall. Nach einer Anordnung des Kultusministeriums vom 23. September 2014 sind die Schulen verpflichtet, gewalttätige Übergriffe bei der Polizei anzuzeigen. "Die Toleranz ist hier erfahrungsgemäß auch sehr gering", erklärt Elke Schönwald, Leiterin der Polizeipressestelle. Doch eine Anzeige sei im Zuge der ersten Anfrage für den Zeitungsbericht, der am 26. Februar 2020 erschien, "bei der zuständigen Dienststelle tatsächlich noch nicht bekannt".


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Als der Fall dann bekannt war, seien die Ermittlungen laut Schönwald "selbstverständlich" sofort aufgenommen worden – unabhängig von der Strafmündigkeit der Beteiligten. "Es liegt auch im polizeilichen Interesse, gegen Gewalt an Schulen vorzugehen. Aus diesem Grund finden von den zuständigen Präventionsbeamten auch regelmäßig Unterrichtseinheiten an den Schulen – auch zum Thema 'Gewalt' – statt", sagt die Sprecherin. Die Mutter des "geschädigten Jungen" habe auch alle erforderlichen Informationen erhalten, für den Fall, dass sie Schadensersatzansprüche geltend machen wolle. Auf Anfrage sagt die Mutter dazu: "Nein, ich will kein Schmerzensgeld und keinen Schadensersatz. Ich bin nur froh, dass der Junge jetzt auf eine andere Schule gehen kann."

Und wie geht es weiter? Laut Schönwald wird der Vorgang nach Abschluss der Ermittlungen an die zuständige Staatsanwaltschaft und an das Jugendamt der Stadt Nürnberg weitergeleitet, die dann über das weitere Vorgehen entscheiden. Der brutale Übergriff an der Grundschule gehört zu den klassischen Rohheitsdelikten, wie sie in der Polizeistatistik auftauchen. Neben der Körperverletzung gehören beispielsweise auch Raub und Freiheitsberaubung dazu. Die Polizei stellt fest, dass Gewalt an Schulen seit drei Jahren grundsätzlich wieder zunimmt. 47 Prozent der Rohheitsdelikte fanden an Schulen statt, 41 Prozent im öffentlichen Raum (Stand: 2018). Schönwald: "Ein Grund hierfür ist auch die Tatsache, dass an Nachmittagen die Schulhöfe geöffnet waren."


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