"Wie Trump": Ein Zaun sorgt in St. Johannis für Ärger

23.11.2020, 20:59 Uhr
Seit Ende Oktober versperrt ein Zaun einen viel genutzten Weg in St. Johannis. Das ärgert viele Nachbarn.

© Roland Fengler, NNZ Seit Ende Oktober versperrt ein Zaun einen viel genutzten Weg in St. Johannis. Das ärgert viele Nachbarn.

Wer im Netz virtuell durch die Äußere Großweidenmühlstraße läuft, sieht auf einem Bild einen älteren Mann, bepackt mit Einkaufstaschen. Er biegt zwischen zwei hohen Häusern in einen kleinen, überbauten Gehweg ab, der in einen Hof zu führen scheint. Tut er aber nicht. Stattdessen führt er zur Krug- und von dort weiter in die Amalienstraße. Das spart dem schwer bepackten Mann 300 Meter Umweg.

Zusätzlich Mauer aus Mülleimern

Doch seit drei Wochen kann er diese Abkürzung nicht mehr nehmen. Der Gehweg wird in der Mitte von einem Zaun getrennt. Mehr noch: Vor dem Zaun ist zusätzlich eine Mauer aus Mülleimern aufgebaut.

Das trifft nicht nur den älteren Herren, der hier geht. Was wie ein unscheinbarer Durchgang wirkt, ist für zahlreiche Anwohner in St. Johannis "eine wichtige Verkehrsader", sagt Peter Schweighofer. Für viele Nachbarn ist das hier die Verbindung zur Johannisstraße. Dort kaufen sie bei den kleinen Läden ein, gehen zur Kirche, in Lokale, steigen in die Straßenbahn.


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Damit ist aktuell Schluss. Und zwar ganz plötzlich. "An einem Samstag bin ich selbst dort noch durch", sagt Peter Schweighofer, "Montag ging es schon nicht mehr, den Zaun hat jemand ratzfatz gebaut." Danach hat Schweighofer versucht, Kontakt zu dem Nachbarn herzustellen, der die Absperrung gebaut hat. Bislang ohne Erfolg. "Derjenige ist zwar Grundstückseigentümer, wohnt aber gar nicht vor Ort".

Kein Durchkommen. Der Zaun aber ist mit der Stadt nicht abgesprochen.

Kein Durchkommen. Der Zaun aber ist mit der Stadt nicht abgesprochen. © Roland Fengler, NNZ

Inzwischen haben sich mehrere Nachbarn zur Initiative "KeinZaun" zusammengetan, um gegen den Bau vorzugehen. Der erinnert Peter Schweighofer an Donald Trumps Mauer an der Grenze zu Mexiko. "Die Welt hat schon mehr als genug Zäune. Jetzt reicht es!" Schließlich existiere der Fußweg seit 60 Jahren. Früher seien hier sogar Fahrschulautos zu sehen gewesen. Am leichten Hang haben Fahrschüler das Anfahren am Berg geübt.

Fast 100 Protestunterschriften haben Schweighofer und fünf Mitstreiter in der näheren Umgebung gesammelt und sich darüber hinaus bei den Behörden erkundigt. Allerdings bei Polizei und Ordnungsamt mit überschaubarem Erfolg. Erst beim Grundbuchamt hat Peter Schweighofer erfahren, dass der Weg aus zwei Teilen besteht. Der südliche ist in Privatbesitz, nur der nördliche sei städtischer Grund.

Stadt hat ein Geh- und Leitungsrecht

Genau deshalb hat sich Christian Vogel, der ein Flugblatt mit der Überschrift "Kein Zaun" in die Finger bekommen hat, der Sache angenommen. Der Bürgermeister weiß jetzt: "Da ist einiges gelaufen, was nicht o.k. ist." Zwar hat die städtische Fläche keine Widmung, ist also kein offizieller Fußgängerweg. "Der Weg darf dennoch genutzt werden", sagt Vogel.

Das südliche Grundstück wiederum ist zwar Privateigentum. Jedoch ist im Grundbuch seit 1927 ein Geh- und Leitungsrecht für die Stadt Nürnberg eingetragen. Das heißt: "Wenn die Stadt zugestimmt hätte, wäre ein Zaun vom Grundsatz zwar möglich", erklärt Vogel. Aber aus genau den Gründen, die die Initiative hervorbringt, habe man sich dieses Recht ja gesichert. Die Stadt "will den Menschen den Weg verkürzen".

Der Zaun sei mit der Stadt aber weder abgesprochen noch genehmigt worden und somit widerrechtlich gebaut. "Wir haben den Fall aufgegriffen und werden mit dem Verursacher das weitere Vorgehen besprechen." Die gute Nachricht für die Nachbarn: Die Stadt wird dabei den Rückbau des Zauns fordern.

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