Nürnberger Segler erklärt: Thunbergs Reise wird ungemütlich

14.8.2019, 15:36 Uhr
Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg will mit einem Segelboot in die USA reisen.

© Kirsty Wigglesworth, dpa Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg will mit einem Segelboot in die USA reisen.

Etwa zwei Wochen befindet sich die Klimaaktivistin Greta Thunberg mit ihrem Vater und den Skippern Boris Hermann und Pierre Casiraghi, der Sohn von Prinzessin Caroline von Monaco, auf dem offenen Meer. Ihr Ziel: Sie will Ende September an der UN-Vollversammlung in New York teilnehmen. Kein einfacher Trip für die 16-Jährige, denn die Seereise von Großbritannien in die USA ist alles andere als ein entspannter Törn auf einer Luxusjacht, weiß Jens Thoma, Mitglied des Nürnberger Yachtclubs Noris. Er war im September 2016 selbst auf einem zehnmonatigen Törn, der ihn unter anderem über den Atlantik führte.

Nürnberger Segler erklärt: Thunbergs Reise wird ungemütlich

© Seasicksailing, Thoma

"Komfort ist hier absolute Fehlanzeige. Eine solche Rennjacht besteht komplett aus Carbon", sagt der 29-Jährige über die "Malizia". In dem Boot sei kein Polster und keine Isolierung zu viel eingebaut. Nicht nur Unbequemlichkeit, sondern auch die Lautstärke unter Deck könnten Probleme bereiten: "Wenn der Skipper mit 20 Knoten über das Meer fährt, kann man nicht gut schlafen".

Die "Malizia", auf der die 16-Jährige nach New York reist, hat zur Verpflegung ausschließlich eine Wasseraufbereitungsanlage, einen Gaskocher und erzeugt selbst Öko-Strom. Ein Eimer ersetzt die Toilette an Bord.

Sorgen scheint den Beteiligten vor allem die Übelkeit zu machen. Greta Thunberg sei bereits beim Probesegeln schlecht geworden, heißt es. "Vor einer Seekrankheit ist niemand sicher", sagt Jens Thoma. "Vielen geht es mit viel Liegen und Entspannung schnell besser. Auch Tabletten können helfen."

Ein blauer Eimer, der an Bord als einzige Toilette dient.

Ein blauer Eimer, der an Bord als einzige Toilette dient. © Kirsty Wigglesworth, dpa

Hurricane-Saison in der Karibik

Turbulent kann es allemal werden. "Die Wetterlage ist auf der Strecke im Sommer eine völlig andere", erklärt der 29-jährige Thoma weiter. Denn dann sei die Hurricane-Saison in der Karibik in vollem Gange. Das bedeutet: Tiefdruckgebiete ziehen auf der Strecke von Westen in Richtung Europa. Deshalb sei es wichtig, ein passendes Wetterfenster abzuwarten. Doch das allein kann nicht vor Stürmen auf dem Atlantik bewahren: "Vielleicht sind die ersten Tage noch planbar. Wie sich das Wetter auf der zweiwöchigen Reise weiterentwickeln wird, kann niemand vorhersagen - das ist das Spannende beim Segeln." Die Skipper werden deshalb die Wetterdaten genau im Blick haben müssen. Wenn ein Tiefdruckgebiet auf die Crew um die Klimaaktivistin zukommt, sind "bis zu zehn Meter hohe Wellen möglich", so Thoma. Im schlimmsten Fall heißt das: Den Stürmen so gut es geht kontrolliert ausweichen. Das kann Zeit kosten. Deshalb ist die genaue Anzahl der Reisetage ungewiss.

Wenig Komfort: Ein Blick unter Deck mit einer Schlafkoje auf der linken Seite auf der emissionsfreie Rennjacht "Malizia".

Wenig Komfort: Ein Blick unter Deck mit einer Schlafkoje auf der linken Seite auf der emissionsfreie Rennjacht "Malizia". © Kirsty Wigglesworth, dpa

Hohe Belastung für die Crew

Um den Kurs, die Geschwindigkeit und das Wetter im Blick zu behalten, wechseln sich die Skipper ab. "Normalerweise geschieht das im vierstündigen Takt. Das ist eine extreme Belastung, auf einer solchen Reise muss man Tag und Nacht funktionieren", erzählt Thoma.

Der "Malizia"-Skipper und Profisegler Boris Herrmann sieht in der Reise nicht nur eine Herausforderung, sondern auch ein geschichtliches Ereignis. Eine unerfahrene Person, die "völlig unerfahren" über den Atlantik in einem Rennboot segelt, habe es noch nie gegeben, zitierten mehrere Medien Herrmann kurz vor dem Start.

Klimaforschung auf der "Malizia"

Außerdem will Boris Herrmann die Reise nutzen, um Daten zur Umweltbelastung zu sammeln. An Bord seiner Jacht ist ein Labor, das die Co2-Werte im Ozean messen kann. Der Hamburger will so Erkenntnisse über die Auswirkungen des Klimawandels auf das Meer gewinnen.

 

 

 

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