Zum Gedenken

Nürnberg benennt einen Platz nach NSU-Terroropfer Ismail Yasar

Gabi Eisenack

Lokalredaktion

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2.6.2022, 16:57 Uhr
Zum Gedenken wurde ein Platz in der Nähe der Scharrerschule nach Ismail Yasar benannt. Die Kinder des Ermordeten enthüllten das Schild.

© Roland Fengler, NNZ Zum Gedenken wurde ein Platz in der Nähe der Scharrerschule nach Ismail Yasar benannt. Die Kinder des Ermordeten enthüllten das Schild.

Es sind Ismail Yasars Kinder, sein Sohn und seine Tochter, längst erwachsen, die das Schild enthüllen. Nun trägt der kleine grüne Platz den Namen ihres Vaters. Es ist ein Ort des Gedenkens entstanden. Zur feierlichen Einweihung sind viele Menschen gekommen, aus dem Stadtrat, von der Gemeinde, aus der Scharrerschule, den Kindergärten und Kulturzentren sowie von der Initiative "Gleißhammer gestalten". Sie alle wollen zeigen, dass sie Anteil am Schicksal der Familie Yasar nehmen. Und dass sie nicht vergessen, was geschehen ist.

Walnussbaum zum Gedenken

Zehn Menschen hat die rechtsextreme Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" ermordet, drei von ihnen in Nürnberg. Ismail Yasars Dönerimbiss gibt es heute nicht mehr. Aber viele Menschen erinnern sich an den freundlichen Mann, der immer ein offenes Ohr für seine Gäste hatte. Ihm wird bei einem Festakt am Donnerstag nicht nur der Platz gewidmet. Für ihn wird gegenüber der Scharrerschule auch eine Stele enthüllt, und hier ist ein Baum gepflanzt worden. Ein Walnussbaum, weil er diese Bäume besonders mochte. Gestiftet hat ihn das Demokratiebündnis Zwickau.

Gegenüber der Scharrerschule erinnert eine Stele an Ismail Yasar. Außerdem wurde zu seinen Ehren ein Walnussbaum gepflanzt.

Gegenüber der Scharrerschule erinnert eine Stele an Ismail Yasar. Außerdem wurde zu seinen Ehren ein Walnussbaum gepflanzt. © Roland Fengler, NNZ

"Dein Vater ist tot"

Barbara John, die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Hinterbliebenen der NSU-Opfer, spricht für Yasars Kinder, die nicht selbst das Wort ergreifen möchten. "Zu schwer ist es für sie, davon zu erzählen, was ihnen widerfahren ist", sagt John. Yasars Kinder besuchten die Scharrerschule. "Ich hätte den Mörder meines Vaters sehen können. Ich hätte die Schüsse hören können." Doch an jenem Tag war der Junge, damals 15 Jahre alt, wegen eines Berufspraktikums nicht an der Schule. Niemals wird er die Kälte vergessen, mit der ihm der Polizist, der zu ihm in die Werkstatt kam, sagte: "Dein Vater ist tot."

Jedes Leben beschützen

Es sei wichtig und gut, Gedenkorte zu haben, sagt Barbara John. "Aber noch besser ist es, keine zu brauchen, die an Menschen erinnern, die ermordet wurden. Unsere Aufgabe ist es, solche Taten zu verhindern. Wir brauchen eine Gesellschaft, in der jedes menschliche Leben beschützt und behütet wird."

Kein Schlussstrich

Oberbürgermeister Marcus König (CSU) stellt die Frage, die sich viele Menschen stellen, nachdem klar wurde, wer hinter der Mordserie steckte. "Wie konnte das passieren? Wie konnten die Institutionen und wir als Gesellschaft so versagen?" Er habe sich in aller Form bei den Familien der Mordopfer entschuldigt. "Es ist wichtig, dass wir keinen Schlussstrich ziehen. Zu viele Fragen sind noch offen." Deshalb sei es gut, dass es den zweiten NSU-Untersuchungsausschuss in Bayern gibt. Sein Dank gilt auch den Menschen in Gleißhammer, die sich für Demokratie und gegen Rassismus einsetzen.

Blumen zum Gedenken an Ismail Yasar. 

Blumen zum Gedenken an Ismail Yasar.  © Roland Fengler, NNZ

Wünsche für Ismail Yasar

Die Jugendlichen haben sich für den Festakt mächtig ins Zeug gelegt. Die Jüngeren haben Lieder einstudiert, die Großen verteilen Zettel in Form von Walnüssen. Hier darf jeder, der möchte, zum Gedenken an Ismail Yasar einen Wunsch aufschreiben. "Damit gestalten wir dann eine Plakatwand", sagt Sude, die 15 Jahre alt ist und die Scharrer-Schule besucht. Später liest ihre Mitschülerin Laetizia Zitate vor. Freundschaft und Liebe, Frieden und Vielfalt werden gewünscht. Und ein Kindergartenkind hat aufschreiben lassen: "Dass es Ismail Yasar im Himmel gut geht."

Am Freitag, 3. Juni, beginnt in Nürnberg das dreitägige Tribunal "NSU-Komplex auflösen". Mit Workshops, Vorträgen, Diskussionen, kritischen Stadtspaziergängen, Flashmob und Performance will ein Aktionsbündnis darauf aufmerksam machen, dass noch viele Fragen nach dieser ungeheuren Verbrechensserie offen sind.

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