Skater-Ärger am Kornmarkt: Wie viel Großstadt verträgt Nürnberg?

25.8.2019, 05:46 Uhr
Skater-Ärger am Kornmarkt: Wie viel Großstadt verträgt Nürnberg?

© Foto: Stefan Hippel

Will man jemandem erklären, was in Nürnberg großstädtisch ist, geht man am besten zum Kornmarkt: Hier wohnen und arbeiten Menschen, hier gibt es Geschäfte und Freizeiteinrichtungen für Jugendliche. Es kommen Touristen auf den zentralen Platz, um ins Germanische Nationalmuseum zu gehen oder sich die Straße der Menschenrechte anzusehen. Familien lassen ihre Kinder hier spielen, Junggesell(innen)-Abschiede machen hier einen Stopp und es wird geskatet.

Doch genau diese Mischung, die eine Großstadt eigentlich ausmacht, führt immer wieder zu Problemen, vor allem fühlen sich Anwohner durch Lärm belästigt. Die Problematik schwelt seit Jahren und flammt regelmäßig wieder auf. So auch dieses Jahr. Der Redaktion liegt ein Schreiben vor, das Anwohner des Kornmarktes verfasst haben. Die Autoren bleiben anonym, aber sie wollen dennoch, dass sich etwas ändert und haben das Schreiben an Oberbürgermeister Ulrich Maly sowie an die Stadtratsfraktionen gesandt.

"Bis heute keine angemessene Lösung gefunden"

Darin wird die Stadtverwaltung erneut gebeten, sich des Themas Kornmarkt anzunehmen. Bereits in den vergangenen Jahren habe es Beschwerden und Initiativen hinsichtlich der Lärmbelästigung und anderer Störungen gegeben, "doch müssen wir unmittelbar Betroffenen leider feststellen, dass bis heute keine angemessene Lösung für die Probleme gefunden wurde". Durch die Skater am Kornmarkt werde ein dauerhaft hoher Lärmpegel geschaffen, der sowohl für Gewerbetreibende als auch Anwohner das Zumutbare deutlich überschreite. Das gelte für die Intensität als auch die Dauer.

Zudem sehen sie auch andere Passanten und Autofahrer durch die teilweise rücksichtslose Fahrweise der Skater gefährdet. In dem Brief wird auch Verständnis für die Begeisterung der Skater für ihren Sport geäußert, aber bei der Frage des Wo und Wie müssten die Interessen aller besser abgewogen werden.

Anwohner belastet die Stadt

Ein Rückblick: Schon im Jahr 2011 gab es enorme Klagen über Lärmbelästigungen durch Skater. Daraufhin wurden an den Bänken am Kornmarkt, die von den Skatern für Tricks genutzt wurden, Stopper angebracht. Diese wurden später teilweise wieder abgebaut, ein Runder Tisch wurde einberufen, um allen Beteiligten Gehör zu verschaffen. Das Ergebnis war der Bau einer Skateranlage für 260.000 Euro im Spittlertorgraben. Diese Anlage wird von den Skatern gut angenommen, zu einer kompletten Entlastung aller Anwohner hat dies aber offenbar nicht geführt. Besonders in den Sommermonaten ärgern sich einige von ihnen über Skaterlärm auf dem Kornmarkt bis tief in die Nacht.

Neben dem anonymen Schreiben liegt der NZ eine weitere Beschwerde vor. Ein Anwohner, der NZ namentlich bekannt, hatte sich schon im vergangenen Jahr bei Bürgermeister Christian Vogel in sehr vielen Schreiben über den Skaterlärm beschwert. Er und sein Anwalt waren daraufhin zu einem Gespräch eingeladen worden. Im Anschluss daran teilte Christian Vogel mit, dass die Stadt nicht vorhabe, die Skater vom Kornmarkt zu vertreiben, man sich aber um Schlichtung bemühe: Es wurden Schilder aufgestellt, die darauf hinweisen, dass das Skaten nach 22 Uhr untersagt ist. Außerdem erfolgt eine stärkere Bestreifung durch die Polizeiinspektion Mitte sowie den Außendienst. Auch das Jugendbüro Altstadt und die City-Streetworker versuchen, die Skater für die Lärmsituation zu sensibilisieren.

