Nürnbergs Kämmerer wegen Corona in tiefer Sorge

18.6.2020, 06:00 Uhr
Die Coronapandemie macht den bayerischen Städten finanziell zu schaffen. Allein 2020 fallen laut Nürnbergs Kämmerer Harald Riedel Steuereinnahmen von 148 Millionen Euro weg.

© dpa Die Coronapandemie macht den bayerischen Städten finanziell zu schaffen. Allein 2020 fallen laut Nürnbergs Kämmerer Harald Riedel Steuereinnahmen von 148 Millionen Euro weg.

Finanzreferent Harald Riedel (SPD) bezeichnete das Zukunftspaket der Bundesregierung als "großen Wurf", das den Kommunen in der Corona-Krise sehr gut helfe – doch der Kämmerer machte in der Stadtratssitzung auch den Ernst der Lage deutlich und sprach von "der schwierigsten Haushaltssituation der letzten Jahrzehnte".

Nürnbergs Kämmerer wegen Corona in tiefer Sorge

© Foto: Edgar Pfrogner

Es wurde während Riedels Rede immer stiller im Historischen Rathaussaal, wo der Rat gestern abermals tagte, weil dort im Gegensatz zum Stadtrats-Sitzungssaal die Sicherheitsabstände eingehalten werden können. Der Referent machte keinen Hehl aus seiner tiefen Besorgnis angesichts der finanziellen Situation der Stadt. Für 2020 fallen Riedel zufolge Steuereinnahmen von 148 Millionen Euro weg; den größten Posten davon macht die Gewerbesteuer mit knapp 110 Millionen aus. Diese Summe wird zwar durch Bund und Land im Rahmen des Zukunftspakets ausgeglichen, aber die Folgewirkungen der Krise bleiben. Selbst wenn sich die Wirtschaft im Jahr 2021 rasch erholen sollte, rechnet der Kämmerer bis 2023 mit Ausfällen von insgesamt 344 Millionen Euro. Zudem erfährt der städtische Haushalt 2020 noch eine Mehrbelastung von 30 Millionen Euro, die aus Mindereinnahmen (etwa wegen der zeitweiligen Schließung von Einrichtungen wie Tiergarten und Bildungscampus) und Mehrausgaben (zum Beispiel für den Pandemieschutz) resultiert.

Es werde eine "enge Geschichte", ob man die kommenden Haushalte durch die Regierung von Mittelfranken genehmigt bekommt, sagte Riedel, der auch nicht glücklich darüber ist, dass für den Haushalt 2021 schon 430 Anträge zur Schaffung neuer Stelen vorliegen. Das würde ab 2021 eine Mehrbelastung von 20 Millionen Euro bedeuten. Hinzu kommt laut Riedel ein Mittelfristiger Investitionsplan, der jetzt schon städtische Ausgaben in Höhe von 800 Millionen Euro bis 2024 vorsieht und in dem größere Maßnahmen wie das Schulzentrum Südwest noch gar nicht enthalten sind.


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Am Zukunftspaket lobte Riedel vor allem, dass der Bund seinen Anteil an den Kosten der Unterkunft für Hartz-IV.-Empfänger von 50 auf 75 Prozent steigert – zumal es sich hier um eine dauerhafte Unterstützung handelt, während der Ausgleich der Gewerbesteuerausfälle zunächst nur für 2020 gilt. "Da wir in der Stadt einen hohen Anteil an Langzeitarbeitslosen haben, profitieren wir hier sehr", sagt Riedel. Die Stadt spart deswegen nunmehr jährlich 35 Millionen Euro ein. Hinsichtlich der Gewerbesteuer hofft Oberbürgermeister Marcus König (CSU), dass der Bund die Einnahmeausfälle auch 2021 und 2022 ausgleicht.

Dieses Paket bedeute etwas "Licht am Ende des Tunnels", sagte CSU-Fraktionschef Andreas Krieglstein. "Aber es werden keine einfachen Jahre werden." "Wir müssen Abstriche von unseren Wunschzetteln machen", betonte Thorsten Brehm (SPD). Unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen sei nicht mehr alles umsetzbar, man müsse Prioritäten setzen. Ähnlich formulierte es Achim Mletzko, Fraktionsvorsitzender der Grünen.


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Riedel sagte, dass er diesen Vorsatz sehr gerne höre, aber befürchte, dass sich die Rede von der Priorisierung lediglich auf Zusatzprojekte beziehe. "Das Zusätzliche können wir uns aber gar nicht mehr leisten."

Task-Force: König lenkt ein

Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie waren kürzlich auch Thema der sogenannten Corona-Task-Force, die OB König einberufen hatte. SPD, Grüne und Linke kritisierten König, weil sie sich über die Funktion dieses Gremiums nicht ausreichend informiert fühlten (wir berichteten). König sagte, dass er schnell handeln und einen Austausch der Nürnberger Wirtschaftsweisen Veronika Grimm mit Vertretern der Kammern und des DGB ermöglichen wollte. Wenn dieses Gremium im Herbst abermals tage, werde er aber Vertreter der Fraktionen und Ausschussgemeinschaften dazu bitten. SPD-Rat Ulrich Blaschke blieb gleichwohl bei seiner Kritik: König hätte die Task-Force-Pläne erst den Stadträten vorstellen müssen.


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