Handicap

Wie inklusiv sind Nürnbergs Spielplätze?

3.9.2021, 07:56 Uhr
Beliebt: Der im Sommer 2018 eröffnete Wasserspielplatz an der Norikusbucht – mit seinem barrierefreien Wasserkubus.

© Adnré Winkel/Stadt Nürnberg, NN Beliebt: Der im Sommer 2018 eröffnete Wasserspielplatz an der Norikusbucht – mit seinem barrierefreien Wasserkubus.

In Nürnberg gibt es 232 städtische Spielplätze in öffentlichen Anlagen. Auf wie vielen davon Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam spielen können, ist noch nicht offiziell erfasst. Dabei herrscht teilweise Barrierefreiheit, es gibt einzelne Angebote für Kinder mit Handicap – wie die so genannte Vogelnestschaukel.

Deutliche Farbunterschiede

Nadine Francke vom Servicebetrieb Öffentlicher Raum (Sör) informiert: „Die Stadt Nürnberg überprüft zurzeit alle Spielplätze auch im Hinblick auf ihre inklusive Qualität. Bei neuen Anlagen wird Inklusion schon mitgeplant, zum Beispiel an der Lotharstraße in Höfen.“ Hier können etwa Kinder mit Einschränkungen in der Bewegung an befestigten Fallschutzbereichen einen leichten Zugang zum Gerät finden, fährt sie fort. „Daneben soll das Spielgerät mit deutlichen Farbunterschieden ausgestattet sein, damit Mädchen und Jungen mit einer Sehbehinderung die Elemente gut wahrnehmen können.“ Der Spielplatz soll 2022 entstehen.

Die Stadt verfolgt bei der Gestaltung ihrer Anlagen ein klares Ziel: „Alle Menschen – mit und ohne Handicap – sollen ein Spielangebot weitestgehend selbstständig und ohne fremde Hilfe wahrnehmen können“, betont Sör-Sprecher André Winkel.

Ein gutes Beispiel für einen Spielplatz der neueren Generation sei die Anlage an der Norikusbucht, sie wurde im Sommer 2018 eröffnet. Der Wasserkubus mit seinen vielen Wasserdüsen steht auf einem blauen Kunststoffuntergrund, der auch von Menschen im Rollstuhl genutzt werden kann, berichtet Winkel. „Auch der erhöhte Wasserlauf mit seinen vielen Schleusen ist so gebaut, dass ein Kind in einem Rollstuhl hier spielen kann.“

Neu in Nürnberg: die Rolli-Schaukel. Der achtjährige Elias sitzt zum ersten Mal im Rollstuhl, Susanne Schuh vom Erfahrungsfeld schubst ihn an.

Neu in Nürnberg: die Rolli-Schaukel. Der achtjährige Elias sitzt zum ersten Mal im Rollstuhl, Susanne Schuh vom Erfahrungsfeld schubst ihn an. © Eduard Weigert, NNZ

Allerdings hat der Wasserspielplatz auch viele Sandflächen, die nicht mit dem Rollstuhl befahrbar sind. Fazit: „Die Anlage enthält zwar viele inklusive Elemente. Insgesamt kann hier jedoch nicht von einem vollständig inklusionsgerechten Spielplatz gesprochen werden. So etwas haben wir in Nürnberg noch nicht“, sagt Winkel.

Künftig soll das Thema Inklusion bei allen Neu- und Umbauten von Spielplätzen stärker an Bedeutung gewinnen. Fachleute des Jugendamts und Sör sind dran. „Ein Konzept, wie dieser gemeinsame Weg hin zu mehr Inklusion gestaltet wird, ist in Arbeit und wird voraussichtlich Ende des Jahres vorgestellt. Nürnberg wird damit einen Akzent setzten, der über Franken hinaus Beachtung findet“, ist sich Winkel sicher. Mehr mag er noch nicht verraten.

Eine Rolli-Schaukel, wie sie erstmals in Nürnberg für die Öffentlichkeit seit Mitte Juni auf dem Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne an der Wöhrder Wiese steht, ist auf keinen Fall geplant, weiß der Sör-Sprecher. Zu aufwändig, denn „solch eine Schaukel muss von Personal betreut werden, das mit dem Gerät vertraut ist“. Zudem seien diese Anlagen anfällig für Vandalismus. „Was also beim Erfahrungsfeld der Sinne durchaus funktionieren kann, kommt für öffentliche Spielplätze nicht in Frage“, betont Winkel.

„Ein klares Jein“

Dort ermöglicht das neue Spielgerät Menschen mit und ohne Handicap eine besondere Schaukelerfahrung. Das bereits angedeutete Problem: „Rolli-Schaukeln sind als Spielplatzgerät nicht zugelassen, aus Sicherheitsgründen ist eine Betreuung nötign“, informiert Erfahrungsfeldleiter Claus Haupt. Diese ist dank der finanziellen Unterstützung der Zukunftsstiftung der Sparkasse Nürnberg und des Vereins Rolli-Treff-Franken auf zwei Jahre gesichert.

Und so steht nun fest: Die Rolli-Schaukel bleibt dauerhaft in Nürnberg. Allerdings mit Einschränkungen. Das Schaukelerlebnis ist an die Öffnungszeiten des Erfahrungsfeldes gebunden. Und zwar: samstags von 14 bis 17 Uhr, sonntags bis freitags von 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr. Man muss zudem ein Zeitfenster online buchen und Eintritt zahlen. Auf die Frage, ob nach Saisonende die Schaukel weiterhin in Betrieb ist, antwortet Haupt mit einem „klaren Jein“.

Abbau im Oktober

Am 12. September ist der letzte Tag des Sinnesparcours, danach erfolgt ein Abbau in Etappen. „Wir lassen die Rolli-Schaukel so lange wie möglich stehen“, so Haupt, „und versuchen Rollstuhlfahrern zu ermöglichen, dass sie diese nach Anmeldung noch nutzen können.“ Maximal vier Wochen später werden dann Teile der Rolli-Schaukel abgebaut, „das Gerüst bleibt stehen“, sagt Haupt. Dann heißt es: Warten auf die nächste Saison, die am 1. Mai 2022 startet – wenn Corona es zulässt.

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