Wahlkampf-Affäre

Nürnberger Linken-Kandidat erstattet Anzeige wegen Verleumdung

11.9.2021, 09:02 Uhr
Titus Schüller ist derzeit im Wahlkampfendspurt und viel in Nürnbergs Nordstadt unterwegs. 

© Stefan Hippel, NN Titus Schüller ist derzeit im Wahlkampfendspurt und viel in Nürnbergs Nordstadt unterwegs. 

Soll der Bundestagskandidat der Linken und Nürnberger Stadtrat Titus Schüller kurz vor der Wahl schwer in Verruf gebracht werden? Anonyme Behauptungen in den sozialen Medien legen den Verdacht nahe. Schüller wehrt sich und hat jetzt Anzeige wegen Verleumdung in einem besonders schweren Fall erstattet.

Der entsprechende Paragraf 188 im Strafgesetz ist erst im Frühjahr in Kraft getreten: er soll Politiker auch auf kommunaler Ebene vor Beleidigung, übler Nachrede und schwerer Schädigung des Ansehens der Person schützen.

Schüller reagiert damit auf Behauptungen, die jetzt auf Twitter aufgetaucht sind. Dort fordert eine "Gruppe antithese" unter dem Schlagwort "Die Linke me too" Schüller auf, von allen seinen Ämtern zurückzutreten. Die Partei solle sich zudem endlich kritisch mit den "Geschehnissen" auseinandersetzen.

Bezug genommen wird auf Ereignisse vor einigen Monaten: Bereits im Frühjahr, kurz nachdem der Landesverband der Linken seine Kandidaten für die Bundestagswahl aufgestellt und Titus Schüller auf den aussichtsreichen Platz 6 gesetzt hatte, gingen bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth zwei Anzeigen ein.

Zwei ehemals aktive Parteimitglieder bezichtigten den 35-jährigen Familienvater des übergriffigen Verhaltens. Die genannten Vorfälle sollen sich in den Jahren 2018 und 2019 zugetragen haben. Im Mai stellte die Behörde das Verfahren jedoch ein, es habe "Aussage gegen Aussage" gestanden, sagte Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke unserer Redaktion. Zudem sei man mit widersprüchlichen Angaben konfrontiert gewesen.

Auch innerparteilich bemüht man sich seitdem um Aufarbeitung des Falls, wie die Linken-Landessprecherin und Nürnberger Stadträtin Kathrin Flach Gomez betont. Solche Vorwürfe "nehmen wir sehr ernst". Die beiden Gleichstellungsbeauftragten des Landesverbandes wurden von Anfang an eingeschaltet. Doch man sei auf "so viele Widersprüchlichkeiten, Ungereimtheiten und widerlegbare Unwahrheiten" von den Leuten gestoßen, die Anzeige erstattet haben, dass man das interne Verfahren nicht habe weiterbetreiben können.

Die Mitgliederversammlung und der Linken-Kreisvorstand hätten sich danach geschlossen hinter Schüller gestellt, unterstreicht Flach Gomez. Sie vermutet, man wolle ihm gezielt im Wahlkampf schaden.

So sieht das auch Schüllers Anwältin Adelheid Rupp. Die Juristin war ab dem Jahr 2003 zehn Jahre lang Landtagsabgeordnete der SPD. Hier werde ein angeblicher Vorfall, der über Jahre zurück liegen soll, bewusst vor der Bundestagswahl gestreut. Dies sei eine "verschärfte Form der Verleumdung", sagt sie. Die Anwältin sieht eine Diffamierungskampagne gegen ihren Mandanten laufen.

"Das ist jetzt kein Zufall", kommentiert Titus Schüller die öffentlichen Anwürfe gegen ihn kurz vor dem Wahltag im Netz. Er hat Anzeige nach dem neuen Paragrafen 188 gegen vier ihm bekannte Parteimitglieder gestellt. Ihm sei schwerer Schaden zugefügt worden. Schüller ist nicht nur Stadtrat in Nürnberg, sondern auch weiterer Stellvertreter des mittelfränkischen Bezirkstagspräsidenten.

Das Parteiausschlussverfahren, das seine Gegner gegen ihn ins Rollen gebracht haben, habe "angesichts des vollumfänglich eingestellten Ermittlungsverfahrens keinerlei Aussicht auf Erfolg", sagt er.

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