DTM-Saisonfinale

"Topwetter, schöne Autos": Der Norisring begeistert die Zuschauer

9.10.2021, 17:16 Uhr
Rennen anschauen kann jeder. Nico Völker, Tim Aurenz und Max Küchler (v. l.) decken sich am Norisring auch mit Reifen ein. Die wurden bereits im freien Training der DTM gefahren und sollen nun als Deko in der WG zum Einsatz kommen.

© Johannes Handl Rennen anschauen kann jeder. Nico Völker, Tim Aurenz und Max Küchler (v. l.) decken sich am Norisring auch mit Reifen ein. Die wurden bereits im freien Training der DTM gefahren und sollen nun als Deko in der WG zum Einsatz kommen.

Noch drei Stationen bis zur Haltestelle Frankenstadion. "Können wir heute in den Zoo gehen?", fragt ein kleiner Junge in der S-Bahn. "Aber wir gehen doch zum Autorennen", erklärt ihm sein Vater. Der Dreijährige überlegt kurz und nimmt einen neuen Anlauf: "Können wir nach dem Rennen in den Zoo gehen?"

Andere Besucher sind dagegen längst Feuer und Flamme. Schon vor 9 Uhr sind zahlreiche Motorsportfans am Samstagmorgen auf dem Weg zum Norisring, der nicht nur das DTM-Saisonfinale, sondern auch ein umfangreiches Rahmenprogramm bereithält.


Tränen aus Uffenheim: Götz und "der wichtigste Sieg meiner Karriere"


Viele Zuschauer sichern sich bereits jetzt einen Platz auf der Steintribüne, um später beste Sicht auf ihre Idole zu haben. Auf der Strecke geht es längst zur Sache. Gerade heizen die Helden von einst über den 2,3 Kilometer langen Stadtkurs. Mit dabei in der Klasse der DTM Classic Tourenwagen Legenden sind unter anderem Hans-Joachim Stuck, Klaus Ludwig und Christian Danner.

Steve Seidelmann zeigt seinem Sohn Ben, was die Faszination Rennsport ausmacht. 

Steve Seidelmann zeigt seinem Sohn Ben, was die Faszination Rennsport ausmacht.  © Johannes Handl

Wer bei der DTM am Nachmittag die Nase vorne haben wird, ist für Steve Seidelmann nicht entscheidend, ihn reizen der Stadtkurs und das Spektakel an sich. Der 35-jährige Nürnberger war früher selbst regelmäßig mit seinen Eltern an der Strecke, jetzt möchte er die Faszination am Rennsport mit seinem Sohn Ben teilen.

Max Herbig und Jessica Waschlinger sind extra aus Niederbayern angereist. Sie drücken den Fahrern ihres Arbeitgebers BMW die Daumen.

Max Herbig und Jessica Waschlinger sind extra aus Niederbayern angereist. Sie drücken den Fahrern ihres Arbeitgebers BMW die Daumen. © Johannes Handl

Wie viele der Jungen und Mädchen auf der Tribüne trägt der Fünfjährige Ohrenschützer. Damit er auch sehen kann, was auf der Rückseite der Steintribüne los ist, lässt er sich von seinem Vater in die Luft heben.

Dass infolge der Corona-Pandemie 2020 kein Rennen möglich war, war für Seidelmann "schon traurig". An eine Austragung im Herbst inklusive Saison-Finale und blauem Himmel könnte er sich aber durchaus gewöhnen. "Normalerweise ist es am Norisring ja viel zu heiß oder viel zu nass", sagt er über die Großveranstaltung, die eigentlich wie gewohnt im Hochsommer hätte stattfinden sollen.

"Die DTM brauch diesen Sound"

Max Herbig und Jessica Waschlinger haben sich bereits um 6.30 Uhr aus Pfarrkirchen auf den Weg nach Franken gemacht. Das rennsportbegeisterte Paar aus Niederbayern drückt seinem Arbeitgeber BMW die Daumen. Herbig ist bereits das fünfte Mal vor Ort. "Ich hatte schon wieder Gänsehaut", sagt der 23-Jährige und ergänzt: "Topwetter, schöne Autos - was gibt es Besseres?"

Während viele Anwohner und auch weiter entfernt lebende Nürnberger über einen dreitägigen Lärm klagen, ist er überzeugt: "Die DTM braucht diesen Sound." Die Umstellung auf E-Motoren gefalle ihm gar nicht. Auch seine 22-jährige Freundin hält nichts von leiseren Rennwagen. "Ein bisschen Spaß muss schon dabei sein."

Herbig kann nicht nachvollziehen, warum der Motorsport so oft am Pranger steht: "Das ist eine Sportart wie jede andere auch", findet er. Dass der viermalige Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel kürzlich ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen gefordert hat und sich verstärkt für Klimaschutz einsetzt, hält er für wenig glaubwürdig: "Das sagt ausgerechnet der, der das ganze Jahr um die Welt fliegt."

