Was Urlauber jetzt wissen müssen

Urlaub in Spanien stornieren? Das sagen Nürnberger Reiseveranstalter

25.7.2021, 10:29 Uhr
Es könnte alles so schön sein: Menschen sitzen in einer Bar an der Strandpromenade von Palma de Mallorca. Doch die Zahlen der Corona-Neuinfektionen sind auf der Ferieninsel zuletzt heftig gestiegen. Deutschland erklärt ganz Spanien künftig wieder zum Hochinzidenzgebiet.

© Clara Margais, dpa Es könnte alles so schön sein: Menschen sitzen in einer Bar an der Strandpromenade von Palma de Mallorca. Doch die Zahlen der Corona-Neuinfektionen sind auf der Ferieninsel zuletzt heftig gestiegen. Deutschland erklärt ganz Spanien künftig wieder zum Hochinzidenzgebiet.

"Tut mir leid, in der Leitung ist immer noch Kundschaft." Erst im dritten Anlauf kriegt man Ibrahim Dogru kurz ans Telefon. Der Reisevermittler von DER Touristik am Flughafen Nürnberg hat dann nur Zeit für einen einzigen Tipp: "Von den Balearen würde ich jetzt abraten, bis die Inzidenzwerte sinken." Wer sich jetzt neu für eine Reise nach Mallorca & Co entscheide, verderbe sich wahrscheinlich selbst die Vorfreude. "Und wenn er dann doch noch storniert, verlieren wir unseren Provisionsanspruch und haben wieder umsonst gearbeitet."

Geimpfte auf der sicheren Seite

Das überraschend gut angelaufene Reisegeschäft der vergangenen Wochen hatte viele von der Pandemie gebeutelte Reisebüros in Nürnberg in gute Laune versetzt. Doch nun verhageln steigende Corona-Zahlen an immer mehr Urlaubszielen den kurzen Sommer. Die Bundesregierung stuft das beliebteste Reiseland Spanien mit seinen Inselgruppen ab dem 27. Juli als sogenanntes Hochinzidenzgebiet ein, dazu auch die Niederlande, spricht also neue Reisewarnungen aus. Das bedeutet für Reisende ohne vollständigen Impfschutz: Sie müssen bei der Rückkehr nach Deutschland in zehntägige Quarantäne, mit der Möglichkeit der Freitestung ab dem fünften Tag. Ausgenommen von der Regelung sind Geimpfte und Genesene.

Wer das nicht in Kauf nimmt, muss stornieren oder umbuchen – und dahinter steht im Moment noch ein Fragezeichen. Aus der Reisewarnung während der Pandemie ergibt sich mittlerweile nicht mehr automatisch ein Gratis-Stornorecht. Die Aussichten dafür stehen bei Pauschalreisenden (anders als bei Individualreisenden) zwar gut, aber Reisewirtschaft und Verbraucherschützer warten hier schon länger auf ein klärendes Gerichtsurteil, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet.

Anfang der kommenden Woche werden mehr Pauschalreiseveranstalter ihre nachgebesserten Bedingungen für Spanien-Reisen bekanntgeben. Viele Veranstalter haben mit 14-tägiger Stornofrist verkauft – aber schon am 30. Juli beginnen die bayerischen Sommerferien.


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Kulante Großveranstalter

Flughafen-Reisebüromann Ibrahim Dogru hat für seine Kunden bereits gute Nachrichten: Der Pauschalanbieter ITS/DER, mit dem er zusammenarbeitet, hat gleich nach dem Spanien-Beschluss die kostenfreie Umbuchung oder Stornierung für Buchungen mit Abreise bis 7. August verkündet. Am 30. Juli will ITS die Lage neu bewerten.

Auch der Reisekonzern Tui zeige sich hier sehr kulant, versichert André Linz, Geschäftsführer der L'tur-Reiseagentur am Flughafen. "Die Kunden haben in der Regel die Möglichkeit, kostenfrei zu stornieren. Aber für uns und die Wirtschaft ist es eine Katastrophe. Ein Teufelskreis." Vom mühsam an Land gezogenen Geschäft blieben wieder Rückerstattungs- und Beratungsaufwand übrig. Linz hat am Samstag einen ganzen Anrufbeantworter voller Kundenfragen zu Spanien abzuarbeiten. Die wenigsten von ihnen wollten auf ein anderes Ziel umbuchen, erzählt er. "Die meisten wissen dann nicht, wann und wohin, und die Saison ist fast vorbei. Und wenn Griechenland auch noch Hochrisikogebiet wird, haben wir noch ein Problem mehr."


