Nach wochenlangem Warten: Enkelin begleitet 92-Jährige zum Impftermin

7.2.2021, 05:45 Uhr
Freude hinter FFP2-Masken: Glückliche Gesichter von Enkelin und Großmutter nach der Corona-Impfung.

Freude hinter FFP2-Masken: Glückliche Gesichter von Enkelin und Großmutter nach der Corona-Impfung.

Wir warteten. Und warteten weiter. Es waren Wochen der Ungewissheit und Vertröstens, "Nein Oma, wir können leider immer noch keinen Impf-Termin ausmachen." Täglich gab es neue Berichte über verzögerte Lieferungen des Corona-Impfstoffes, während sich die Politik die Verantwortung in die Schuhe schon übten wir uns in Geduld. Die erlösende Mail "Sie können jetzt Ihre Termine zur Corona-Impfung vereinbaren" kam dann doch ziemlich überraschend. Und da war er: der Termin – gleich am nächsten Tag.

Das letzte Mal, dass wir uns im kleinen Familienkreis sahen, war an Weihnachten. Davor blieben Mutter, Tante und Enkelin tagelang zuhause, Selbstisolation als Selbstschutz. Umso schöner war es, an Weihnachten zusammen zu sitzen, als gäbe es diese Pandemie nicht.


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Für alle war es kein gutes Gefühl, die 92-jährige Großmutter monatelang in ihren eigenen vier Wänden zurückzulassen, es fühlte sich an wie alleine lassen. Das schlechte Gewissen saß immer im Hinterkopf. Doch beschwert hat sich die Oma nie. Ertrug die neue, ungewohnte Situation - ändern konnte man sowieso nichts. Den Lockdown vertreibt sie sich mit viel Schlaf und Fernsehen. Über die Distanz gucken wir Dokus über ferne Länder, besprechen am Telefon die aktuellsten Nachrichten oder beklagen uns über das graue Winterwetter.

Eines fehlte ihr in den vergangenen Monaten besonders: der regelmäßige Restaurantbesuch mit Schweinebraten. Wir vertrösteten uns am Telefon immer gegenseitig, "im Sommer wird alles besser." Das Einreden dieser Durchhalteparolen war wichtig. Ob sie sich impfen lassen wolle wurde gar nicht besprochen – für sie war es von Anfang an klar.


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Als der Termin also feststand, begann der Telefonterror. 15 Mal in einer Stunde klingelte das Telefon – sie ging nicht ran. Ich erreichte sie schließlich während der obligatorischen Tagesschau und dem Abendessen. Ob ich denn nicht später anrufen könnte, sie esse gerade. "Nein Oma. Es ist dringend." Mit vollem Mund murmelte sie ins Telefon. "Morgen? Geimpft? Das ist ja mal eine Überraschung. Wann holst du mich ab?", fragte sie. Wir gingen die Check-Liste durch: Fühlst du dich gesund? Hast du deinen Ausweis und Impfpass zur Hand? FFP2-Maske nicht vergessen!

"Welch eine Erlösung, dass es heute soweit ist"

Vormittags ging es dann los ins Impfzentrum. Die ganze Familie war nervös und voller Optimismus, Mutter und Tante wurden über WhatsApp über jeden Schritt informiert. Die Hauptperson des Impf-Spektakels war gewohnt zurückhaltend, doch auch ihr merkte man die Vorfreude an. "Bist du bereit Oma? Jetzt geht’s los", ihre Antwort: "Ja. Welch eine Erlösung, dass es heute so weit ist."


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Vor dem Impfzentrum war eine Karawane an Seniorinnen und Senioren mit Rollatoren und Gehhilfen zu beobachten, die gemächlich zum Eingang liefen. Wir schlossen uns an und schlenderten im Regen zur ersten Einlasskontrolle. Mit jedem Schritt weiter rein in die riesige Nürnberger Messehalle wurde die Laune besser. Die Anspannung wich, als wir im Wartebereich saßen und einen Informationsfilm über die Impfung zu sehen bekamen. "Kommen sie bitte", sagte eine freundliche Mitarbeiterin anschließend und führte uns zu den Impfkabinen. Eine Frau am Schreibtisch, ein Arzt im weißen Kittel. Die Spritze, auf die wir so lange gewartet haben, lag in einer grauen Schüssel.

Nach der Impfung in die "Wellnessoase"

Der Impfbogen mit den Vorerkrankungen wurde überprüft, Großmutter unterschrieb die Aufklärung. Haut wurde desinfizieren, Spritze in den Oberarm, Pflaster drüber – fertig. Keine zwei Minuten später zog Oma ihre Strickjacke wieder an, sie hatte die Spritze nicht einmal gemerkt. Sie bedankte sich überschwänglich beim Arzt und ging mit einem "Hurra" aus der Kabine raus.

In der "Wellnessoase", wie Mitarbeiter den Ruhebereich nach der Impfung scherzhaft nennen, machten wir sofort ein Selfie und schickten es in die Familiengruppe. "Wir haben es geschafft!" Eine viertel Stunde saßen wir da – sie sichtlich erleichtert, die Enkelin mit Tränen vor Freude in den Augen. Zum ersten Mal seit langer Zeit kommt das Gefühl auf, dass die Pandemie endlich kontrolliert werden kann. In drei Wochen steht der zweite Termin an. Oma freut sich drauf. "Man muss nur geduldig sein, dann wird alles gut", sagt sie auf der Rückfahrt.

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