Überraschung: Verborgener Bunker in Nürnberg entdeckt

16.12.2020, 06:00 Uhr
Überraschung: Verborgener Bunker in Nürnberg entdeckt

© Michael Matejka/NNZ

Auf den Stufen zum Keller hinab liegt abgeblätterter Putz. Seit Jahren wird das Umspannwerk nicht mehr geheizt, der Strom ist abgeschaltet, das Haus steht komplett leer.

Etliche Meter unter dem Erdboden stößt man auf eine massive Metalltür. "Gasschleuße und Luftsschutzraum" ist dort in gotischen Lettern aufgepinselt. Die Schleuse ist mit zwei Türen gesichert, damit Schutzsuchende im Bunker-Inneren vor Giftgas sicher sein sollten.

Bevorzugte Ziele

In den kleinen Räumen hätten bis zu zehn Menschen Zuflucht gefunden. Viele Nürnberger Firmen hatten vor dem Zweiten Weltkrieg derartige Mini-Bunker für ihre Belegschaft ausgebaut. Besonders die Rüstungsfirmen im Süden Nürnbergs sorgten auf diese Weise für ihre Mitarbeiter vor - schließlich waren die Hersteller von Kriegsgerät bevorzugte Ziele der alliierten Bomber.

Überraschung: Verborgener Bunker in Nürnberg entdeckt

© Michael Matejka/NNZ

Kellerdecken wurden verstärkt, Eisenträger eingezogen, Metalltüren installiert. Auch Post und Bahn richteten für ihre Beschäftigten in den 1930ern derartige Schutzräume ein, wie die kleine Anlage an der Gebersdorfer Bibertstraße belegt. Dort im Untergrund hat sich schon lange niemand mehr aufgehalten: Dicke Spinnweben ziehen sich durch die Räume, die nur mit Taschenlampe begehbar sind. Aufschriften wie "Hier befiehlt nur der Ordner" machen die Gesinnung aus der Zeit des Nationalsozialismus deutlich.

Tragbares Klo

An einer Eisentür steht "Notabort" und dahinter gibt es einen ungewöhnlichen Anblick. Während die anderen beiden Räume kaum mehr originale Einrichtung haben und lediglich als Lager für alte Autoreifen genutzt wurden, ist auf der Toilette noch das ursprüngliche Bunker-Klo vorhanden: eine Holzkiste mit Einsatz. Neben dem Einsatz befindet sich ein Behälter für Granulat, um den Geruch zu binden. "Das ist eine Art Katzenklo für Menschen", beschreibt Ralf Arnold vom Förderverein Nürnberger Felsengänge. Nach einem überstandenen Luftangriff wurde der Notabort ins Freie getragen und dort entleert. Schließlich sollte man sich in dem Bunker nicht tagelang aufhalten, sondern nur für zwei, drei Stunden.


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Der 57-jährige Arnold bietet Führungen durch Bunker sowie durch die Felsenkeller am Nürnberger Burgberg an. Seines Wissens hatte die Stadt kurz vor dem Zweiten Weltkrieg 23 Luftschutzbunker für die Zivilbevölkerung errichten lassen, die Zahl der privaten Luftschutzräume in Häusern und Fabriken ist allerdings nicht bekannt. Im "Kalten Krieg" kamen weitere, angeblich atombombensichere Bunker dazu.

Das Unternehmen "Deutsche Reihenhaus" hat als Grundstückseigentümer dem Experten angeboten, originale Gegenstände zu sichern, bevor das einstige Umspannwerk abgebrochen wird. Staubpumpen, einiges Werkzeug und eine Eisentür möchte Arnold für künftige Veranstaltungen aufbewahren. Auch die tragbare Toilette hat es ihm angetan: "Da sind die Leute begeistert, die finden das spannend." Denn sie gebe einen unmittelbaren Eindruck, unter welchen Bedingungen die Menschen damals die lebensgefährlichen Fliegerangriffe erwartet haben.

Neue Siedlung geplant

Das Wohnungsbauunternehmen "Deutsche Reihenhaus" will auf dem 35.700 Quadratmeter großen Areal in Gebersdorf eine neue Siedlung mit 48 Reihenhäusern, drei Mehr-Familien-Häusern sowie einer Kita und einem seniorengerechten Haus errichten. Die Pläne sind fertig, die Baugenehmigung steht noch aus. Firmensprecher Achim Behn hofft, dass die künftigen Bewohner 2024 ihr neues Zuhause beziehen können.

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