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Empfehlen? Könne er eigentlich gar nichts, sagt der Reiseberater hörbar resigniert. Höchstens das: "Ich empfehle jedem, zu reisen, bevor es im Herbst zu spät ist. Alles ist doch besser als hier!" Tarek Klai vom Reisebüro Eurotrotter in der Nürnberger Nordstadt wiederum rät bei Neubuchungen weiterhin zu "Flex-Optionen, damit man kurzfristig aus der Nummer rauskommt". Wer kurz vor Reisebeginn steht und zurücktreten will, solle sich an seinen Veranstalter wenden. "Man findet gemeinsam eine Lösung." Der Geschäftsführer betont: "Für Geimpfte ändert sich ja nichts." Seine Spanien-Kundschaft versuche nun teilweise auf Griechenland und Italien umzusteigen.

Ein Rausschmeißer sei die Kategorie "Hochinzidenzgebiet" besonders für Familien mit Kindern, beobachtet Bettina Tolle, Inhaberin des Eibacher Reisebüros im Nürnberger Süden. "Das Blöde ist: Die meisten Eltern sind geimpft, aber die Kinder nicht. Wie wollen sie nach der Rückkehr kleinere Kinder in so langer Quarantäne halten?" Die kostenlose Stornierung hänge leider immer auch vom guten Willen der Fluggesellschaften, Hotels und Veranstalter ab. Hingegen mache die noch strengere Einordnung als "Virusvariantengebiet" weniger Ärger, weil hier Reiseveranstalter großzügig absagen und rückerstatten.

Extrem beratungsintensiv

Bettina Tolle rät daher allen Reiselustigen, möglichst kurzfristig zu buchen. "Eigentlich maximal eine Woche im Voraus. Man kriegt immer noch was. Aber man muss sich supergut absichern." Sie habe Kunden, die sich von steigenden Infektionszahlen, Quarantäne- und Testauflagen nicht abschrecken lassen und entschlossen an spanischen Zielen festhalten. Doch nach einem ordentlichen Juni und Juli seien die meisten nun wieder maximal verunsichert, bedauert sie. "Wir versuchen, ihnen viel abzunehmen, das gleicht oft schon einer psychologischen Beratung." Sie und ihre Kollegen hängen sich zurzeit jeden Tag in Telefonwarteschleifen bei den Anbietern – "mein Rekord waren sieben Stunden bei Hurtigruten".

Trotzdem bewahrt sich die Reiseexpertin ihren "verhaltenen Optimismus. Sonst könnten wir zusperren". Und Bettina Tolle rät zum Reisen trotz Widrigkeiten. "Vor Ort ist Corona nicht so präsent und man kann sich wirklich gut erholen."

"Weg von der reinen Inzidenzbetrachtung!"

Der Deutsche Reiseverband (DRV) kritisierte die Einstufung von Spanien und den Niederlanden als Hochrisikogebiete. Das mache mitten in der Ferienzeit "zahlreichen Reisenden und insbesondere vielen Familien mit Kindern die Urlaubspläne zunichte. Eine drohende Quarantäne führt zu starker Verunsicherung bei den Menschen, die sich gerade im Urlaub befinden oder kurz vor Urlaubsantritt stehen." DRV-Präsident Norbert Fiebig forderte in einer Mitteilung: "Wir müssen weg von der reinen Inzidenzbetrachtung bei der Einstufung von Zielgebieten." Stattdessen sollten besser regionale Gefährdungslagen und die Auslastung der örtlichen Gesundheitsversorgung herangezogen werden.

Der DRV schätzt, dass aktuell etwa 200.000 Pauschalreisende aus Deutschland in Spanien Urlaub machen, davon 60 Prozent auf den Balearen. Hinzu kommen demnach noch etwa 200.000 Individualtouristen.

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