Von Grauem Star bis Netzhauterkrankungen

Sehen ist Lebensqualität: Augenärzte beraten am Lesertelefon

14.11.2021, 10:00 Uhr
Das menschliche Auge ist ein Wunderwerk und unverzichtbar für den Menschen. Viele Augenerkrankungen kann die Medizin heute besser beherrschen, auch wenn sie unheilbar bleiben.

© Julian Stratenschulte/dpa Das menschliche Auge ist ein Wunderwerk und unverzichtbar für den Menschen. Viele Augenerkrankungen kann die Medizin heute besser beherrschen, auch wenn sie unheilbar bleiben.

Wenn die Sehkraft nachlässt, ist das nicht einfach nur lästig. Eine Sehbehinderung verändert den ganzen Alltag. Hilfsmittel werden nötig, das Unfallrisiko steigt. Steckt eine ernste Erkrankung dahinter, kommt noch die Angst vor einer Erblindung dazu.

Da kann es trösten, dass speziell die Augenheilkunde zuletzt mit die größten Fortschritte in der Medizin verzeichnet. "Die beiden wichtigsten Entwicklungen sind aus meiner Sicht die Mikrochirurgie zur Netzhautoperation und die Entdeckung eines Medikaments (,Anti-VEGF‘) als Spritze zur Behandlung des Makulaödems", sagt PD Dr. Amelie Pielen, ärztliche Leiterin an der Maximilians-Augenklinik. Zusammen mit drei Kollegen ist die Oberärztin am Donnerstag, 18. November, von 16 bis 18 Uhr an unserem Lesertelefon zu Gast.

Mehr Kunstlinsen-Vielfalt beim Grauen Star

Die Klinik in Erlenstegen, die von einem gemeinnützigen Verein getragen wird, führt jährlich rund 10.000 Operationen durch und betreibt mehrere Medizinische Versorgungszentren in Nordbayern. Die häufigste OP bleibt der Einsatz künstlicher Linsen beim Grauen Star. "Die neuesten Kunstlinsen ermöglichen eine optimale Sicht, schon am Tag nach der Operation verbessert sie sich", stellt Pielen fest. Ist das Auge ansonsten gesund, kommen heute individuell angepasste Linsen infrage, die zum Beispiel eine Hornhautverkrümmung ausgleichen, oder multifokale Linsen für die Nah- und Fernsicht ohne Brille.

Während der Graue Star solche Überlegungen in Ruhe zulässt, ist die Netzhautablösung ein Notfall. Die Patienten bemerken Blitze, schwarze Flocken oder Schatten – wer so etwas sieht, sollte unverzüglich zum Augenarzt. Der Glaskörper kann sich abgehoben und ein Loch in die Netzhaut gerissen haben. Starke Kurzsichtigkeit ist ein Risikofaktor. "Die OP-Instrumente sind in den letzten Jahren um ein Vielfaches kleiner geworden", berichtet Amelie Pielen. "Dadurch muss bei den allermeisten Netzhaut-Glaskörper-Operationen nicht mehr genäht werden." Das bedeute weniger Schmerzen und eine viel kürzere Eingriffsdauer von nur noch unter einer Stunde.

Sieben Millionen Deutsche haben Makula-Krankheiten

Die Fachmediziner können Mut machen, denn die Augenchirurgie hat durch den medizinischen Fortschritt zuletzt beträchtlich gewonnen. Beispiel Hornhauttransplantation: Wenn sich diese durchsichtige Schicht über Pupille und Iris eingetrübt hat, wofür es verschiedene Ursachen gibt, schafft oft schon ein Teil-Ersatz Abhilfe. "Mit der lamellären Hornhauttransplantation, abgekürzt DMEK, ersetzen wir nur die Innenschicht", erklärt Pielen. "Dadurch sind nur noch sehr kleine Schnitte am Auge erforderlich im Vergleich zu der herkömmlichen Transplantation." Die Heilung dauere dann nur Tage statt Monate, die Sehschärfe normalisiere sich oft wieder vollständig.

Präzisere Instrumente, schonendere OP-Verfahren, bessere Bildgebung bei der Untersuchung und neue Medikamente erleichtern heute die Behandlung der drei häufigsten unheilbaren Augenkrankheiten. Auf die leichte Schulter nehmen kann man sie trotzdem nicht. Von der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) etwa sind in Deutschland über sieben Millionen Menschen betroffen. Die Erkrankung, die die Mitte des Gesichtsfelds ausschaltet, ist damit die mit Abstand häufigste Erblindungsursache. Darauf hat die bundesweite Aktion "Woche des Sehens" eben erst wieder aufmerksam gemacht.

1500 Menschen erblinden demnach außerdem jedes Jahr in Deutschland aufgrund eines Glaukoms, auch Grüner Star genannt – dabei könnten frühzeitige Therapien das Fortschreiten stoppen. Etwas weniger Menschen erblinden durch die Diabetes-bedingte Netzhauterkrankung. Sie betrifft schätzungsweise 1,3 Millionen Menschen, jeden fünften Diabetiker.

Kostenlose Telefonsprechstunde

Viel getan hat sich laut Amelie Pielen beim Glaukom. "Es gibt ein breites Spektrum an Operationsmethoden, um den Augendruck zu senken, wenn die medikamentöse Behandlung mit Augentropfen nicht gut wirkt oder unverträglich ist." Auch die Behandlung der AMD hat sich zuletzt verfeinert. Bei den meist empfohlenen Injektionen von Medikamenten ins Auge werden die Zeitabstände zwischen den Spritzen größer; gute Testergebnisse zeigen neue kleine Implantate, die Wirkstoff ins Auge abgeben.


- Dr. Thomas Zschockelt, einer der Chefärzte der Klinik, ist unter der Nummer (0911) 216-2195 erreichbar; er informiert dabei auch speziell über Netzhautchirurgie und den Grünen Star.

- Sein Kollege, Chefarzt Dr. Bernd Junker, steht unter (0911) 216-2196 ebenfalls für das Thema Netzhautchirurgie zur Verfügung; er ist zudem Experte für Hornhauttransplantationen.

- Oberärztin PD Dr. Amelie Pielen berät unter der Nummer (0911) 216-2197 zur Netzhautchirurgie und zur "Spritze am Auge". Mit Injektionen, abgekürzt IVOM, lässt sich vor allem die altersbedingte Makuladegeneration verlangsamen.

- Belegarzt Dr. Wolfram Wehner können Anrufer unter (0911) 216-2198 besonders zum Grauen Star und zur refraktiven Chirurgie befragen. Letzteres ist der Fachbegriff für die operative Korrektur von Fehlsichtigkeit durch Eingriffe an Linse oder Hornhaut.