Polizei kann keine negative Entwicklung feststellen

Diese Maßnahmen haben laut dem Beschwerdeführer nichts an der Situation verändert. Er rufe weiterhin regelmäßig die Polizei, weil die Skater die Schilder ignorierten und auch nach 22 Uhr bis spät nachts noch führen. Er möchte sich nun erneut mit Bürgermeister Vogel an einen Tisch setzen, denn er sieht in der Tolerierung der Skater seitens der Stadt die Sportanlagenlärmschutzverordnung verletzt.

Christian Vogel ist gerne zu einem weiteren Treffen bereit. Sein Mitarbeiter Christian Pröbiuß sagt zudem, man hoffe, dass sich die Zahl der Skater auf dem Kornmarkt wieder etwas reduziere, weil seit Kurzem die Skateranlagen am Pferdemarkt und an der Münchener Straße nach der Sanierung wieder geöffnet sind.

Die Polizei teilt auf NZ-Anfrage mit, sie könne keine negative Entwicklung oder Veränderung der Gesamtlage auf dem Kornmarkt feststellen. Aber: "Bereits seit dem Jahr 2006 ist die Skateranlage im östlichen Bereich des Kornmarkts und das Verhalten der Jugendlichen und Heranwachsenden dort immer wieder Gegenstand von Beschwerden." Die gemeldeten Ruhestörungen auf dem Kornmarkt beziehen sich selten auf die Gastronomie, sondern fast immer auf die Skater. Die meisten Beschwerden liefen zwischen 22 und 1 Uhr nachts ein. 2017 waren es 17, 2018 schon 25, im Jahr 2019 bisher drei. Diese kämen in der Regel von "einigen wenigen Anwohnern".

Sör sorgt für Ordnung

Weiter heißt es: "Bei den entsprechenden polizeilichen Einsätzen zeigen sich die jugendlichen und heranwachsenden Skater zumeist einsichtig und kooperativ. Weiterhin hinterlassen diese die Skateranlage in der Regel sauber und ohne Unrat. Ausgehend von den Skatern gibt es keinerlei Auswirkungen auf den Straßenverkehr oder Passanten." Die Polizei sei sehr präsent, schon weil der Platz auf der Achse Polizeiinspektion Mitte – Hallplatz – Königstraße sehr häufig von Streifenwagen passiert werde.

Auch der Servicebetrieb Öffentlicher Raum (Sör) sorgt auf dem Kornmarkt für Ordnung. Dessen Mitarbeiter würden unregelmäßig, aber immer mal wieder, spät in der Nacht "ein bis zwei Skater" antreffen. Beschädigungen am weißen Tor an der Straße der Menschenrechte durch die Skater, wie sie die Verfasser des Beschwerdebriefes beanstanden, gebe es, erklärt Sör. Diese seien "reifenabriebbedingt".

Auch das Jugendbüro Altstadt steht in ständigem Kontakt mit den Skatern, erklärt Detlef Menzke vom Jugendamt. "Es bleibt ein Ringen, alle Interessen zu vereinbaren. Es gibt keine Patentlösung." Nächtliche Skater sind nach Einschätzung des Jugendamtes selten, auch weil es, nach Auskunft der Skater schlicht und ergreifend schwierig und gefährlicher ist, im Dunkeln zu skaten.

Schwankendes Aufkommen an Müll

Die Autoren des Beschwerdebriefes beklagen ebenfalls, dass der Kornmarkt in den Abendstunden zunehmend "von Personen frequentiert wird, die latent aggressiv auftreten und häufig alkoholisiert sind". Auch hier hält die Polizei fest, dass sich die Fallzahlen im Bereich Körperverletzung und Sachbeschädigung auf gleichbleibendem und im Vergleich zu anderen Nürnberger Plätzen niedrigem Niveau bewegen. Die Deliktzahl schwanke in den vergangenen fünf Jahren zwischen fünf und 14 Fällen pro Jahr bei Gewalt gegen Personen und drei bis sieben bei Sachbeschädigung. Ordnungswidrigkeiten gebe es null bis siebenmal durchschnittlich im Jahr.

In Sachen Müll beobachtet Sör ein schwankendes Aufkommen am Kornmarkt, das aber eher durch Partygänger und Junggesell(innen)-Abschiede verursacht wird als durch Skater.

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