Fotoausstellung

Vergessene Schätze: Barocke Baukunst in Nürnberg

19.7.2021, 19:57 Uhr
Das Anwesen des Kaufmanns Paul Wolfgang Merkel (1756-1820) an der Sulzbacher Straße, nach seinem großzügigen Garten "Merkelsgarten" genannt, zeigte sich auf dieser Fotografie von 1908 noch in barocker Pracht aus der Entstehungszeit. Es verschwand für den Neubau des Melanchthon-Gymnasiums.

© Stadtarchiv Nürnberg/ Friedrich August Nagel, StadtAN A 46 Nr. 6504 Das Anwesen des Kaufmanns Paul Wolfgang Merkel (1756-1820) an der Sulzbacher Straße, nach seinem großzügigen Garten "Merkelsgarten" genannt, zeigte sich auf dieser Fotografie von 1908 noch in barocker Pracht aus der Entstehungszeit. Es verschwand für den Neubau des Melanchthon-Gymnasiums.

Natürlich, die Hesperidengärten. Wenn es um die Barockzeit in Nürnberg geht, fällt dieser Ort in St. Johannis ganz schnell. Danach wird es schon dünn. Also gut, wie wäre es mit dem Maxplatz, der Tetzelgasse 37, dem Inneren des Fembohauses oder dem Merkelsgarten? Alles Adressen aus der Epoche des Pomps und der bewegten Form.

Eine kleine Fotoausstellung im Handwerkerhof wirft Schlaglichter auf "Verborgenes Barock" mit dem Blick der Fotografie. Das Stadtarchiv wählte dafür aus seinen Beständen drei Dutzend Bilder aus. Die Hälfte davon stammt von Herbert Liedel, dem 2015 verstorbenen Nürnberger Fotojournalismus-Talent. Die andere Hälfte sind Schwarz-Weiß-Aufnahmen derselben Orte zu Beginn des 20. Jahrhunderts, angefertigt von den Kunsthistorikern Friedrich August Nagel und Fritz Traugott Schulz.

Nach römischem Vorbild: Der erstmals 1687 Wasser spendende Tritonbrunnen am Maxplatz ist der einzige erhaltene Barockbrunnen in der Altstadt.

Nach römischem Vorbild: Der erstmals 1687 Wasser spendende Tritonbrunnen am Maxplatz ist der einzige erhaltene Barockbrunnen in der Altstadt. © Herbert Liedel / Stadtarchiv Nürnberg, StadtAN A 104 Nr. 319

"Das Barock ist eine Epoche, mit der man Nürnberg so gar nicht verbindet", sagt Archivleiter Arnold Otto. "Aber: Es wird auch als silbernes Zeitalter Nürnbergs bezeichnet." Die berühmte Handelsmetropole des Spätmittelalters verlor im 17. und frühen 18. Jahrhundert zwar an Bedeutung, sie brachte nach den Schrecken der Pest und des Dreißigjährigen Kriegs aber weiter große Momente und Söhne hervor. Das Friedensmahl von 1649 etwa, den Komponisten Johann Pachelbel oder den Dichterkreis Pegnesischer Blumenorden.

Kaisersaal in Schutt und Asche

Im Vergleich zu Residenzstädten entstand kaum Bausubstanz, dafür eine neuartige Gartenkultur jenseits der Stadtmauern. Nur wenige barock umgebaute Bürgerhäuser sind sicher überliefert, die meisten im Zweiten Weltkrieg untergegangen. Zum Beispiel am Lorenzer Platz 12 bei der Patrizierfamilie Grundherr oder in der Winklerstraße 5; hier lichtete die Staatliche Bildstelle Berlin in ihrer reichsweiten Dokumentation der Bauschätze den "Kaisersaal" mit einer Prunkdecke von Donato Polli ab. Der italienische Stuckateur dekorierte auch Nürnbergs einzige Barockkirche, St. Egidien. Sie offenbart sich in selten gesehenen Abzügen als hingebungsvoll geschmückt mit Stuckschnörkeln, Galerien und Deckengemälden. Fast alles davon verbrannte am 2. Januar 1945.

Die Stuckdecke von Donato Polli im Hauptschiff der Egidienkirche, hier um 1935 vor der Kriegszerstörung dokumentiert.

Die Stuckdecke von Donato Polli im Hauptschiff der Egidienkirche, hier um 1935 vor der Kriegszerstörung dokumentiert. © Staatliche Bildstelle Berlin, StadtAN A 44 Nr. C-6168-12

Wenigen Nürnbergern ist es noch vergönnt, im Original-Barock zu residieren. An der Johannisstraße hat sich mit Nummer 39 das Rokoko-Wohnhaus erhalten, in dem einst Bürgermeister Johannes Scharrer lebte. Am Maxplatz 44 verfügen die Eigentümer über einen ausgeschmückten Gartensaal. Und im Baumeisterhaus im Bauhof blickt wenigstens die Stadtverwaltung auf eine Stuckdecke – aber eben verborgen vor der Öffentlichkeit.

Bis 29. August, Ausstellungsforum im Handwerkerhof über der Töpferei, Mo.-So. 10.30-18 Uhr, Eintritt frei.

Blick in die Egidienkirche heute: Beim Wiederaufbau blieben nur noch zarte Erinnerungen an die barocke Pracht übrig, hier das verzierte Kreuzrippengewölbe im Chor.

Blick in die Egidienkirche heute: Beim Wiederaufbau blieben nur noch zarte Erinnerungen an die barocke Pracht übrig, hier das verzierte Kreuzrippengewölbe im Chor. © Herbert Liedel, Stadtarchiv Nürnberg, StadtAN A 104 Nr. 284

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