Tonnen Blätter und viel Ärger: Nürnberg ist im Laub-Stress

7.11.2020, 06:00 Uhr
Auf Radwegen ist das viele Laub besonders gefährlich. Vor allem bei Nässe.

© Tobias Hase, NN Auf Radwegen ist das viele Laub besonders gefährlich. Vor allem bei Nässe.

Christian Vogel backt gerne. Wenn Nürnbergs Bürgermeister sich eine große Menge vorstellen will, rechnet er sie deshalb um. So wie beim Laub. 500 Tonnen heruntergefallene Blätter sammelt der Servicebtrieb öffentlicher Raum (Sör) jeden Herbst in der Stadt. "Das sind zwei Millionen Päckchen Butter."

Bei Nässe wird Laub zur Rutschpartie

Der Vergleich passt. Wird das Laub nicht rechtzeitig entfernt und es regnet anschließend, läuft und fährt es sich darauf fast wie auf Butter. "Wenn mehrere Lagen Laub aufeinander liegen und nass werden, kann es zu einer Rutschpartie werden", sagt Vogel, der gleichzeitig Erster Werkleiter bei Sör ist.

Zur Zeit sind 200 Sör-Mitarbeiter fast rund um die Uhr im Laub-Stress. In großen Mengen fallen die braunen, gelben und roten Blätter von den Bäumen - und werden vom Wind verteilt. Das macht die Arbeit nicht leichter. "Es ist ein Kampf gegen Windmühlen."

42 Kehrmaschinen, 40 Transporter

Der Kampf erhitzt die Gemüter. Während Sör versucht mit viel Personal, 17 großen und 25 kleinen Kehrmaschinen sowie 40 Transportfahrzeugen die "Herkulesaufgabe" zu meistern, klingelt im Büro des Bürgermeisters alle paar Minuten das Telefon. Etwa jeder zweite Anrufer will über Laub reden, meistens, "weil die Stadt nicht schnell genug ist", weiß Vogel.

Der Sör-Chef ärgert sich aber nicht über die Anrufe, sondern nimmt gerne Hinweise entgegen, wo sich die Arbeit buchstäblich häuft. "Wir versuchen schnell zu reagieren", sagt Vogel, schränkt aber ein: "Wir können nicht überall gleichzeitig sein."

Vorrang haben die Hauptverkehrsstraßen. Weil Sör zuerst den Auto-, Fahrrad- und Fußgängerverkehr dort sicherstellt, wo die meisten Menschen unterwegs sind, kann es sein, dass sich der übliche Reinigungsturnus auch mal verschiebt. "Das Laub auf weniger frequentierten Fahr- und Fußwegen bleibt dann erstmal liegen."

Das ärgert einige Bürger. Dabei müssen viele erst einmal vor der eigenen Haustür kehren. Dazu sind sie verpflichtet. Ein großer Teil derjenigen, die sich bei Sör melden, beschwert sich, "weil der Nachbar sich zum Beispiel weigert, das Laub einzusammeln", sagt Vogel.

Hausbesitzer müssen Laub einsammeln

In Streits unter Nachbarn mischt sich der Servicebetrieb nicht ein, der Bürgermeister macht aber noch einmal deutlich, dass außerhalb des Zwangsreinigungsgebiets, wo Sör reinigt, die Haus- und Grundstückseigentümer die herabgefallenen Blätter entfernen müssen. Das zählt zur Gehwegreinigungspflicht jedes Bürgers. Die gilt auch, wenn Laub von einem städtischen Baum auf Privatgrund fällt.

Tonnen Blätter und viel Ärger: Nürnberg ist im Laub-Stress

© Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Die Blätter dürfen dabei nicht einfach auf die Straße gekehrt werden. Das ist verboten. "Das Laub muss im eigenen Garten kompostiert oder auf einer Gartenabfall-Sammelstelle abgegeben werden", erinnert Christian Vogel die Hausbesitzer. Er tut das oft. "Das ist der Bürgerschaft von Jahr zu Jahr schwerer zu vermitteln", sagt er. Stattdessen landen die Blätter auf der Straße, "und dann wird angerufen, dass Sör sie entfernen soll".

Gute Tipps für Gartenbesitzer

Für Gartenbesitzer hat der Sör-Chef einen besseren Tipp: ab mit dem Laub in den Garten. Das ist gut für Igel, die sich dort verkriechen. Deshalb lässt der Servicebetrieb in vielen Grünanlagen auch Laubhaufen in Staudenbeeten bewusst liegen. Das rät Vogel allen Hobbygärtnern: "Eine Laubschicht ist eine ausgezeichnete Düngung für Blumenbeete. Besonders Buchenblätter haben eine tolle kompostierende Wirkung und sorgen für Turbowachstum der Stauden im nächsten Jahr!"


Laubbläser-Verbot? Für Kommunen nicht vorstellbar


Nicht vorbei komme Sör allerdings am Einsatz von Laubbläsern. Zwar nutzen die städtischen Mitarbeiter seit 2013 auch umweltschonende - und vor allem wesentlich leisere - Akku-Elektrogeräte, um das Laub zusammenzutragen und dann einzusammeln. Mehr als vierzig der Geräte, die keinen Schadstoff ausstoßen und weniger laufende Kosten verursachen, hat die Stadt inzwischen. Also doppelt so viele wie noch vor einigen Jahren. Doch sind die nicht so leistungsfähig wie die herkömmlichen Geräte - und werden deshalb vor allem bei trockener Witterung eingesetzt.

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