Grillgeruch in der Luft

Wer früh in den Tag startet, hat auch früher Hunger. Also genehmigen sich Gerald Eras und seine drei Söhne Tom (8), Matti (10) und Levi (12) bereits um 10.15 Uhr eine Runde Bratwurstbrötchen. Die vier stammen aus Iphofen und favorisieren den nur wenige Kilometer entfernt in Ochsenfurt geborenen Mercedes-AMG-Piloten Maximilian Götz. Motorsport steht neben Fußball hoch im Kurs - zumindest bei den männlichen Vertretern der Familie. Die Mutter kann sich zu Hause einen ruhigen Tag machen. "Die freut sich", sagt Gerald Eras und lacht.

Gerald Eras (43) und seine Söhne (v. l.) Tom (8), Levi (12) und Matti (10) interessieren sich nicht nur für Fußball, sondern lassen sich auch gerne vom Rennfieber packen.

Gerald Eras (43) und seine Söhne (v. l.) Tom (8), Levi (12) und Matti (10) interessieren sich nicht nur für Fußball, sondern lassen sich auch gerne vom Rennfieber packen. © Johannes Handl

Erst kürzlich ist Gerald Eras mit seinem Nachwuchs zum 24-Stunden-Rennen am Nürburgring gefahren. Sohn Levi hat sich dort in ein Renn-Taxi gewagt und in einem Porsche Carrera 911 S eine Ahnung davon bekommen, wie rasant es wirklich auf der Strecke zugeht.

Trotz aller Begeisterung für den Motorsport macht sich der 43-jährige Familienvater Gedanken um die Themen Umwelt- und Klimaschutz: "Die Frage ist, wo fangen wir an und wo hören wir auf?" Mit dem Finger auf einzelne Bereiche oder Veranstaltungen zu zeigen, halte er nicht für richtig. Vielmehr müsste man berücksichtigen, wie viel CO2-Ausstoß jede Person mit ihrem Verhalten verursache, Stichwort: in den Urlaub fliegen.

Den Stars ganz nah

Viele Fans schätzen am Norisring vor allem die Nähe zu den Stars der Branche. Dass sich die Rennfahrer bei all dem Trubel überhaupt noch auf ihre Hauptaufgabe konzentrieren können, grenzt an ein Wunder.

Die drei haben auch abseits der Strecke richtig viel Spaß: Tim Pausch mit seiner Frau Alexandra und dem Fahnen schwenkenden Frederik.

Die drei haben auch abseits der Strecke richtig viel Spaß: Tim Pausch mit seiner Frau Alexandra und dem Fahnen schwenkenden Frederik. © Johannes Handl

Maximilian Götz zum Beispiel plaudert um 9.30 Uhr noch entspannt im Fahrerlager mit Zuschauern, um 11 Uhr gibt er an der Seite seines Teamkollegen Vincent Abril Autogramme, während wenige Meter entfernt die BMW-Fahrer Marco Wittmann, Timo Glock und Sheldon van der Linde Interviews geben. Selbst während der Aufwärmrunde funken die TV-Kommentatoren vereinzelt ins Cockpit der Fahrer.

Im Fahrerlager hat sich inzwischen auch der dreijährige Frederik mit jeder Menge Fanartikeln eingedeckt. Den Besuch im Zoo hat er offensichtlich längst abgehakt und schwenkt munter eine BMW- und eine Dekra-Fahne auf den Schultern seines Vaters Tim Pausch. Der ist ein wenig enttäuscht vom Angebot der Marken.

"Früher war das ganze Zeppelinfeld voll mit Ständen. Das hätte schon mehr sein dürfen", sagt der 31-Jährige. Zum Norisring kommt er trotzdem jedes Jahr aufs Neue. Inzwischen hat auch seine Frau Alexandra das Rennfieber gepackt. "Ich fand Autorennen ja immer so öde", sagt sie. Vor zwei Jahren war sie dann erstmals mit dabei. Ihr Fazit: "Das hat schon was."

Ein bisschen Deko für daheim

Dass man das Rennwochenende auch nutzen kann, um die heimischen vier Wände neu zu gestalten, beweisen Nico Völker, Tim Aurenz und Max Küchler. Wie an ihren grünen Jacken zu erkennen ist, arbeiten die drei für Schaeffler. Bevor ihr Favorit Marco Wittmann um Punkte fährt, zieht es die 20-Jährigen zum Michelin-Stand.

Wie in den Vorjahren auch können Fans hier Reifen mitnehmen, die zuvor beim freien Training der DTM zum Einsatz kamen. "Wir haben eine WG und bereits einen Auspuff als Lampe über dem Küchentisch hängen", sagt Max Küchler. Die Reifen würden sich im Wohnzimmer sicher gut machen. Wer weiß, auf welche Deko es die Freunde bei der Neuauflage 2022 abgesehen haben...

Verwandte Themen


0 Kommentare